Beim Mitte-Chef müssen jetzt Vizes mehr anpacken

Bettina Zanni
Bettina Zanni

Bern,

Erstmals soll ein Co-Präsidium die FDP führen. Bei der neuen Spitze der Mitte ist alles noch beim Alten – fast.

Co-Präsidium
Mitte-Chef Philipp Matthias Bregy will seine Vizes mehr einspannen. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Künftig soll ein Duo die FDP führen.
  • Mitte-Chef Philipp Matthias Bregy hält ein Co-Präsidium auch in seiner Partei für möglich.
  • Entlasten sollen den Mitte-Chef vorerst die Vize-Präsidentinnen und -präsidenten.

Im Doppelpack wollen Susanne Vincenz-Stauffacher und Benjamin Mühlemann die FDP führen. Dass die Nationalrätin und der Ständerat für ein Co-Präsidium kandidieren, ist bei der bürgerlichen Partei eine Premiere.

Der abtretende Parteichef Thierry Burkart erledigte den Knochenjob vier Jahre alleine. Er nahm die Partei an die kurze Leine und etablierte sich als Leader der FDP. Frei von Vaterpflichten konnte der 50-Jährige einige Abstriche im Privatleben in Kauf nehmen.

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Der abtretende FDP-Chef Thierry Burkart nahm die Partei an die kurze Leine und etablierte sich als Leader der FDP. - keystone

Was für die FDP noch Neuland ist, macht die SP vor. Mattea Meyer und Cédric Wermuth stehen bereits seit 2020 als Duo an der Spitze der SP.

«Modell wird immer selbstverständlicher»

Die Co-Leitung sei vor einigen Jahren noch belächelt worden, sagt Mattea Meyer auf Anfrage. «Diese hat sich mittlerweile als zeitgemässe Antwort auf die Herausforderungen moderner Politik etabliert.»

Eine Co-Leitung ermögliche, Familie und Politik besser zu vereinbaren, sagt die SP-Co-Präsidentin. «Es überrascht uns daher nicht, dass das Co-Präsidium jetzt auch bei anderen Parteien wie der FDP Anklang findet.»

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Was für die FDP noch Neuland ist, macht die SP vor. Mattea Meyer (links) und Cédric Wermuth führen die SP bereits seit 2020 im Duo. - keystone

Im Team entstehen laut Meyer bessere Lösungen, weil sie wichtige Entscheide gemeinsam und sorgfältig diskutieren. «Es ist das Gegenmodell zum männlich geprägten, harten und auch einsamen Führungsstil, der mit Trump wieder viel präsenter wird.»

Meyer stellt fest, dass die Akzeptanz für das Co-Präsidium in den letzten Jahren deutlich gewachsen ist. «Wir erleben, dass das Modell immer selbstverständlicher wird.» Dies sei nicht zuletzt so, weil sie und Cédric Wermuth als Team glaubwürdig und erfolgreich zusammenarbeiteten.

«Aufstocken und stärker einbinden»

Erst seit Juni, aber traditionell als Solo-Parteipräsident im Amt ist Philipp Matthias Bregy der Mitte. Aber auch der zweifache Familienvater will nicht rund um die Uhr für die Partei im Einsatz sein.

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Arbeit abnehmen sollen ihm Kolleginnen und Kollegen im Parteipräsidium. «Vorderhand bin ich bestrebt, die Vizepräsidentinnen und -präsidenten aufzustocken und stärker einzubinden», sagt er zu Nau.ch.

An der letzten Delegiertenversammlung beschloss die Partei laut Bregy, dass künftig bis zu fünf Vizepräsidentinnen und -präsidenten möglich sind. Aktuell sind mit Yvonne Bürgin, Vincent Maitre und Charles Juillard drei Personen als Vize im Einsatz.

«Parteipräsident ist ein Rund-um-die-Uhr-Job», sagt Bregy zu Nau.ch. Vor allem, weil man fast immer erreich- und verfügbar sein müsse.

Trotzdem sei für ihn persönlich ein Co-Präsidium nicht infrage gekommen. Seines Erachtens bringe ein solches einen hohen Koordinationsaufwand mit.

«Ich schliesse für die Mitte aber nicht aus, dass ein Co-Präsidium einmal zum Thema werden könnte», sagt Bregy.

Chefin von Vorreiterin wieder solo

Noch vor der SP hatten die Grünen ein Co-Präsidium. Die ersten vier Jahre führte Regula Rytz mit Adèle Thorens Goumaz die Partei. Heute steht Lisa Mazzone alleine an der Spitze der Partei.

«Ich freue mich, dass wir als Vorreiter den Weg für dieses Modell frei machen konnten», sagt Mazzone.

Dass dieses Modell sich durchgesetzt habe, sei ein wichtiges Zeichen für Job-Sharing an der Spitze von Organisationen oder Unternehmen. Dies fördere die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Sie habe sich aus zwei Gründen gegen ein Co-Präsidium entschieden, sagt die Genferin. «Die Politik wird in der Schweiz massgeblich durch die Deutschschweiz geprägt.» Dies zeige sich unter anderem darin, dass es im Moment nur Präsidentinnen und Präsidenten aus der Deutschschweiz gebe.

Der zweite Grund ist ihre Herkunft. Für eine Vertreterin einer Sprachminderheit besteht in einem Co-Präsidium ein Risiko, so Mazzone. «Dass sie in der Deutschschweiz kaum oder gar nicht wahrgenommen wird.»

«An mehreren Abenden unterwegs»

Parteipräsidium und Familie unter einen Hut zu bringen, fordert die zweifache Mutter heraus. «Ich arbeite etwa 90 bis 100 Prozent und habe neben dem Präsidium noch ein paar wenige NGO-Engagements», sagt Mazzone.

In ihrem ersten Jahr als Präsidentin habe sie jede Kantonalpartei und darüber hinaus viele Ortssektionen besucht, sagt Mazzone. Insgesamt seien es rund 100 Besuche und Auftritte gewesen.

«Ich bin weiterhin an mehreren Abenden unter der Woche sowie an mindestens einem Tag am Wochenende unterwegs.» Die Sitzungen und Veranstaltungen fänden in der ganzen Schweiz statt. «Sonst bin ich grundsätzlich fast immer erreichbar.»

Was macht Dettling?

Die Last bezeichnet die Grünen-Chefin daher als gross. «Aber ich glaube, dass die Verantwortung grösser ist.» Man könne viel Steuern. Dafür müsse man auch dazu stehen, wenn es nicht allen gefalle oder wenn es nicht gut laufe.

«Das ist aber genau der Grund, weshalb das Amt so spannend ist», sagt Mazzone.

Auch die SVP-Spitze führt das Amt im Alleingang aus. Marcel Dettling reagiert seit Tagen auf mehrere Anfragen der Redaktion weder per Telefon noch per E-Mail noch per SMS. Es bleibt zu hoffen, dass die Funkstille nicht der Arbeitslast des Solo-Amts geschuldet ist.

Kommentare

User #4300 (nicht angemeldet)

Beim Bregy wären Untertitel nicht schlecht

User #784 (nicht angemeldet)

Sich fragen: ob all politisch Parteien für die Schweiz, Bewohner, Demokratie, Neutralität leben? Wir werden manipuliert, manivöriert.

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