«Zecken-Superjahre» werden zunehmen: 2020 übertrifft 2018 schon
368 gemeldete Fälle: Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)-Erkrankungen häufen sich. Die Ursache liege nach Experten im Klimawandel.

Das Wichtigste in Kürze
- Es gibt zunehmend mehr Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)-Erkrankungen.
- 2020 übertrifft sogar das Zecken-Superjahr» 2018.
- Bis zum Stichtag 18. August wurden 368 Fälle gemeldet.
Die 375 Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)-Erkrankten im «Zecken-Superjahr» 2018 waren einen Höchststand. Er wird 2020 schon in der noch laufenden Saison des «gemeinen Holzbocks» alias Zecke übertroffen: Bis zum Stichtag 18. August gab es 2020 in der Schweiz bereits 368 gemeldete Fälle.
Die schlechte Nachricht: Die Zahl der Zecken und die von ihnen übertragene Krankheiten werden künftig weiter zunehmen.
Klimawandel sorge für Vermehrung der Zecken
Es ist der Klimawandel, sagt Franz Allerberger, Leiter des Bereichs Humanmedizin in der österreichischen Agentur für Ernährungssicherheit (AGES). Dieser sorgt für eine zunehmende Vermehrung des Holzbocks. Aber auch dafür, dass sich die subtropische Zeckenart Hyalomma marginatum weiter etablieren wird.
Diese Art, die das gefährliche Krim-Kongo-Fieber übertragen kann, wurde in der Schweiz schon 1975 nachgewiesen. Damals hatten Forschende der Universität Neuenburg festgestellt, dass Hyalomma-Zecken mit Zugvögeln in die Schweiz kommen.

«Auch durch die Globalisierung des Tourismus und der Warentransporte können Arten wie die Hyalomma-Zecken in die Schweiz gelangen». Dies sagte der Parasitologe Alexander Mathis von der Universität Zürich der Agentur Keystone-SDA.
Eine Ansiedlung dieser tropischen Zeckenarten in der Schweiz hält der Parasitologe für unwahrscheinlich. «Unsere Winter sind zu kalt, als dass sich Hyalomma-Zecken hier etablieren könnten.» Mit dem Klimawandel könnte sich das aber auf lange Sicht ändern.
Die Maus ist der wichtigste Wirt für Zeckenlarven
«Wir glauben, dass in den kommenden Jahren den von Zecken übertragenen Krankheiten grössere Bedeutung zukommen wird», sagt Allenberger. «Denn einerseits sorgt der Klimawandel mit milderen Wintern für eine Zunahme der Mäusepopulation», dem wichtigsten Wirt für Zeckenlarven.

Ebenfalls wird der Klimawandel dazu führen, «dass der Fichtenbestand deutlich zurückgehen und jener der Buche ebenso deutlich zunehmen wird».
Die Frucht des Baumes, die Buchecker, sind die Hauptnahrungsquelle für mäuseähnliche Tiere. «Je mehr Kleinnager, umso mehr Zecken», lautet die Rechnung.
368 gemeldete Fälle
Die bisherige FSME-Saison würde diese Aussage schon in diesem Jahr stützen, denn es gab bis zum Stichtag 18. August in der Schweiz bereits 368 gemeldete Fälle von FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis). 2019 waren es im Vergleichszeitraum 200 gewesen.
Die prognostizierte Zunahme war Anlass zur Ausrichtung einer Tagung in Österreich am gestrigen Mittwoch. Zu dieser war unter anderem auch Tatjana Avsic-Zupanc vom Institut für Mikrobiologie und Immunologie der Universität Ljubljana in Slowenien eingeladen. Sie hielt einen Vortrag über das sogenannte Krim-Kongo hämorrhagischen Fieber (CCHF).
Etablierung des Krim-Kongo-Fiebers in der Schweiz sei unwahrscheinlich
Könnte mit der Hyalomma-Zecke auch das für den Menschen gefährliche Krim-Kongo-Fieber in die Schweiz eingeschleppt werden und sich hier etablieren? Das hält der Parasitologe Alexander Mathis von der Universität Zürich für äusserst unwahrscheinlich.
«Die Zecken tragen den Erreger nicht automatisch in sich». Das sagte er kürzlich der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. «Sie müssten zunächst in einem Juvenilstadium ein mit dem Krim-Kongo-Erreger infiziertes Tier stechen; erst dann könnte das nächste Entwicklungsstadium der Zecke die Krankheit übertragen.»