5G-Gegner blockieren den Netzwerkausbau durch Einsprachen. Trotzdem stehen in der Schweiz so viele 5G-Antennen wie nirgendwo sonst in Europa.
Montage einer 5G-Antenne in Chêne-Bougeries am 5. April im Kanton Genf.
Montage einer 5G-Antenne in Chêne-Bougeries am 5. April im Kanton Genf. - sda - KEYSTONE/MARTIAL TREZZINI
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Das Wichtigste in Kürze

  • 5G-Gegner blockieren mit Einsprachen über die Hälfte der Baugesuche für 5G-Antennen.
  • Trotzdem stehen nirgendwo in Europa so viele 5G-Sender wie in der Schweiz.
  • Swisscom und Sunrise liefern sich ein regelrechtes Wettrüsten mit der neuen Technologie.

Nirgendwo in Europa gibt es so viele 5G-Antennen wie in der Schweiz. Gemäss dem Bundesamt für Kommunikation (Bakom) waren hierzulande per 1. November 562 5G-Antennen in Betrieb. Global gesehen haben nur Südkorea und die USA mehr installierte Sender, wie die «NZZ am Sonntag» schreibt.

Verzögerungstaktik der 5G-Gegner

Diese Zahl überrascht insofern, als dass der Widerstand in der Bevölkerung gegen den neuen Mobilfunkstandard nicht abzureissen scheint. Seit diesem Sommer haben sich die 5G-Gegner besser organisiert. Mittels Einsprachen versucht beispielsweise die Vereinigung «Schutz-vor-Strahlung.ch», die Baugesuche für die neuen Antennen zu blockieren. In einer euphorischen Medienmitteilung schreibt sie am Freitag, 98 Prozent aller Baugesuche blockiert zu haben.

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In Bern gibt es gar einen Anti-5G-Shop. Alu-hüte hat es auch im Angebot. - Nau

Swisscom und Sunrise dementieren diese Darstellung teilweise. Sunrise-Sprecher Rolf Ziebold spricht in der «NZZ am Sonntag» von rund 50 Prozent durch Einsprachen blockierte Gesuche. Die Swisscom schreibt auf Anfrage, dass «in den letzten 12 Monaten rund ein Drittel unserer Bauvorhaben mit Einsprachen belegt wurde». Seit dem Sommer sei die Tendenz aber steigend.

Das Wettrüsten in der Schweiz

Die beiden Anbieter liefern sich derzeit ein regelrechtes Wettrüsten im Bereich 5G. Die Swisscom nimmt seit jeher eine Pionierrolle in Europa ein, was die Förderung der neuen Technologie anbelangt. Bis Ende Jahr will sie 90 Prozent der Schweizer mit 5G erreichen können. Eine konkrete Anzahl Antennen, die dafür nötig wäre, nennt die Swisscom nicht, allerdings sei man «auf Kurs das Jahresziel zu erreichen», wie Swisscom-Konzernchef Urs Schaeppi kürzlich zum «SRF» sagte.

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Alle Standorte von 5G-Antennen in der Schweiz. Ein flächendeckendes 5G-Netzwerk ist nicht mehr weit entfernt. - Bakom

Sunrise hingegen darf auf die Unterstützung von Ausrüstungspartner Huawei zählen. Der chinesische Handyhersteller ist bei 5G weltweiter Marktführer. Seit der Zielvorgabe der Swisscom macht die Sunrise Druck: Fast im Wochentakt werden neue Ankündigungen oder Angebote mit 5G veröffentlicht, zuletzt «weltweit unlimitiertes 5G für Prepaid-Kunden».

«Wir benötigen 5G»

Dass es momentan noch kaum Anwender im schweizweiten 5G-Netz der Swisscom gibt, werde sich «zweifellos» ändern, sagt Mediensprecher Armin Schädeli. «Für uns Mobilfunkanbieter ist nicht nur die Geschwindigkeit wichtig, sondern auch die Kapazität. Damit es in Zukunft keinen Stau auf der Datenautobahn gibt, benötigen wir 5G

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Ziele, wie von der Swisscom gesetzt, spalten das Volk. - Swisscom

Schädeli versteht, dass eine neue Technologie Ängste bei den Schweizern hervorrufen kann. «Wir nehmen die Bedenken ernst und begegnen ihnen mit sachlichen Informationen. Es kursieren leider viele Falschinformationen zu 5G. Mobilfunkstrahlung ist ein sehr gut erforschtes Thema.» Zuständige Behörden wie die Weltgesundheitsorganisation WHO oder das Bundesamt für Umwelt (Bafu) hätten bis heute keinen wissenschaftlichen Nachweis für eine schädliche Wirkung von 5G gefunden.

Bürokratischer Alptraum

Die Swisscom will darum mit den Gegnern den Dialog suchen und hofft dabei auch auf Unterstützung vonseiten der Behörden. Denn die Swisscom muss jede Einsprache einzeln bekämpfen. Das ist ein unglaublicher Papierkrieg: Für das Baurecht ist die Gemeinde zuständig, für den umweltrechtlichen Teil der Kanton.

Obwohl das Bafu mehrfach ausgeführt hat, dass Mobilfunkanlagen bei Einhaltung der Grenzwerte grundsätzlich zu bewilligen sind, muss so für jede einzelne Antenne eine Gemeinde-Kommission sowie eine kantonale Fachbehörde zur Prüfung eingesetzt werden.

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Jede durch Einsprachen blockierte 5G-Antenne muss von Gemeinde und Kanton einzeln beurteilt werden. - Keystone

Immerhin im Ausland wird der Effort der Schweizer Mobilfunkanbieter gewürdigt. Huawei platziert die Schweiz in ihrem kürzlich veröffentlichten Global-Connectivity-Index neu auf dem zweiten Rang hinter den USA.

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