Laut einer Studie ist die Zahl der Demokratien unter Schwellen- und Entwicklungsländern zurückgegangen. Gleichzeitig wächst die Ungleichheit.
Wahlen
Wahlen sind ein zentraler Aspekt von Demokratien. (Archivbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Von 137 Schwellen- und Entwicklungsländern sind die Mehrheit Autokratien.
  • Rechtstaatlichkeit und Freiheitsrechte werden abgebaut, Ungleichheit wächst.
  • Corona hat seinen Anteil daran, den Regierungen fehlt aber der Wille, entgegenzuwirken.
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Die Demokratie verliert einer internationalen Analyse zufolge an Boden, autoritär geführte Länder nehmen zu. Unter 137 Entwicklungs- und Schwellenländern seien 67 Staaten als Demokratien und inzwischen 70 Staaten als Autokratien einzustufen, hiess es im «Transformationsindex 2022» der Bertelsmann Stiftung (BTI).

Auch bei der Wirtschaftsentwicklung zeige die Kurve stark «nach unten». Man habe einen «Tiefstand an politischer und wirtschaftlicher Transformation» seit der ersten Erhebung 2004 gemessen. Das sei auch das Ergebnis der weltumspannenden Corona-Krise und setze zugleich einen seit längerem anhaltenden Trend fort.

Die Stiftung hatte für die aktuelle Auswertung die Entwicklung der 137 Länder im Zeitraum Februar 2019 bis Januar 2021 auf Basis von Expertenberichten bewertet. Ergebnis: Vielerorts wurden Rechtsstaatlichkeit und Freiheitsrechte weiter abgebaut, ökonomische Ungleichheit wachse. In 78 Staaten sei es zu einem deutlichen Einbruch der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gekommen.

Studie: Regierungen fehlt Wille, Verarmung entgegenzuwirken

«Die Pandemie war für alle Regierungen ein extremer Stresstest, der Probleme und Fehlentwicklungen verschärfte», betonte die am Mittwoch veröffentlichte Untersuchung. «Vielen Regierungen fehlt aber vor allem der politische Wille, Verarmung und sozialer Ausgrenzung entgegenzuwirken.» In 80 Ländern herrsche «massive, strukturell verankerte Ausgrenzung». Vor allem Autokratien nutzten die Pandemie, um Grundrechte weiter zu beschneiden.

Als «gut regierte Demokratien» nennt der Index etwa Uruguay, Estland, Taiwan, Litauen, Tschechien oder auch Kroatien, Südkorea und Botswana. Hingegen werden Brasilien, Bulgarien, Indien, Serbien, Ungarn und Polen – vor wenigen Jahren noch als Demokratien bewertet – werden jetzt nur noch als «defekte Demokratien» bezeichnet.

Sieben Länder sind seit der letzten Analyse von 2018 neu als Autokratien eingestuft, darunter Mali, Nigeria und Tansania. Russland und China sieht der Index als «Hartliner-Autokratien». Dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan wird «autoritärer Islamismus» bescheinigt.

Die Stiftung hob hervor: Zivilgesellschaftliche Akteure seien oft «die letzte Bastion im Kampf gegen Autokratisierung» – so in Belarus, Myanmar oder im Sudan. Sie forderten vehement Reformen oder stemmten sich gegen Korruption und Amtsmissbrauch.

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