Forscher haben eine Möglichkeit gefunden, Tuberkulosebakterien in den Selbstmord zu treiben. Damit wird ein ganz neuer Behandlungsansatz ermöglicht.
Schule Göttingen. Tuberkulosefall
Die Röntgenaufnahme einer Tuberkulose-infizierten Lunge. (Symbolbild) - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Tuberkulose-Erreger neutralisieren eigene Toxine mit Antitoxinen.
  • Wird das Antitoxin blockiert, begeht die Tuberkulose-Bakterie «Selbstmord».
  • Forscher sehen dies als Ansatz für eine neue Behandlungsmethode der Infektionskrankheit.

Tuberkulose ist eine weltweit auftretende Infektionskrankheit. Sie wird durch Bakterien ausgelöst und befällt beim Menschen meist die Lunge. Laut dem Jahresbericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erkrankten in 2017 rund 10 Millionen Menschen weltweit daran. 1,6 Millionen infizierte Menschen verstarben. Somit ist Tuberkulose eine der am tödlichsten Infektionskrankheiten überhaupt.

Wie viele andere Bakterien bildet der Tuberkulose-Erreger Toxine. Vor diesen muss er sich aber auch selbst schützen, indem er neutralisierende Antitoxine produziert. Ein Team von Forschern aus London, Hamburg (D) und Toulouse (F) hat nun ein Toxin der Tuberkulose-Bakterien identifiziert, dass den Erreger absterben lässt. Es greift ein lebenswichtiges Biomolekül an und zerstört es.

Molekül Selbstmord Toxin Tuberkulose
Die molekulare Struktur des Toxin-Antitoxin-Systems im Tuberkulose-Erreger. - EMBL Hamburg

Selbstmord durch eigenes Toxin

Können die Bakterien das passende Gegengift nicht mehr bilden, um ihr eigenes Toxin abzuwehren, begehen sie also «Selbstmord». Durch genetische Manipulation konnten solche Bakterien geschaffen werden. Tiere, die mit entsprechend unfähigen Erregern infiziert wurden, wiesen eine erhöhte Überlebensdauer auf als bei einer «normalen» Tuberkulose.

Tuberkulose Maus Toxin Selbstmord
Infizierte Tiere überlebten länger, wenn das Antitoxin das Toxin nicht neutralisieren konnte. - keystone

Nun will das Forschungsteam die Suche nach Wirkstoffen beginnen, die das Antitoxin blockieren. Somit würde das Toxin-Antitoxin-System gestört werden. Diese neuartige Behandlungsstrategie könnte bei einer Vielzahl von anderen Infektionskrankheiten auch wirksam werden.

Neue Behandlungsstrategie am Horizont

Matthias Wilmanns, Leiter der Wilmanns-Gruppe am EMBL in Hamburg, äussert sich in der Fachzeitschrift «Molecular Cell» positiv gegenüber der Entwicklung: «Gemeinsam mit unseren Forschungspartnern wollen wir nun besser den natürlichen Mechanismus verstehen, der zur Befreiung des für das Tuberkulosebakteriums tödlichen Toxins von seinem Gegengift führt und es somit aktiviert.»

«Sollte uns dies gelingen, könnte dies ein neuartiger und vielversprechender Ansatz zur Behandlung von TB und anderen Infektionskrankheiten sein», schreibt Wilmanns.

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