Bergführer klagt: «Wanderer missachten Absperrungen»

Karin Aebischer
Karin Aebischer

Oberwallis,

Das verschüttete Blatten zeigt den Schaden, den der Klimawandel anrichten kann. Murgänge nehmen zu. Nicht alle Wanderer halten sich an die Vorsichtsmassnahmen.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Blatten im Lötschental ist ausgelöscht. Ein Bergsturz hat das Dorf unter sich begraben.
  • Murgänge und Steinschläge nehmen zu, sagt Bergführer und Bergretter Bruno Jelk.
  • Ist Wandern darum gefährlicher geworden? Zwei Bergführer klären auf.

Der verheerende Bergsturz in Blatten ist ein Jahrhundertereignis, das die Schweiz auch mehr als eine Woche danach in Atem hält.

Die kurz nach dem Ereignis gefürchtete Flutwelle durchs Lötschental ist zwar ausgeblieben. Doch der Berg ist noch in Bewegung. Die Unsicherheit gross.

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So sah Blatten VS am Freitagnachmittag, 30. Mai 2025 – zwei Tage nach dem Bergsturz – von oben aus. - Nau.ch/Nico Leuthold

Die Diskussion über die gefährlichen Folgen des Klimawandels ist neu entbrannt. Was heisst das für die Wandersaison? Ist besondere Vorsicht geboten?

Bruno Jelk: «Steinschläge haben zugenommen»

Für den erfahrenen Bergführer und Bergretter Bruno Jelk ist klar: «Steinschläge, Murgänge und starke Gewitter haben in den letzten Jahren zugenommen.» Früher habe man im Winter mit Lawinen mehr zu tun gehabt. Jetzt sei quasi das Umgekehrte der Fall.

Er komme soeben von einer Wanderweg-Umleitung aufgrund von Erdrutschen zurück, sagt der ehemalige Chef der Bergrettung von Zermatt zu Nau.ch. «Im Wallis müssen wegen Steinschlägen und Murgängen immer wieder Wanderwegstücke verlegt werden.»

Der Permafrost geht auf einer Höhe von über 2500 m ü. M. zurück. Somit steigt die Gefahr, dass der Boden instabil wird und die oberste Schicht abrutscht. Auch diverse Masten und Bergstationen von Bergbahnen bereiten Probleme, weil sie instabil sind, so Jelk. Das sei überall in den Berggebieten ein Problem, nicht nur im Wallis.

Eine zusätzliche Gefahr ist gemäss Bruno Jelk das weiche Moränengeröll, das wegen der stark zurückgehenden Gletscher zum Vorschein kommt. Dennoch betont er: «Ich glaube nicht, dass Wandern gefährlicher geworden ist. Denn heute wird alles überwacht.»

In Zermatt beispielsweise sei an jedem Bach eine Messanlage installiert. Sobald der Pegel steigt, geht der Alarm los und es wird entschieden, ob man das Gebiet sperrt oder sogar evakuieren muss. «Im Prinzip ist das ein zusätzliches Hilfsmittel.»

Zermatt
Zermatt wurde letzten Sommer auch von einer Überschwemmung heimgesucht. - X / @Alpenweerman

Es hätten aber nicht nur Murgänge und Steinschläge zugenommen, sondern auch die Ansiedlung in den Bergen. «Vor 200 Jahren hatte es in einem Jahr so viele Leute hier in Zermatt wie heute an einem Tag», so Jelk.

So habe es schon immer Bergstürze gegeben – doch wo keine Strassen oder Siedlungen waren, sei es auch nicht bemerkt worden, oder habe gar keine Probleme gegeben.

«Wanderer missachten Absperrungen»

Ein Problem hingegen sei, «dass Wanderer die Absperrungen und Warnungen missachten und trotzdem durchgehen.» Schweizer und ausländische Touristen gleichermassen.

Wenn beispielsweise im Winter Absperrungen gemacht würden wegen Lawinengefahr, seien kurz danach Spuren zu sehen. Und diesen Spuren würden dann wiederum andere nachgehen.

In Zermatt sei zurzeit im Gebiet Zmutt-Stafelalp ein Wegstück wegen Steinschlaggefahr gesperrt. Eine Umleitung ist eingerichtet. «Die Leute gehen aber trotzdem durch die gesperrte Zone hindurch», sagt Bruno Jelk. Es sei wohl nur eine Frage der Zeit, bis dort ein Unfall passiere.

Seriöse Tourenplanung ist unabdingbar

Auch Bergführer Christian Andermatt appelliert an die Wanderer: «Wandern ist nicht gefährlicher geworden. Es ist aber nach wie vor sehr wichtig, dass wir uns den Gegebenheiten anpassen.»

Eine seriöse Tourenplanung sei dabei zentral, sagt der Fachleiter Ausbildung Winter beim Schweizer Alpenclub SAC. Sei es via dem Tourenportal des SAC, via Swisstopo oder Schweizmobil. «Es ist wichtig, dass man nicht einfach drauflos läuft. Sondern sich gut informiert über das Vorhaben, das man plant.»

Gehts du gerne auf Wanderungen?

Zudem gelte: Lieber umkehren, als sich in Gefahr zu begeben. Zum Beispiel bei schlechtem Wetter. «Ich bin der Überzeugung, dass ein Einzelereignis wie der Bergsturz in Blatten nicht grundsätzlich etwas verändert im Alpinismus. Aber es führt vielen vor Augen, dass die Natur immer zwei Seiten hat – und auch Gefahren mit sich bringt.»

Kommentare

User #2474 (nicht angemeldet)

Hinweise und Warnungen ignorieren, keine Erfahrung, keine Ausrüstung und wenn man nicht weiter kommt, die Bergrettung per Handy alarmieren. Man hat ja schließlich Kinder dabei. Wer mit so einer Einstellung in die Berge geht, soll bitte zu Hause bleiben.

User #1768 (nicht angemeldet)

Der Mensch: er weiss alles, er kann alles, er will auf nichts verzichten!

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