Bub schluchzt bei «Happy Day» – Zuschauer sind besorgt

Bettina Zanni
Bettina Zanni

Bern Nord,

Ein Geschenk in der Show «Happy Day» lässt Luca (12) vor laufender Kamera in Tränen ausbrechen. Aus dem TV-Publikum gibt es deswegen Kritik.

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Lucas Reaktion auf die Überraschung in der Show «Happy Day» sorgt für Diskussionen. - SRF

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Show «Happy Day» überrascht Luca mit einem Wandbild seines verstorbenen Hundes.
  • Zuschauende haben Mühe damit, dass zu sehen war, wie der Bub in Tränen ausbrach.
  • Ein Kinderpsychologe plädiert für Vorsicht und Zurückhaltung bei Shows mit Kindern.

Tränen fliessen in der Show «Happy Day» von SRF regelmässig. Meist sind es Freudentränen von Gästen, die eine schöne Überraschung bekommen haben. Besonders viele Tränen sind in der neusten Ausgabe der emotionalen Samstagabendkiste bei Luca geflossen.

Sehr hängt der Zwölfjährige aus Etzelkofen BE an der verstorbenen Schäferhündin Cruz. Mit dem Hund seiner Grossmutter ist er aufgewachsen – bis Cruz mit zwölf Jahren an einem Schlaganfall starb.

Sie hätten den Hund rasch einschläfern müssen, sagt Lucas Grossmutter Erika Howald in der Sendung.

«Nachher hat ihn der Schlag getroffen», sagt sie über ihren Enkel Luca. Es sei unglaublich gewesen. «Er nahm das Halsband mit nach Hause. Man sollte es nicht waschen, damit es nach Cruz riecht.»

«Als ob sie immer noch lebte»

Neben dem Halsband erinnern ein kleines Bild und eine Kerze Luca an die geliebte Hündin. Luca träumt von einem «riesigen Bild» von Cruz neben seinem Schreibtisch, das leuchtet. «Ich möchte ihm eine Freude machen. Dass das emotional wird, ist klar», nahm seine Grossmutter vorweg.

Der Churer Graffiti-Künstler Fabian «Bane» Florin erfüllt Lucas Wunsch. «Am Schluss soll Cruz so da hängen, als ob sie immer noch lebte», beschreibt Moderator Nik Hartmann das Ziel.

Sollen weinende Kinder am Fernsehen gezeigt werden?

Innert zwei Tagen hat der Künstler ein eindrückliches Portrait der Hündin an die Kinderzimmerwand gezaubert.

TV-Publikum: «Sehr kalt erwischt»

Das Publikum ist live dabei, als Luca in seinem Kinderzimmer in Etzelkofen mit dem Kunstwerk überrascht wird. Doch als er die Augenmaske abnimmt, verzieht sich sein neugieriger Blick schlagartig – und er bricht in Schluchzen aus.

«Ein emotionaler Moment für Luca», sagt Co-Moderatorin Kiki Maeder. Es seien jetzt gerade etwas viele Emotionen und es sei viel zu verarbeiten. Luca stimmt ihr aber zu, dass der Künstler seine Hündin gut getroffen habe.

Die Szene war auch für TV-Zuschauerinnen und -Zuschauer heftig. «Also, die Geschichte mit dem Hund hat mich schon sehr kalt erwischt», schreibt eine Userin auf Instagram. «Da hab ich ja aber Pipi in den Augen. Mein Gott war das emotional», kommentiert eine weitere.

«Masslos überfordert»

Manche Zuschauende machen sich zudem Sorgen um den Buben.

Sie möge die Show und auch die Moderation, schreibt eine Zuschauerin auf Instagram. «Nur, ich weiss nicht, ob ihr Luca einen Gefallen gemacht habt.» Seine Trauer habe er noch nicht überwunden, vermutet sie. «Und das war wohl vielen nicht bewusst.»

Rund eine halbe Million Zuschauerinnen und Zuschauer verfolgen die Show jeweils.

Eine andere Zuschauerin lobt die Sendung auch. Mit einer Sache hat sie aber «grosse Mühe».

«Wenn einzelne Kinder solch grossen Emotionen öffentlich am Fernsehen ausgesetzt werden», kritisiert sie. Der Junge habe ihr «in allen Belangen masslos überfordert» geschienen. Die Sendung gehe für sie damit in eine Richtung, die sie nicht gut finde.

Eine Zuschauerin hofft, dass Luca wegen seines Auftritts in der Schule «nicht irgendwann gehänselt wird». Den Jungen «so verletzlich» zu sehen, habe ihr «so leidgetan».

Kiki Maeder beschwichtigt

Die Kommentare erscheinen unter einem Post von Kiki Maeder zum Beitrag mit Luca. Die Co-Moderatorin hat sich beschwichtigend in die Diskussion eingeschaltet.

