2012 hatte das CERN in Zusammenarbeit mit weltweiten Laboren eines der grössten physikalischen Rätsel der Gegenwart gelöst: Das Higgs-Boson wurde entdeckt.
Energiekrise
Der Teilchenbeschleuniger im Cern wird wegen der Energiekrise früher in die Winterpause gehen. - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • 2012 erreichte die Physik einen neuen Meilenstein.
  • Das bereits länger vermutete «Higgs-Boson» konnte im LHC endlich nachgewiesen werden.
  • Ohne das Teilchen wäre das Universum ein anderer Ort. Es verleiht den Atomen ihre Masse.
  • Je stärker ein Teilchen mit dem Higgs-Feld wechselwirkt, desto grösser ist seine Masse.

Das Standardmodell der Teilchenphysik liefert die Erklärung, um die Wechselwirkungen zwischen Elementarteilchen zu beschreiben. Woher die Teilchen allerdings ihre Masse haben, liess sich bis zur Entdeckung des Higgs-Boson darin nicht erklären.

Mit der spektakulären Entdeckung des Higgs-Bosons vor zehn Jahren hat das europäische Kernforschungszentrum CERN für Aufregung gesorgt. Und noch immer birgt das Elementarteilchen Geheimnisse, die Hinweise auf eine Physik jenseits des Standardmodells liefern könnten.

Higgs-Boson
Vor zehn Jahren wurde das lang gesuchte Higgs-Boson experimentell in den Überresten von Teilchenkollisionen nachgewiesen. - sda - KEYSTONE/CERN

Die mehrere Jahrzehnte dauernde Suche nach dem letzten bislang nicht nachgewiesenen Teilchen im Standardmodell der Elementarteilchenphysik schien zu Ende.

Durchbruch vor 10 Jahren

«Ich glaube, wir haben es», sagte der damalige Cern-Generaldirektor Rolf Heuer am 4. Juli 2012. Das neu beobachtete Teilchen war demnach konsistent mit dem Higgs-Boson.

Dieses Teilchen ist äusserst schwer zu fassen. Der Physiknobelpreisträger Leon Ledermann soll es einmal als «goddamn particle» («gottverdammtes Teilchen») bezeichnet haben. Denn das Higgs zerfällt so schnell, dass es jeglicher Detektion entgeht. Nachweisen lassen sich in den Überresten der hochenergetischen Teilchenkollisionen im Large Hadron Collider (LHC) nur seine Zerfallsprodukte.

Seit der Entdeckung des Higgs-Bosons halten Physiker Ausschau nach Zerfällen, die im Standardmodell nicht existieren. Als «mögliches Portal zur neuen Physik» bezeichnet Andreas Hoecker das Higgs-Teilchen gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA denn auch. Er ist Sprecher der Forschungskollaboration Atlas, einem der vier grossen Teilchendetektoren am LHC.

Ohne das Higgs-Boson wäre das Universum ein anderer Ort

Nur ein Sekundenbruchteil nach dem Urknall kondensierte das Higgs-Feld im sich abkühlenden Universum. Seither verleiht es allen Elementarteilchen, die direkt mit ihm wechselwirken, eine Masse. «Ohne das Higgs-Feld wäre unser Universum ein komplett anderer Ort», sagt Hoecker.

Der entsprechende Higgs-Mechanismus wurde bereits Jahrzehnte vor dem experimentellen Nachweis des Teilchens theoretisch vorhergesagt. Der Mechanismus besagt: Je stärker ein Teilchen mit dem Higgs-Feld wechselwirkt, desto grösser ist seine Masse. Das ist eine der wichtigsten Vorhersagen des Standardmodells.

Nach heutigen Erkenntnissen hält sich das Higgs-Boson brav an die Regeln des Standardmodells. Dieses gilt bislang als unfehlbare und zweifellos erfolgreichste Theorie zur Beschreibung des Universums. Dennoch ist die Theorie lückenhaft.

Gibt es den Higgs-Zerfall auch in dunkler Materie?

Dunkle Materie, für die es grosse Evidenz aus astronomischen und kosmologischen Beobachtungen gibt, kommt darin beispielsweise nicht vor. Dies, obschon sie etwa 25 Prozent des sichtbaren Universums ausmacht und fast sechsmal mehr Masse als sichtbare Materie hat.

Tatsächlich wäre es durchaus möglich, dass das Higgs-Boson im LHC auch in dunkle Materieteilchen zerfällt. «Da Dunkle Materie mit nichts wechselwirkt, brauchen wir Tricks, um solche Zerfälle nachzuweisen», sagt der Physiker Hoecker.

Teilchenbeschleuniger am CERN noch leistungsfähiger

Der LHC erfuhr ein Upgrade und wird nun mit noch höherer Energie und Intensität laufen, was die Datenausbeute entsprechend erhöht. «Vielleicht werden wir dann genug Daten sammeln können, um den Higgs-Zerfall in Dunkle Materie indirekt nachweisen zu können», hofft Hoecker.

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