Bernapark Deisswil: Hans-Ulrich Müller im grossen Interview
Hans-Ulrich Müller ist der bekannteste Firmen-Sanierer der Region Bern. Im Interview sagt er, was ihn motiviert – und welches sein neustes Herzensprojekt ist.

Das Wichtigste in Kürze
- Hans-Ulrich Müller hat zahlreiche Berner Unternehmen saniert.
 - Im Bernapark in Deisswil entstand aus einer Fabrik ein lebendiges Quartier.
 - Mit Projekten wie der Gantrisch Lodge will Müller auch weiterhin Lebensräume schaffen.
 
BärnerBär: Herr Müller, Sie waren früher Banker und sind jetzt Firmen-Sanierer. Was ist Ihre Motivation?
Hans-Ulrich Müller: Es ist die Freude, etwas Sinnvolles zu tun, Arbeitsplätze und wichtiges Know-how zu erhalten. Zudem sind Unternehmer und KMU für unser Land und für unseren Wohlstand sehr wichtig.
BärnerBär: Was treibt Sie an?
Müller: Der Umgang mit Veränderungen und Führung interessiert mich sehr. Gewohnheiten werden oft zum Risiko. Wenn die Strasse zur Sackgasse zu werden droht, muss man ausbrechen, Denkverbote überschreiten und Menschen auf eine Reise mitnehmen können. Zusammen etwas verändern – das treibt mich an.
BärnerBär: Wie gehen Sie dann vor?
Müller: Die Mitarbeitenden von sanierungsbedürftigen Firmen erkennen, dass etwas getan werden muss, und dass sie das wichtigste Element der Lösung sind. Ich konzentriere mich darauf, einfache Fragen zu formulieren. Doch die Antworten können wehtun. Denn man bricht im besseren Fall tatsächlich zu neuen Ufern auf.

BärnerBär: Wann und mit welchem Projekt haben Sie begonnen?
Müller: Mein erstes gewichtiges Engagement begann 1993. Die Fritz Leibundgut AG in Sumiswald, ein bedeutender Arbeitgeber der Region, musste Konkurs anmelden. Gegen hundert Menschen verloren ihre Stelle.
Ich war damals stellvertretender Projektleiter für die Integration der Volksbank in die CS. Trotzdem wollten ein Freund und ich gemeinsam eine Auffanggesellschaft gründen, mit dem Ziel, einen grossen Teil der Mitarbeitenden wieder einzustellen.
BärnerBär: Ist das gelungen?
Müller: Wir präsentierten an der Gläubigerversammlung unser Konzept. Alle Beteiligten waren kooperativ. In der Folge gründeten wir die FL Metalltechnik AG. Zwei weitere Freunde unterstützten mich in der Anfangsphase. Anlässlich des 25-Jahre-Jubiläums 2019 haben wir den Namen von FL Metalltechnik AG in WERK 14 AG geändert. Dank dem Führungsteam und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist WERK 14 eine Erfolgsgeschichte.
BärnerBär: Folgen Sie einer bestimmten Unternehmensphilosophie?
Müller: Ich bin ein Anhänger von Kaizen, der kontinuierlichen, schrittweisen Verbesserung aller Prozesse – und dies durch die Beteiligung aller Mitarbeitenden. Wie dies zum Beispiel im Werk 14 von allen umgesetzt wird, bereitet mir riesige Freude.