«Ich verstehe Eure Sorgen», schreibt Maeder. Doch sie könne ihr versichern: «Luca hat sich ganz rasch erholt und war dann sehr happy.» Auch habe er am selben Abend viele positive Rückmeldungen von seinen Schulkollegen erhalten.

Erika Howald bestätigt am Montag gegenüber Nau.ch, dass es ihrem Enkel «sehr gut» gehe. Durch das Bild sei ihm Cruz wieder sehr präsent geworden. «Auch wenn wir ihm zum Beispiel ein Fotoalbum von Cruz geschenkt hätten, wäre er in Tränen ausgebrochen.»

«Als er zurückkam, lachte er wieder»

Nachdem die Kameras aus waren, drehte Luca laut seiner Grossmutter eine Runde mit dem Velo. «Als er zurückkam, lachte er wieder.»

Gehänselt werde er in der Schule wegen seiner Tränen vor laufender Kamera nicht, sagt sie fest entschlossen.

Happy Day
Luca werde wegen des Auftritts in der Schule nicht gehänselt, sagt Grossmutter Erika Howald. - Screenshot / SRF

«Luca ist sehr sozial, nicht überheblich und gut erzogen.» Daher biete er schon gar keine Angriffsfläche für Hänseleien. «Eher ist er jetzt der Star in der Manege», sagt sie schmunzelnd.

«Tränen waren schnell getrocknet»

Nau.ch hat bei SRF nachgefragt, ob das Team beim Buben mit Tränen rechnete.

«Eine Überraschung bei ‹Happy Day› – ob aufgezeichnet oder live – ist stets ein besonderer Moment.» Dies sagt Nicole Simmen, leitende Produzentin von «Happy Day». Wie eine Person, unabhängig vom Alter, darauf reagiere, lasse sich nie exakt vorhersagen.

«Um dennoch bestmöglich vorbereitet zu sein, führt die Redaktion im Vorfeld jeder Überraschung sorgfältige Recherchen durch», sagt Simmen. Die Redaktion spreche mit Familie sowie engen Freunden der betroffenen Person. Dies sei auch bei Luca so gewesen.

«Luca hat in der Sendung viele unterschiedliche Emotionen gezeigt und damit die Herzen des Publikums erobert», sagt Simmen. Dazu gehört hätten neben seinem grossen Schalk und seinen spontanen Kommentaren auch ein Moment der Tränen bei der Überraschung. «Diese waren schnell wieder getrocknet und die Freude am Bild riesig.»

Live-Ausstrahlung sei zentral

Eine Aufzeichnung der Szene – statt live zu senden – wäre für SRF nicht infrage gekommen. Simmen: «Als Live-Sendung ist es für uns von zentraler Bedeutung, Überraschungen auch unmittelbar im Rahmen der Ausstrahlung realisieren zu können.»

Die Redaktion beurteilt laut Simmen jede Überraschung individuell und stützt ihre Entscheidung auf umfassende Recherchen.

«Sobald Kinder involviert sind, erfolgt die Abklärung mit besonderer Sorgfalt.»

«Kinder können nicht zustimmen»

Kinder- und Jugendpsychologe Matthias Federer setzt bei emotionalen Inszenierungen von Kindern einige Fragezeichen. «Logisch ist, dass Tränen Schmiermittel für Einschaltquoten sind», sagt er zu Nau.ch. Er plädiere jedoch für Vorsicht und Zurückhaltung, wollten Erwachsene ihre Kinder «ins Schaufenster stellen».

Wenn sich Erwachsene bis zum Fremdschämen entblössten, sei dies deren Entscheidung, sagt Federer. «Kinder können aber nicht zustimmen, wenn sie der Öffentlichkeit vorgeführt werden.» Dazu komme, dass die Inhalte durch das Internet ewig verfügbar seien. «Man kann jederzeit alles nachschauen – mit guten und bösen Absichten.»

Auch wenn die Idee schön sei, müssten die Erwachsenen sich fragen, ob die Aktion das Kind beglücke, sagt Federer. «Nicht, dass es am Ende eine Selbstinszenierung der Erwachsenen auf Kosten des Kindes ist.»

Poster als Alternative

Erika Howald sagt, sie habe sich aus finanziellen Gründen an «Happy Day» gewandt. «Sonst hätten wir ein solches Wandbild nicht bezahlen können.»

Der Kinder- und Jugendpsychologe hätte an dieser Stelle zur günstigeren Alternative in Form eines Posters geraten.

«Zudem ist es nicht unproblematisch, ein solch überwältigendes Bild auf eine Kinderzimmerwand zu malen», sagt Federer. Bekanntlich änderten sich die Vorlieben der Bilder von Kindern und Jugendlichen an den Zimmerwänden über die Jahre.

Kommentare

User #1243 (nicht angemeldet)

und für solchen Kwatsch wird das viele serafe-geld verschwendet und verschleudert! nein, das ja ist jetzt schon sicher!

User #8793 (nicht angemeldet)

Denke das die Familie am besten beurteilen kann, was man einem Kind zumuten kann und was nicht.

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