Für Menschen wächst das Vogelgrippe-Risiko. Doch es bestehe laut WHO Stand jetzt kein Anlass zur Panik.
Nach dem ersten Vogelgrippe-Fall im Kanton Neuenburg werden tote Vögel, die am Seeufer gefunden wurden, auf die Krankheit hin untersucht. (Symbolbild)
Nach dem ersten Vogelgrippe-Fall im Kanton Neuenburg werden tote Vögel, die am Seeufer gefunden wurden, auf die Krankheit hin untersucht. (Symbolbild) - sda - KEYSTONE/AP/MARKUS SCHREIBER
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Das Wichtigste in Kürze

  • Das ausbreitende Vogelgruppevirus H5N1 hat für Menschen Pandemie-Potenzial.
  • Laut Sylvie Brand von der WHO ist das aber kein Anlass zur Panik.
  • Es gibt inzwischen auf fast jedem Kontinent Vogelgrippe-Nachweise.

Kein Zweifel: das sich ausbreitende Vogelgrippe-Virus H5N1 hat Pandemie-Potenzial für Menschen. Die WHO bereitet sich darauf vor, aber jedes Land muss selbst etwas tun, um die Gefahr einzudämmen.

Mit der Ausweitung der Vogelgrippe wächst die Gefahr für eine Ausbreitung unter Menschen – davor warnt die Weltgesundheitsorganisation (WHO). «Das ist kein Anlass zur Panik», sagte die Direktorin der WHO-Abteilung für die Vorbereitung auf Infektionsgefahren, Sylvie Briand.«Aber wir müssen prüfen, wie gut wir vorbereitet sind,» sagte sie am Mittwoch in Genf.

Die Vogelgrippe grassiert derzeit in bislang nicht bekanntem Ausmass: Ausser in Australien und der Antarktis gibt es auf allen Kontinenten Nachweise. Zig Millionen Tiere starben bereits, insbesondere Seevögel. Zudem ist das Virus bei rund 30 Säugetierarten entdeckt worden. Es hat Nerze, Füchse, Waschbären, Marder, Bären und andere Tiere infiziert und getötet.

«Das Virus breitet sich nicht nur aus, es überspringt auch leichter die Artenschranken», sagte Briand. «Das stellt ein höheres Risiko auch für Menschen dar.» Je stärker ein Virus sich ausbreite, desto höher sei auch die Gefahr, dass es sich verändere. Er könne somit auch für den Menschen gefährlicher werden.

Keine schlechte Idee Notfallpläne zu überprüfen

Der WHO wurden seit den ersten tödlichen H5N1-Fällen bei Menschen in Hongkong 1997 insgesamt 873 Fälle gemeldet. 458 der Infizierten starben, sagte der niederländische Virologe Ron Fouchier. Er warnte aber davor, daraus abzuleiten, dass das Virus beim Menschen oft zum Tod führt. Denn Ansteckungen ohne oder mit milden Symptome würden in der Regel nicht gemeldet und daher bei der Berechnung nicht gezählt.

Er sagt: «Eine Pandemie steht vielleicht nicht direkt vor der Tür, aber es wäre keine schlechte Idee, die Notfallpläne zu überprüfen.» Nach FLI-Angaben erst ein Todesfall bei Menschen erfasst: Im Oktober starb eine 38-jährige Chinesin nach Kontakt zu infiziertem Hausgeflügel.

Vorarbeiten für einen Impfstoff für potenzielle Massenimpfungen liefen zwar, sagte Richard Webby vom St. Jude Kinderkrankenhaus in Memphis in den USA. Aber ohne die genaue Art zu kennen, sei es nur möglich, die ersten Bausteine für Impfstoffe anzufertigen.

Das Ebola und das Mpox-Virus sowie höchstwahrscheinlich auch das Coronavirus Sars-CoV-2 sind alle von Tieren auf den Menschen übergesprungen. Warum wächst die Gefahr solcher Zoonosen? «Das hat mit dem menschlichen Verhalten zu tun», sagt Tierärztin May Hokan von der Umweltstiftung WWF der Deutschen Presse-Agentur. Die Ausweitung der Wohngebiete, des Strassennetzes, die Entwaldung – das schränke den Lebensraum wilder Tiere immer mehr ein.

Das Virus befalle viele Arten

Abgesehen von der Gefahr für den Menschen ist die Wissenschaft auch so über die Ausbreitung des Virus unter Wildvögeln besorgt: Das Drama sei, dass das Virus viele Arten befalle. Wie die Wildtier-Expertin Ursula Höfle von der Universität Kastilien-La Mancha in Spanien in einem früheren WHO-Seminar sagte: «Es löscht ganze Kolonien aus, wir müssen mit schweren Folgen für die Biodiversität rechnen.»

Die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt müsse auf allen Regierungsebenen viel stärker zusammen gedacht werden, verlangt die WHO. Sie treibt den Ansatz One Health mit der Vernetzung mit den UN-Organisationen für Agrar, Umwelt und Tiergesundheit voran. Dazu hat sie Regierungen in aller Welt aufgerufen, diesen Grundsatz in ihrer eigenen Politik umzusetzen. Sie sei zuversichtlich, dass dieses Bewusstsein nach der Covid-Pandemie auch in der deutschen Politik angekommen sei, sagte Hokan.

Mareike Petersen vom Verein ProVieh fordert, die Tierhaltung müsse dringend geändert werden, auf kleinere Gruppen. Das verringere die Ausbreitung von Krankheiten und erlaube den Tieren arteigene Verhaltensweisen auszuleben: freies Laufen, Flattern und ungestörtes Ruhen. Die Bedeutung der Geflügelhaltung hält auch FLI-Experte Harder für zentral. Dort gebe es die grössten Schnittstellen mit dem Menschen und das Risiko, dass das Virus direkt auf den Menschen überspringe.

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