Berner Aarehang: Top-Wohnlage – aber abgeschnitten von Aussenwelt

Peter Widmer
Peter Widmer

Bern,

Der rechtsufrige Aarehang zwischen Untertor- und Lorrainebrücke bildet ein in sich geschlossenes Quartier: der Altenberg und das Rabbental.

Ulrich Kriech und Karin Greischberger
Die beiden ARL-Vorstandsmitglieder Ulrich Kriech und Karin Greischberger gehören nicht zu den «Alteingesessenen» im Altenberg-Rabbental-Leist. - Peter Widmer

De beiden Vorstandsmitglieder Karin Greischberger und Ulrich Kriech gehören nicht zu den «Alteingesessenen» des Quartiers, wie sie gleich zu Beginn unseres Gesprächs festhalten.

Präsident Kriech, diplomierter Baumeister und Geschäftsführer einer Generalunternehmung, ist 2017 aus der Romandie ins Leistgebiet gezogen, arbeitet aber bereits seit 1994 in der Stadt Bern.

Er fühle sich daher mit der Stadt verbunden und verwurzelt, wie er sagt. Ulrich Kriech ist 2017 dem ARL beigetreten und wurde zwei Jahre später zum Präsidenten gewählt.

ARL
Der Altenberg-Rabbental-Leist (ARL). - Peter Widmer

Karin Greischberger, Betriebswirtschafterin und in Kaderposition in einem Berner Bildungszentrum tätig, wohnt seit 2022 mit ihrem Lebenspartner an der Lerberstrasse im Altenberg. Ein Jahr später wurde sie an der ARL-Hauptversammlung in den Vorstand gewählt.

Beide Vorstandsmitglieder erachten den Leist als geeignete Plattform, sich im Quartier zu engagieren und die Bewohnenden kennenzulernen. «Es ist eine dankbare Aufgabe, besonders mit den Anlässen, man erhält viel zurück», bekräftigt Karin Greischberger.

«Insel der Glückseligen»

Zurzeit zählt der ARL 266 Mitglieder, vor allem Paar- und Einzelmitglieder. «Das sind knapp 20 Prozent der rund 1340 Quartier-Anwohnenden», erklärt Präsident Kriech nicht ohne Stolz.

In der Tat, es gelingt dem Leist offensichtlich, durch seine sinnstiftenden Tätigkeiten und seine gezielte Kommunikation die Quartierbevölkerung zu überzeugen.

Ulrich Kriech relativiert: «Es ist trotzdem nicht einfach, junge Mitglieder zu gewinnen. Wir haben viele Bestandesmitglieder, welche in den zahlreichen alten Villen wohnen

Die Hoffnung liege bei jungen Familien, die nun vermehrt in neue oder sanierte Mehrfamilienhäuser zögen, erzählt der Leistpräsident. Besonders an der Altenberg- und an der Lerberstrasse könne man heute von einem progressiven, jungen Quartier sprechen.

Er bezeichnet das gesamte Leistgebiet mit einem Augenzwinkern als «Insel der Glückseligen».

Ist dir eine gute ÖV-Anbindung an deinem Wohnort wichtig?

«Wir sind ein reines Wohnquartier, haben nur wenige Gewerbe- und Gastrobetriebe, keinen Detailhandel, keinen öffentlichen Verkehr. Hier wohnt man! Aber wer hier wohnen kann, ist privilegiert.»

Und Karin Greischberger doppelt nach: «Der Blick auf die Aare und die Altstadt ist einzigartig. Die meisten Gebiete sind verkehrsberuhigt und wir haben mit dem Diaconis-Garten der Diaconis-Stiftung sogar einen der schönsten Gärten der Stadt!», rührt sie die Werbetrommel fürs Quartier.

Ulrich Kriech verhehlt nicht, dass oft Partikularinteressen vorherrschten und er vermisst das Kollektivengagement. «Nur was vor der eigenen Haustür passiert, macht betroffen und interessiert. Das entspricht leider dem Zeitgeist», bedauert er.

Der Leist könne jedoch gegenüber Behörden mehr erreichen als einzelne Personen; diese Botschaft müsse permanent vermittelt werden.

«Aareblick» und Anlässe

Der kontinuierlichen Kommunikation mit der Quartierbevölkerung schenkt der ARL-Vorstand besondere Beachtung. Der jeweils im März und November erscheinende «Aareblick» ist das Publikationsorgan des Leists und erreicht nicht bloss die Mitglieder, sondern wird in die Briefkästen aller Bewohnenden im Leistgebiet verteilt.

Das Anlassjahr startet mit der Hauptversammlung und Gastreferaten, gefolgt vom traditionellen Mai-Konzert mit wechselnden Interpretinnen und Interpreten beim Teich des Botanischen Gartens.

Seit 2023 organisiert der Leist am 6. Dezember den Samichlaus-Anlass. «Vor zwei Jahren kamen 30 Kinder, im 2024 hatten wir eine Steigerung auf 50 Kids», weiss Karin Greischberger zu berichten.