BärnerBär: Ihr bei weitem bekanntestes Engagement ist die Kartonfabrik Deisswil in Stettlen. Ursprünglich wollten Sie die Firma, die 2010 von den österreichischen Inhabern geschlossen worden war, nur temporär erwerben und Arbeitsplätze retten. Wie und wann reifte die Idee, Deisswil zu behalten?
Müller: Unsere Ziele waren, allen 253 wieder eingestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Perspektive zu bieten und keine Brache entstehen zu lassen. Nach zweieinhalb Jahren hatten wir die Ziele erreicht. Und ich hatte mich in die Idee verliebt, ein Quartier für modernes Zusammenleben zu schaffen. Eines, wo man wohnen, arbeiten und die Freizeit verbringen kann. Ein Ort, der Freude macht.
BärnerBär: Inzwischen leben hier gut 300 Menschen in 200 Wohnungen, und es gibt rund 500 Arbeitsplätze. Die Schule für Gestaltung hat sich eingemietet, ein Museum, eine Kita, ein Coiffeursalon. Zudem die Redaktion der «Bantiger Post», eine Kaffee-Rösterei, eine Hausarzt- und Kinderarztpraxis und so weiter. Entspricht dieser heutige Stand Ihrer Planung?
Müller: Es ist alles viel besser gekommen – und es ist noch lange nicht fertig. Wir, das Bernapark-Team, zusammen mit Experten, Gemeinde und Kanton haben die Workshops-Ergebnisse in der Vision 2050 Bernapark Deisswil festgehalten. Zusätzlich wurden die Ergebnisse des Mitwirkungsverfahrens in der Gemeinde berücksichtigt.

BärnerBär: Was sieht diese Vision 2050 vor?
Müller: Wir gehen bewusst etappiert vor und werden nur weiter bauen, wenn es eine Nachfrage gibt. Die Bevölkerung von Stettlen hat im Frühsommer 2024 mit über 90 Prozent Ja-Stimmen der Umzonung zugestimmt. Leider fehlt bis heute die Zustimmung des Kantons. Das bedeutet, dass wir vorläufig blockiert sind – und Ausbauarbeiten in bestehenden Gebäuden stoppen mussten.
BernerBär: Die Bernapark AG hat sich zu einem Unternehmen weit über Deisswil hinaus entwickelt. Zum Beispiel gehört ihr das Berghaus Gurnigel. Was haben Sie damit vor?
Müller: Die bisherige Truppenunterkunft des Militärs wird in ein grosses Chalet mit 27 Wohneinheiten, mit Restaurant, Konferenzräumen, und Fitness umgebaut. Zusätzlich entstehen auch im bisherigen Ferienheim vier Wohneinheiten.

BärnerBär: Sie haben Mobiliar und Inneneinrichtungen wie beispielsweise Türen und Lavabos des Park-Hotels Gstaad erworben, das umgebaut wird. Das Material kommt nun im Berghaus Gurnigel zum Einsatz. Wie kamen Sie auf diese originelle Recycling-Idee?
Müller: Das war nicht meine Idee, sondern die unseres Sohnes Philipp und unserer Schwiegertochter Sonia. Wir haben bereits eine Musterwohnung eingerichtet, und die sieht fantastisch aus.
BärnerBär: Die Region des Naturparks Gantrisch, zu dem der Gurnigel gehört, gilt als touristische Problemzone. Glauben Sie an das Potenzial der Region, und wie wollen Sie diese entwickeln?
Müller: Ja, ich bin fest vom Potenzial dieses wunderschönen Gebietes überzeugt und ja, die Entwicklung ist eine grosse Herausforderung. Unter dem Namen «Gantrisch Lodge» wollen wir drei Resorts neues Leben einhauchen. Das Gurnigel Berghaus ist eines davon, das Gurnigelbad und das Ottenleuebad sind die anderen.

BärnerBär: Und was schwebt Ihnen mit der Gantrisch Lodge vor?
Müller: Sich auf dem Gurnigel erholen zu dürfen, ist eigentlich unbezahlbar. Es führt zu mehr Lebensqualität und einem besseren Leben. Ich wünsche mir, dass das allen Besuchern immer wieder bewusst wird. Ich habe bereits viele positive Erfahrungen gemacht. Vor allem mit den Menschen, die im Gurnigelgebiet leben, mit den Gemeinden und lokalen und regionalen Organisationen. Wir alle haben dasselbe Ziel und unterstützen uns gegenseitig.
BärnerBär: Sie sind inzwischen Mitte siebzig, aber immer noch so dynamisch wie eh und je. Wie haben Sie die Nachfolge in der Bernapark AG geregelt?
Müller: Wir haben das Glück, hervorragende Mitarbeitende zu haben, und dass alle drei erwachsenen Kinder tatkräftig mithelfen. So können wir die Vision 2050 Bernapark Deisswil Schritt für Schritt realisieren.








