Erwachsene gegen RSV impfen? Ärzte sind gespalten

Karin Aebischer
Karin Aebischer

Aarau,

Dank der RSV-Impfung mussten weniger Kinder ins Spital. Sollten also auch Erwachsene gegen RSV geimpft werden? Die Kasse übernimmt die Kosten nicht.

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Die Impfung gegen das RSV-Virus bei Erwachsenen ist zugelassen und empfohlen, die Kosten werden jedoch nicht übernommen. (Symbolbild) - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Christoph Fux vom Kantonsspital Aarau plädiert für eine RSV-Imfpung bei Erwachsenen.
  • Dies im Hinblick auf eine mögliche Bettenknappheit in den Spitälern.
  • Die Kosten der Impfung werden nicht übernommen. Das ist auch gut so, findet ein Experte.

Mit dem Herbst hat auch die Erkältungs-Saison begonnen. Und damit für viele die Zeit, in der sie mit Pülverchen oder Vitaminen Schnupfen, Halsweh und Co. vorbeugen.

Wer weiter gehen will, impft sich gegen die saisonale Grippe. Diese Impfung wird in der Schweiz Personen ab 65 Jahren sowie Risikopersonen empfohlen.

Für Säuglinge steht seit einem Jahr die Impfung gegen die Atemwegserkrankung RSV – das Respiratorische Synzytialvirus – bereit. Seither mussten massiv weniger Säuglinge wegen des Virus ins Spital, wie diverse Spitäler Anfang Jahr berichteten.

Das Virus kann bei Babys zu Lungenentzündungen und schwerer Atemnot führen.

Impfst du dich diese Saison gegen die Grippe?

Wird bald auch bei Erwachsenen grossflächig gegen RSV geimpft? Christoph Fux, Chefarzt Infektiologie und Infektionsprävention am Kantonsspital Aarau, plädiert dafür.

Denn ein relevanter Teil der Hospitalisierungen im Winter gehe nicht nur auf Influenza und Covid zurück, sondern eben auch auf RSV.

Und er warnt davor, dass es auch in diesem Winter aufgrund dessen wieder zu einer Bettenknappheit kommen könnte.

Mit der Impfung könnten die Fallzahlen markant reduziert werden, so Fux. Die RSV-Impfung ist von der Eidgenössischen Impfkommission und vom Bundesamt für Gesundheit empfohlen für Personen ab 75 Jahren oder bei Risikopersonen ab 60 Jahren.

Doch dabei gibt es gemäss Christoph Fux ein grosses Problem, das aus medizinischer Sicht «stossend» sei. «Die Stoffe sind zwar zugelassen, aber die Kosten werden von der Krankenkasse nicht übernommen.»

200 gegenüber 25 Franken

Das BAG bestätigt auf Anfrage, dass die obligatorische Krankenpflegeversicherung die Kosten nicht übernimmt.

BAG-Sprecher Simon Ming erklärt: «Die RSV-Impfung von älteren Personen ist zwar wirksam und sicher, aber aufgrund der hohen Kosten des Impfstoffs erfüllt sie die Kriterien der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und insbesondere der Wirtschaftlichkeit für Personen ab 75 Jahren sowie für Personen ab 60 Jahren mit einem hohen Komplikationsrisiko nicht.»

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Die RSV-Impfung für Erwachsene ist viel teurer als jene gegen die Grippe. - keystone

Die Kosten seien zehnmal so hoch wie beim Grippeimpfstoff. Gemäss Ming etwa 200 Franken gegenüber zirka 25 Franken für die Grippe.

Dass es einerseits eine offizielle Empfehlung gebe, die Kosten aber nicht übernommen werden, findet Christoph Fux schwierig. Denn das gehe auf Kosten der Gesundheit der Leute.

Hinzukomme, dass man bei allen Impfungen – ausser bei Kindern – weit davon entfernt sei, die gewünschte Abdeckung zu haben. «Dies aufgrund der Impfskepsis, die sich aus Covid heraus entwickelt hat.»

Keine Angst vor Bettenknappheit

Anders klingt es am Universitätsspital Zürich. Hier hat man keine Angst vor einer Bettenknappheit. «Wir sind gut gerüstet, um den saisonal erwarteten Ansturm bewältigen zu können», sagt Marcel Schlatter, Leiter der Medienstelle am USZ.

In der Wintersaison komme es immer wieder zu punktuellen Bettenknappheiten, «die wir aber jeweils gut auffangen können.»

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«Wir sind gut gerüstet, um den saisonal erwarteten Ansturm bewältigen zu können», heisst es beim Universitätsspital Zürich. (Archivbild) - keystone

Beim Inselspital in Bern heisst es: «Typischerweise im Januar, auf dem Höhepunkt der Grippesaison und in einer Zeit, in der oft auch weitere Erkältungsviren stark zirkulieren – ist die Bettenauslastung bei uns und in anderen Spitälern jeweils sehr hoch.»

Zur RSV-Impfung äussert sich das Inselspital nicht. Das USZ schreibt: «Die Kostenübernahme durch die Krankenkasse ist eine Frage, welche von der Politik geklärt werden muss.»

BAG: Studienlage noch zu wenig klar

Könnten die Spitäler wirklich entlastet werden, sollte die Krankenkasse die Kosten der Impfung übernehmen?