Wohnst du gerne in der Stadt Bern?

«Am Nachmittag laden wir in diesem Jahr erstmals die mehrheitlich ältere Quartierbevölkerung zu Kaffee und Kuchen ein und ab 17 Uhr empfängt dann der Samichlaus die Kinder, erzählt Märchen und verteilt kleine Geschenke», so die Anlass-Verantwortliche im ARL-Vorstand.

Im Frühjahr 2026 wird der ARL neu einen Quartier-Flohmarkt auf die Beine stellen, wo sich eine weitere Gelegenheit ergibt, sich kennenzulernen und die Leistungsfähigkeit des ARL unter Beweis zu stellen.

Kein öffentlicher Verkehr im Leistgebiet

Info

ARL in Kürze

- Gründung 1872

- Verein, politisch und konfessionell neutral

- 266 Mitglieder (Stand August 2025)

- Leistgebiet: Rechtsufriger Aarehang zwischen Untertorbrücke und Lorrainebrücke: der Altenberg im östlichen, das Rabbental im westlichen Teil.

- Rund 1‘340 Einwohnende im Leistgebiet

Aufgaben des ARL

- Wahrung der Quartierinteressen

- Sicherheit der Quartierbewohnenden geht bei allen Massnahmen vor.

- Verkehrsmassnahmen dienen in erster Linie den Quartierbewohnenden.

- Fernhalten des unbefugten Verkehrs

- Förderung der Fussgängerverbindungen

- Erhaltung der Lebensqualität

- Mitwirkung bei Bauvorhaben, wobei im Dialog besonders darauf geachtet wird, dass alle baulichen Rahmenbedingungen zum Wohle der Quartierbevölkerung eingehalten werden.

- Organisation von Anlässen wie Maikonzert, Samichlaus-Feier, Flohmarkt, Sommerlaube.

Vorstand

- 7 Mitglieder

- Präsident: Ulrich Kriech

Mitgliedschaft/Mitgliederbeiträge

- Mitglieder können alle handlungsfähigen natürlichen oder juristischen Personen werden, die sich für die Belange des ARL interessieren. 

- Einzelmitglieder: CHF 30.—

- Paarmitglieder: CHF 50.—

- Firmen/Institutionen: CHF 80.—

Publikationsorgan

«Aareblick», erscheint im März und November

Weitere Infos

arl-bern.ch

Der Altenberg-Rabbental-Leist ist mit Präsident Ulrich Kriech Mitglied von Dialog Nordquartier, der Quartierkommission des Stadtteils 5.

Dort werden relevante Bau- und Verkehrsprojekte des ARL zuhanden der Stadtbehörden gebündelt und eingebracht. Kleinere Projekte könne der Leist direkt mit den einzelnen städtischen Direktionen besprechen, sagt Ulrich Kriech.

Eines der grösseren Projekte sind die Massnahmen zum Hochwasserschutz. Hier hat die Stadt im Juni 2025 die Quartiervertreter empfangen und über die bevorstehenden Massnahmen informiert.

Dazu der ARL-Präsident: «Dem Bauablauf entsprechend und da unser Abschnitt noch durch Einsprachen blockiert ist, wird zurzeit von einem Baustart im Winter 2030/31 ausgegangen.» Gut Ding will Weile haben …

Untertorbrücke
Blick auf die Untertorbrücke. - Peter Widmer

Ebenfalls ein Dauerbrenner sei die fehlende direkte Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel, bemängelt der Leistpräsident.

Im Stadtentwicklungskonzept (STEK) aus dem Jahr 2016, welches sich mit aktuellen Fragen zur räumlichen Stadtentwicklung beschäftigt, sei ein Senkeltram vorgesehen, welches von der Kornhausbrücke ins Rabbental führen soll.

«Auch die Gelder dafür sind gesprochen!», sagt Ulrich Kriech. Leider hätten mehrere Gespräche mit dem Gemeinderat bisher nichts gebracht. «Einerseits sind wir privilegiert, andererseits abgeschnitten von der Aussenwelt», resümiert er etwas überspitzt.

«Ältere Menschen werden deutlich benachteiligt»

Karin Greischberger sähe eine Möglichkeit, beispielsweise den 30er-Bus, der das Marzili bedient, auch durch das Rabbental fahren zu lassen.

«Solche Fragen werden regelmässig an der Hauptversammlung gestellt», hält sie fest. Um den Ostermundigenbus zu erreichen, müssten die Anwohnenden bis zum Viktoriaplatz hochsteigen, denn während der Woche werde die Haltestelle Kursaal vom Bus nicht bedient, weil Bernmobil zufolge zu wenig Passagier-Frequenz vorhanden sei.

«Gerade ältere Menschen werden deutlich benachteiligt und sind meist aufs Taxi angewiesen», beanstandet Karin Greischberger. Beide Vorstandsmitglieder sind sich einig, dass die Anbindung an den ÖV zurzeit die grösste Herausforderung im ARL darstelle.

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