Bürgerdienst für alle als Beitrag an Sicherheit und Zusammenhalt
Die Initiative will die Wehrpflicht in eine allgemeine Dienstpflicht für alle umwandeln und so Sicherheit und Zusammenhalt stärken.

Männer und Frauen in der Schweiz sollen künftig einen Bürgerdienst leisten und damit ihren Beitrag an die Sicherheit und den Zusammenhalt im Land leisten. Damit wirbt das Komitee hinter der Service-citoyen-Initiative für sein Begehren, die heutige Wehrpflicht für Schweizer Männer zur Dienstpflicht für alle zu machen.
Abgestimmt wird am 30. November. Der Service citoyen oder Bürgerdienst kann gemäss Initiative bei der Armee oder im Zivilschutz geleistet werden oder in Bereichen wie Umweltschutz, Gesundheitswesen, Bildung und Landwirtschaft. Zur Kampagne gehört das eigens komponierte Lied «Ensemble statt solo».
Vertreterinnen und Vertreter des ganzen politischen Spektrums – von GLP über EVP, FDP, Mitte, SP, Grüne, Piratenpartei und mehrere Jungparteien – unterstützen die Initiative. Der Anstoss zum Begehren sei aus der Zivilgesellschaft gekommen, sagte Noémie Roten, Präsidentin des Initiativkomitees, am Donnerstag in Bern.
Immer häufigere Naturkatastrophen und Cyberangriffe sowie Krieg in Europa seien grosse Herausforderungen, schreibt das Komitee. Der heutige Bestand von Armee und Zivilschutz genüge dafür nicht. Deshalb sollten alle einen Teil ihrer Zeit für die Sicherheit zur Verfügung stellen, forderte GLP-Nationalrat Beat Flach (AG).
Allgemeiner Bürgerdienst: Armee bleibt Teil der Pflicht
Bei der Rekrutierung würden Fähigkeiten, Präferenzen und der Bedarf von Armee und Zivilschutz abgeklärt. Es könne vorkommen, dass jemand bei der Armee Dienst leisten müsse. Doch das Betätigungsfeld beim Militär werde breiter, so dass sich passende Einsatzmöglichkeiten finden sollten.
Cyberabwehr, Logistik und Drohnenforschung nannte er als Einsatzmöglichkeiten. «Es gibt keine volle Wahlfreiheit», fügte Roten hinzu. Wer bei Sicherheitsorganisationen nicht gebraucht wird, leistet zivilen Dienst, und wer keinen Dienst leiste, bezahle eine Ersatzabgabe.
Nutzen will das Komitee das in seinen Augen brach liegende Potenzial der Frauen. «Gemischte Teams sind vielfältiger. Das macht stärker», sagte Nationalrätin Christine Badertscher (Grüne/BE).
Bürgerdienst soll junge Frauen nicht zusätzlich belasten
Dass Frauen neben unbezahlter Care-Arbeit mit einem Bürgerdienst nicht noch mehr belastet werden sollten, wies sie zurück. Der Dienst richte sich an junge Menschen. In deren Generation gebe es diese Belastung weniger.
Dass Frauen mehr Care-Arbeit leisteten als Männer, liege an verbreiteten Geschlechter-Stereotpyen, sagte Badertscher, und diese wolle die Initiative aufbrechen. Dieser Schritt zur Gleichstellung sei ein Gewinn für die Frauen.
Die Sicherheit der Schweiz hänge nicht nur von Waffen und Grenzen ab, sondern vor allem von Menschen und deren Willen, zu handeln, sagte der jurassische Mitte-Ständerat Charles Juillard. Er warb für Investitionen in die Menschen. Das Engagement von allen mache die Schweiz krisenfester.
Die Gesellschaft sei heute fragmentiert und Individualismus verbreitet, stellte EVP-Nationalrat Marc Jost (BE) fest. Gemeinsame Dienst-Einsätze würden die Menschen verbinden, das «Wir-Gefühl» stärke. Gerade junge Leute wollten sich engagieren und etwas an die Gesellschaft beitragen.
Jositsch: Bürgerdienst ist zumutbar
SP-Ständerat Daniel Jositsch wies das Argument der Gegnerschaft zurück, dass der Bürgerdienst für alle der Wirtschaft Arbeitskräfte entziehe. Das sei in Zeiten, da ein höherer Anteil der Männer in der Armee eingeteilt gewesen sei, auch der Fall gewesen. Angesichts der Krisen und Herausforderungen müssten alle ihren Beitrag leisten.
Dem Service-citoyen-Komitee ist es auch ein Anliegen, die Diskussion über das Dienstpflichtmodell der Zukunft anzustossen. Seit Jahren diskutiere Bundesbern über Reformen des Milizsystems, moniert das Initiativkomitee. Konkret passiert sei aber bisher nichts.
Die Dienstpflicht für alle sei ein Anliegen der Bevölkerung, sagte Roten. In der jüngsten Studie der Militärakademie und des Center for Security Studies der ETH Zürich hätten sich zwei Drittel der Antwortenden für eine Dienstpflicht für alle ausgesprochen, mit freier Wahl zwischen Militär-, Zivil- oder Sozialdienst.