UNO-Experten beschäftigen sich mit Zeit nach Atomkrieg
Die UNO lässt erstmals seit 1988 Auswirkungen eines möglichen Atomkriegs auf Mensch, Gesellschaft und Natur untersuchen. Bis 2027 soll der Bericht vorliegen.

Wie sich ein möglicher Atomkrieg heute auswirken könnte, lassen die Vereinten Nationen erstmals seit dem Jahr 1988 von einem Expertengremium untersuchen. Bis 2027 soll der Uno-Generalversammlung der Abschlussbericht vorgelegt werden.
Gestartet wurden die Arbeiten am Donnerstag, wie die Expertinnen und Experten des «Unabhängigen wissenschaftlichen Gremiums zu den Auswirkungen eines Atomkriegs» am Freitagabend erklärten.
Man wolle «nicht Angst schüren, aber Bewusstsein schärfen, was passieren kann», wenn es eine nukleare Auseinandersetzung gebe – selbst wenn diese lokal begrenzt bleibe, erklärte die frühere stellvertretende Generaldirektorin der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), Ana Maria Cetto Kramis.
Es gehe darum, möglichst viele wissenschaftliche Fakten zu einem Ereignis zu sammeln, das glücklicherweise seit den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki vor 80 Jahren nicht mehr tatsächlich eingetreten ist.
Erster derartiger Bericht seit Kaltem Krieg
Bis 2027 soll der Uno-Generalversammlung der Abschlussbericht vorgelegt werden. Es wäre das erste derart umfassende Papier zu der Thematik seit der letzten einschlägigen Querschnittsstudie, die aus dem Jahr 1988, und damit noch aus Zeiten des «Kalten Krieges», datiert ist.
Seither habe sich viel verändert. Unter anderem habe seit den 1980er Jahren – in denen die nukleare Bedrohung vielleicht greifbarer gewesen sei – die Anzahl der Atomwaffen deutlich zugenommen. «Das ist keine gute Entwicklung», sagte Andrew Haines von der London School of Hygiene and Tropical Medicine.
Gleichzeitig verblasse möglicherweise die Erinnerung an die Auswirkungen der Tschernobyl-Katastrophe im Jahr 1986. So ist es auch Aufgabe des Gremiums, jüngeren Menschen und Entscheidungsträgern bewusst zu machen, was Hiroshima, Nagasaki oder Tschernobyl ausgelöst haben.
«Fundamental verheerend»
Jedes nukleare Ereignis werde fundamental verheerend und globale Auswirkungen nach sich ziehen, betonte Togzhan Kassenova von der US-University Albany. Daher sollte auch in Ländern, die keine Atomwaffen haben und die schon lange in Frieden lebten, konkreter darüber nachgedacht werden. Man wolle also auch eine profundere Diskussion ermöglichen.
Die Analyse soll ein möglichst klares Bild der physischen, gesellschaftlichen und ökologischen Folgen eines möglichen Nuklearkriegs auf lokaler, regionaler und globaler Ebene zeichnen.
Skizziert werden sollen «Klima- und Umwelteffekte, sowie die Auswirkungen der Strahlung» auf die «öffentliche Gesundheit, die weltweiten sozioökonomischen Systeme, sowie die Landwirtschaft und Ökosysteme in den Tagen, Wochen und Jahrzehnten nach einem nuklearen Krieg», hiess es in einer Mitteilung des Uno-Büros für Abrüstungsfragen.