Wüstenstaub spielt überraschend grosse Rolle für Zirruswolken
Dank neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen soll zukünftig eine genauere Vorhersage des Klimas möglich sein.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Zirruswolken werden überwiegend von aufgewirbeltem Wüstensand gebildet.
- Wolken sind entscheidend für die Strahlenbilanz der Erde und somit fürs Klima.
- Selbst an den entlegensten Orten wie über der Antarktis konnte Staub gefunden werden.
- Das Verständnis über die Entstehung der Zirruswolken hilft zur genaueren Klimavorhersage.
Zirruswolken haben Einfluss auf den Wärmehaushalt der Erde. Eine grosse Rolle bei der Bildung dieser dünnen, hohen Eiswolken spielt Mineralstaub aus den Wüstengebieten.
Das berichteten Forscher im Fachblatt «Nature Geoscience». Die Wüsten Zentralasiens sind überraschenderweise oft wichtigere Quellen für die Zirruswolkenbildung. Und das, obwohl die Sahara am meisten Staub in die Atmosphäre freisetzt.
Wolken sind ein bedeutender Faktor für die Strahlungsbilanz der Erde und damit fürs Klima. Bei Zirruswolken, die sich in grossen Höhen bilden, überwiegt der Erwärmungseffekt die Kühlung.
Die Wolkenbildung liefert Hinweise zum Klima
Aufgrund ihrer wichtigen Rolle für das Klima versuchen Forscher die Prozesse, die zur Wolkenbildung führen, besser zu verstehen. Dabei spielen sogenannte Aerosole, winzige Teilchen wie Russpartikel, Feinstaub und Meersalz eine zentrale Rolle. An ihnen kann Wasserdampf in der Atmosphäre zu Wolkentröpfchen kondensieren.
Im Nasa-Projekt «Atmospheric Tomography Mission» (ATom) wurden umfassende Flugzeugmessungen von Partikel, Wolken und Gasen in der Atmosphäre durchgeführt. Wüstenstaub zählt demnach zu den am häufigsten vorkommenden Aerosolen in der Atmosphäre. Den Forschenden zufolge gelangen jährlich eine bis vier Milliarden Tonnen Mineralstaub aus den trockenen Regionen der Erde in die Erdatmosphäre.
Sogar an den entlegensten Orten fanden Wissenschaftler Staubpartikel
Viel Wüstenstaub wird durch Niederschläge wieder ausgewaschen, aber ein Teil wird auch in grosse Höhen verfrachtet. Wie die Messungen zeigten, nimmt dabei die durchschnittliche Staubkonzentration zwischen zwei und zwölf Kilometer Höhe stark ab.
«Wir waren überrascht, dass wir fast überall, wo wir geflogen sind, Staubpartikel entdeckt haben. Selbst an den entlegensten Orten wie über der Antarktis, dem Südpolarmeer oder dem fernen Pazifik». Dies erklärte Mitautorin Agnieszka Kupc von der Universität Wien gegenüber der APA.
Dennoch reichen die in grosse Höhen gelangten geringen Konzentrationen von Wüstenstaub aus, um die Bildung von Zirruswolken zu dominieren. Das konnten die Forscher anhand der Messdaten und einem Simulationsmodell zeigen.
So sind in der nördlichen Hemisphäre im Jahresverlauf die Mineralpartikel für 75 bis 93 Prozent der Zirruswolken verantwortlich. Die aussertropischen Gebiete der südlichen Hemisphäre haben einen beträchtlichen Einfluss von Staub auf die Zirruswolkenbildung (etwa 58 bis 71 Prozent).
Wüsten Zentralasiens tragen am meisten zur Wolkenbildung bei
Vergleichsweise gering ist dagegen der Einfluss des Wüstenstaubs in den Tropen und Subtropen. Aufgrund höherer Temperaturen und einer geringeren Staubkonzentration in der oberen Troposphäre. Der Mineralstaub zeichnet dort nur rund 34 bis 63 Prozent der Zirruswolken.
Anhand eines globalen Transportmodells haben die Forscher auch untersucht, welche Wüsten der Erde am meisten zur Zirruswolkenbildung beitragen. «Überraschenderweise sind die Wüsten in Zentralasien oft wichtigere Quellen für die Zirrusbildung als die Sahara», sagte Kupc. Der Wüstenstaub aus Nordafrika, hauptsächlich aus der Sahara, ist zwar für 60 Prozent der globalen Mineralstaub-Emissionen verantwortlich. Doch nur ein kleiner Teil davon gelangt in die obere Troposphäre.
Genauere Vorhersage des Klimas möglich
Im Gegensatz dazu emittieren die zentralasiatischen Wüsten nur etwa 13 Prozent der globalen Masse an Wüstenstaub. Ihr Beitrag zum Staub in der oberen Troposphäre ist aber im Grossteil des Jahres grösser als jener Nordafrikas. Ihr Staub wird durch trockene Konvektion und den asiatischen Sommermonsun in grosse Höhen aufgewirbelt. Die Wüsten der südlichen Hemisphäre in Australien, Afrika und Südamerikas tragen dagegen nur zu wenigen Prozent bei.
Das Verständnis der Rolle von Staub bei der Bildung von Zirruswolken wird dabei helfen, «diese Wolken in Klimamodellen besser darzustellen. Somit kann das künftige Klima genauer vorhergesagt werden». Davon geht Kupc aus.