Überall in Europa mehrt sich die Kritik am Uno-Migrationspakt. In Deutschland hat Merkels Regierung den Diskurs dazu verschlafen.
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Sebastian Kurz (l), ehemaliger österreichischer Bundeskanzler (ÖVP), und der ehemalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) während des Pressefoyers im Rahmen einer Sitzung des Ministerrats im Bundeskanzleramt. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Österreich kündigt medienwirksam an, den Migrationspakt nicht zu unterschreiben.
  • Rechtspopulisten machen nun Stimmung gegen die Vereinbarung der UN-Mitgliedstaaten.
  • Der Pakt will Migration unter den Staaten koordinieren und Fluchtursachen bekämpfen.

Lange haben die europäischen Regierungen zum «Globalen Pakt zur Migration» geschwiegen. Wohl gingen sie davon aus, dass die Unterzeichnung des Dokuments beschlossene Sache sei. Denn: Ausser den USA waren sämtliche UN-Mitgliedstaaten an der Ausarbeitung beteiligt und haben grundsätzlich den Pakt beschlossen. Nur die formelle Unterzeichnung am UN-Gipfeltreffen in Marokko am 10. und 11. Dezember steht noch aus.

Doch mit der Ankündigung von Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz, sein Land werde den Pakt nicht unterzeichnen, wurde nun in ganz Europa die Diskussion um den Migrationspakt neu lanciert – auch in der Schweiz. Seine Ankündigung kam überraschend, ist er selbst – als ehemaliger Aussenminister – für den Wortlaut des Dokuments mitverantwortlich.

Österreich reagiert auf

Mit einem Grinsen im Gesicht und sichtlich erfreut erklärte der österreichische Vize Heinz-Christian Strache von der rechtsnationalen FPÖ, man werde dem UN-Migrationspakt nicht beitreten. Die Begründung: Österreich könnte seine Souveränität in der Migrationspolitik verlieren und der Unterschied zwischen legaler und illegaler Migration werde im Dokument verwischt.

Die österreichische Regierung hat sich dabei den Schlagworten und Argumenten rechter Gruppierungen bemächtigt, deren Falschmeldungen über den Migrationspakt bereits zuvor in sozialen Netzwerken herumschwirrten. So behaupten sie etwa, dass Flüchtlinge und Migranten gleichgestellt würden, Migranten nicht zurückgeschickt werden könnten und bald jeder nach Europa komme. Rechtspopulistische Parteien wie die AfD in Deutschland nutzen nun die Gunst der Stunde, um gegen den verhassten Migrationspakt mobil zu machen.

Ziel des UN-Migrationspakts

Der Pakt unterscheidet jedoch sehr wohl zwischen Migranten und Flüchtlingen. Illegale Migranten, die keinen Fluchtgrund haben, können auch weiterhin abgewiesen werden und explizit steht im Dokument: «Der globale Pakt bestätigt erneut das Recht der Staaten, ihre eigene Migrationspolitik zu bestimmen.»

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UN-Generalsekretär António Guterres. (Archivbild) - dpa

Der UN-Migrationspakt schafft demnach keine neuen Gesetzesgrundlagen, an die sich UN-Staaten halten müssen. Es geht vielmehr darum, die zukünftige Zusammenarbeit in der Migrationspolitik unter den UN-Ländern besser zu koordinieren und eine gemeinsame Basis zu schaffen. Übergeordnet will der Pakt, dass in allen UN-Staaten wirtschaftliche und Lebens-Perspektiven verbessert werden. So soll primär nicht die Migration gefördert, sondern die Ursachen der Flucht bekämpft werden.

Merkel hat Feld Rechten überlassen

Der Druck der Rechtspopulisten zeigt trotzdem seine Wirkung. In der Schweiz erklärte Aussenminister Ignazio Cassis zuletzt etwa, eine spätere Unterzeichnung wäre «keine Katastrophe».

In Deutschland hat die Diskussion ebenfalls eine hitzige Debatte ausgelöst – vor allem innerhalb der Union von CDU und CSU. Grundsätzlich ist man sich hier einig, dem Pakt zuzustimmen. Doch viele kritisieren nun Bundeskanzlerin Angela Merkel, deren Regierung die Debatte um den Pakt verschlafen und das Feld somit den Rechten überlassen hat. Nun sei die Verunsicherung in der Bevölkerung gewachsen und die sich ohnehin auf Tauchfahrt befindende Partei habe den Kredit bei der Bevölkerung endgültig verspielt, so die Befürchtung.

Mitglieder der Meissner AfD stehen während der Landtagssitzung vor dem Landtag in Dresden (D) und halten einen Banner mit der Aufschrift «Migrationspakt stoppen!».
Mitglieder der Meissner AfD stehen während der Landtagssitzung vor dem Landtag in Dresden (D) und halten einen Banner mit der Aufschrift «Migrationspakt stoppen!». - dpa

Rechtsextreme mobilisieren in der Schweiz

In der Schweiz mobilisiert derzeit die rechtsradikale PNOS gegen den Uno-Migrationspakt. Am 24. November wird sie auf dem Basler Messeplatz gegen den Migrationspakt protestieren. Die Stadt hat die Demo bewilligt. Geladen ist auch ein Redner der rechtsextremen NPD aus Deutschland.

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