Das BAG schreibt: «Die RSV-Impfungen bei älteren Erwachsenen führten in Studien zu einer Reduktion von schweren RSV-Erkrankungen.»

Man könne davon ausgehen, dass somit auch die durch RSV-bedingten Hospitalisationen reduziert werden dürften.

BAG
Das BAG empfiehlt die RSV-Imfpung zwar, sagt aber auch: «Es liegen allerdings bisher keine verlässlichen Studien vor, die aufzeigen, wie stark genau die Spitäler in der Schweiz dadurch entlastet werden könnten.» - keystone

Doch, so Simon Ming: «Es liegen allerdings bisher keine verlässlichen Studien vor, die aufzeigen, wie stark genau die Spitäler in der Schweiz dadurch entlastet werden könnten.»

Ein Arzt, der anonym bleiben möchte, bestätigt ebenfalls gegenüber Nau.ch, dass die Studienlage diesbezüglich noch zu unklar sei.

«Expedition in unerforschtes Gebiet»

Die Frage, welche Impfungen nun empfohlen oder gar bezahlt werden sollten, sei mehr als schwierig zu beantworten, findet der Gesundheitsökonom Heinz Locher.

Denn die Suche, nach welchen Kriterien über die Aufnahme von Impfungen auf die Liste der Impfempfehlungen entschieden wird, gleiche einer Expedition in unerforschtes Gebiet, kritisiert der Gesundheits-Experte.

heinz locher
Der Gesundheitsökonom Heinz Locher findet es gleiche einer Expedition in unerforschtes Gebiet, in Sachen Impfungen und Zulassungen den Durchblick zu erhalten. - keystone

Aufgrund der geltenden Gesetzgebung und der Aufgabenstellung der verschiedenen involvierten Behörden müsse man zudem unterscheiden zwischen der Zulassung zum Markt (Swissmedic– Risiko-orientiert), der Aufnahme in den Impfplan (Empfehlungen verschiedener Intensität) sowie der Aufnahme in die Spezialitätenliste (mit Preisfestlegung).

«Schon fast kafkaesk wird es, zumindest für den Gesundheitsökonomen, wenn bei empfohlenen Impfungen Franchisen und Selbstbehalte erhoben werden», so die Kritik Lochers.

Denn die Franchise solle bekanntlich wie eine Schwelle wirken, damit nicht unnötigerweise Leistungen beansprucht werden. «Dabei sind die Impfungen ja auf der Empfehlungsliste gemäss Impfplan aufgeführt».

Der Selbstbehalt solle verhindern, dass zu viel Medikamente verwendet werden. «Dabei ist die Dosis im Impfplan vorgegeben», so Locher.

Ökonom: «Totschlagargument Bettenknappheit»

Vor diesem Hintergrund plädiere er in Sachen Kostenübernahme bei Impfungen für zwei Kategorien:

Eine Negativliste für Impfungen wie Reisemedizin oder generelle Empfehlungen: Dort soll es keine Kostenübernahme geben.

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Bei spezifischen Empfehlungen hingegen sollen die Kosten in Einzelfällen übernommen werden. Aber nur aufgrund einer individuellen Risikoabschätzung. Voraussetzung: Die Impfung ist zugelassen und wirksam.

Gesundheitsökonom Locher findet: «Anstatt jedes Jahr wieder das Totschlagargument Bettenknappheit zu bemühen, könnten anderswo Kapazitäten bereitgestellt werden.» So etwa bei der sogenannten Hospitalisation at Home.

Kommentare

User #2505 (nicht angemeldet)

Schön ist es auch, dass man gewisse Krankheiten (Stoffwechselerkrankungen) gar nicht behandelt und wenn man dadurch Invalide wird, ist man ein Parasit und die Doktoren haben keine Ahnung. Man steht also mit dem Problem alleine da und man muss sich auf die eigenen Beine stellen um herauszufinden wie man sich selbst helfen kann um nicht noch weitere Krankheiten zu erhalten. Nicht therapiert und anerkannt und dich in eine Schublade verbannt und als Faul und auf der Tasche von anderen liegend hingestellt. Mangelerscheinungen werden diese Menschen ebenfalls erhalten und solche machen schwer krank wie bei Stoffwechselerkrankungen und wenn man das nicht ausgleicht kann das auch im Tot enden. Mangel kann sich auch in zu hohen Werten zeigen, weil der Körper das Vitamin nicht aufnimmt und ein anderes gleiches der Gruppe Vitamin benötigt womit der Körper etwas mit anfangen kann. Vor allem kommt das zum Vorschein, wenn man regelmässig, konsequent Vitaminpräparate einnimmt und das empfehle ich allen und dann nach einem Jahr die Werte messen geht. Der Körper scheidet alles aus was zuviel ist aber wenn der Körper mit der Gruppe von Vitamin nichts anfangen kann steigen die Werte und es schwimmt im Blut. Also benötigt es ein gleiches Vitamin das der Körper aufnimmt oder bei Aufspaltrpoblemen müssen aktivierte Vitamine in Betracht gezogen werden. Ich hoffe allen Betroffenen damit die Augen geöffnet zu haben und sie zum handeln aufgerufen. Ich könnte noch viel weiter gehen.

User #3562 (nicht angemeldet)

Medicine hat leider keine Freunde und Bekannte. Er hat nur einen Fax und liest die Meldungen vom BAG dem Wahrheitsministerium 😂

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