Deutscher lästert über Schweizer Brot: «Geschmacklos»
Ein Deutscher kauft ein Brot bei Coop. «Geschmacklos», urteilt er. Es entfacht eine Diskussion. Wie schmeckt denn eigentlich ein gutes Brot?

Das Wichtigste in Kürze
- Ein Deutscher reklamiert über ein Brot, das er im Coop gekauft hatte: «Unsäglich.»
- Wie ein gutes Brot schmeckt? Brot-Sommeliers verraten's bei Nau.ch.
- Zwischen Industrie-Broten und Broten aus der Bäckerei gibt es Unterschiede.
Das Urteil von Peter Sperlich ist hart: «Brot in der Schweiz: Unsäglich. Geschmacklos.»
Der Deutsche habe sich ausnahmsweise ein Sauerteig-Brot im «Coop» gekauft. Er habe nicht daran gerochen – ein Fehler, findet er im Nachhinein.
«Ich schneide in das Brot, es ist innen weiss und riecht nach gar nichts.» Die Konsistenz? «So stelle ich mir Styropor vor – 4,95 Franken für rein gar nichts. Grüne Tonne – Danke!»
Mit seinem Post entfacht Sperlich eine rege Diskussion. «Sorry Peter, in der Schweiz kannst du bei jedem Bäcker richtig feines Brot kaufen», kommentiert jemand. «Ich bin genau der gegenteiligen Meinung: selten so leckeres Brot gegessen wie in der Schweiz», findet auch eine zweite Person.
Zudem kontert jemand, dass man nicht von einem Beispiel auf das ganze Land schliessen sollte. «Industrieware mit 'nem Brot vom Bäcker vergleichen? Weiss ich nicht ...»
Coop und Migros: Beim Bäcker gibt es nicht das bessere Brot
Coop kann die Kritik des Deutschen nicht nachvollziehen. Alle anderen bekannten Feedbacks zum «Bio-Holzofen-Sauerteigbrot hell» seien positiv.
Der Detailhandels-Riese widerspricht zudem, dass es beim Bäcker das bessere Brot gebe als im Coop. «Grundsätzlich unterscheiden sich die Produkte nicht.»

Auch Konkurrentin Migros verneint, dass man pauschal sagen könne, dass der Beck besseres Brot bäckt als die Industrie. «Es kommt auf die persönlichen Vorlieben an.»
Unterschiede? Ja, die gebe es.
«Vor allem in der Herstellung. Brote werden in der Migros in grösseren Mengen produziert als beim Bäcker.» Die Auswahl sei sehr gross – und: «Die Brotpreise sind in der Migros günstiger.»
Industrie-Brot «häufig mit Backmitteln und Zusatzstoffen»
Industrie und Bäcker liefern also gleich gutes Brot? Das kann Daniel Stadelmann nicht bestätigen. Er leitet die Bäckerei und Feinbäckerei an der Richemont Fachschule in Luzern.
«Detailhändler wie Coop und Migros haben den Vorteil, dass sie teilweise Spezialbrote direkt vor Ort in den Verkaufsstellen produzieren. Durch das Backen über den ganzen Tag hinweg bis kurz vor Ladenschluss haben sie in der Frischhaltung deutlich aufgeholt. So findet man auch dort Brote, die sich gegenüber dem Industriebrot qualitativ positiv abheben.»
Ansonsten könne man aber ganz allgemein sagen: Beim Beck in der Bäckerei wird das bessere Brot gebacken.

«Das günstige, industriell hergestellte Brot hat in der Regel keine oder eine sehr kurze Triebführung (Teigentwicklung, Anmerkung d. Redaktion). Um dennoch optisch und geschmacklich ansprechende Produkte anbieten zu können, wird häufig mit Backmitteln und Zusatzstoffen gearbeitet. Die Brote entstehen vollautomatisch in grossen Mengen.»
Bäcker-Brot: länger frisch, komplexeres Aroma
Nicht so beim «handwerklichen Bäcker». Er setze in der Regel auf lange Triebführungen, die zum Teil bis 48 Stunden dauern können.
Stadelmann: «Diese Zeit bringt ein deutlich komplexeres Aroma und verbessert die Frischhaltung erheblich. Dazu kommt das handwerkliche Wissen, das es ermöglicht, mit natürlichen Zutaten auszukommen. Und trotzdem Brote mit Charakter, Geschmackstiefe und besserer Bekömmlichkeit herzustellen.»
Zu ebendiesen handwerklichen Bäckern zählt Patrik Bohnenblust. Er leitet die Berner Bäckerei «Bread à Porter» – und hat sich als Brot-Sommelier einen Namen gemacht. Beim Brot sei es wie beim Fussball, wo auch «jeder Schiedsrichter ist»: Man könne sich stundenlang darüber unterhalten.
Das macht ein gutes Brot aus – und so schmeckt es
Ein gutes Brot ist für Bohnenblust mit Liebe und Leidenschaft vor Ort gebacken. «Alle unsere Hauptrohstoffe haben weniger als 50 Kilometer vom Ursprungsort bis in unsere Backstube.»
Doch es geht über den Geschmack hinaus: «Ein gutes Brot wird von Bäckern gebacken, die regional verankert sind und interessante Arbeits- und Ausbildungsplätze bieten. Und vor Ort Steuern zahlen.»

Die Industrie bilde ein vorhandenes Kundenbedürfnis ab – «nach billigen, einfachen Backwaren. Dieses Segment können und wollen wir handwerklichen Bäcker nicht füllen.»
Und wie schmeckt denn eigentlich ein gutes Brot?
«Ein gutes Brot muss frisch und knusprig sein. Die Kruste soll beim Reinbeissen schön krachen und feine Röstaromen entfalten. Die Krume hingegen sollte weich, saftig und aromatisch sein, mit einem leichten Hauch von Getreide- und Säurenoten», fasst Stadelmann zusammen.