Killerbakterien töten Nachbarzellen und saugen sie aus
Forscher der ETH Zürich haben entdeckt, wie bestimmte Bakterien ihre Nachbarzellen töten und aussaugen.

Gewisse Bakterien können mit einer besonderen molekularen Waffe ihre Nachbarzellen töten und sie danach aussaugen. Das haben Forscherinnen und Forscher der ETH Zürich und der Eawag herausgefunden.
Die Forschenden hatten bei zwei verschiedenen Bakterienarten unter dem Mikroskop beobachtet, wie sich die Zellen der einen Art aufzulösen begannen, wenn sie mit der anderen Art in Kontakt kamen, wie die ETH am Freitag mitteilte. Bei beiden Bakterien handelte es sich um stäbchenförmigen Vibrio-Bakterien, die meist im Meer leben.
Die zwei Arten unterschieden sich unter anderem dadurch, dass die eine Art einen Proteinkomplex bilden kann, das sogenannte Typ-6-Sekretionssystem (T6SS). Mit dieser Waffe können die Bakterien andere bekämpfen. Sie selber sind aber immun dagegen.
Dieses T6SS müsse man sich als eine Art Speer mit einer giftigen Spitze vorstellen, sagte Martin Ackermann, Professor für Mikrobielle Systemökologie an der ETH und der Eawag gemäss der Mitteilung. Der Speer werde dann von den Killerbakterien in die Nachbarzellen abgeschossen und durch das Gift würden diese getötet.
Das Geheimnis des bakteriellen Kampfsystems
Bei Versuchen mit unterschiedlich ernährten Bakterien stellten die Forscherinnen und Forscher zudem fest, dass Killerzellen ihre Speere mit verschiedenen Giften beladen können. Wenn die Killerzellen ausgehungert waren und in ihrer Nachbarschaft gut genährte Opferzellen vorfanden, sorgten sie dafür, dass sich die Beutezelle nur langsam – innerhalb von rund 90 Minuten – entleerte. So konnten die Killerzellen möglichst viele Nährstoffe aufnehmen, wie Mitautor Glen D'Souza zitiert wird.
Wenn jedoch beide Zelltypen gut versorgt waren, lösten sich die Opferzellen viel schneller – innerhalb von 20 Minuten – auf und ihre Bestandteile verteilten sich in der Umgebung. Damit sorgten die Killerzellen dafür, dass ihnen die Beutezellen nicht die Nahrung in der Umgebung streitig machten.
Bei der Analyse von DNA-Sequenz-Datenbanken aus verschiedenen Lebensräumen habe sich gezeigt, dass den Vibrio-Bakterien mit T6SS-Genen im Gegenzug oft die Gene für die Verstoffwechselung von komplexen Kohlenhydraten fehlten. Deshalb seien diese Killerbakterien «genetisch darauf optimiert, von einfach nutzbaren Molekülen wie Zellsaft benachbarter Bakterienzellen zu leben», hiess es.
Die Rolle der Killerbakterien in Ökosystemen
Die Forschenden seien auch noch auf mehr Arten gestossen, welche dieses Killer-Verhalten zeigten. Das T6SS sei «praktisch überall zu finden», sagte Ackermann. Den grössten Anteil an T6SS-positiven Bakterien hätten sie rund um die Pflanzenwurzeln im Boden gefunden, wo ein sehr enger Kontakt zwischen vielen verschiedenen Mikroben herrsche.
Die Forschenden vermuten, dass die Killerbakterien im Nährstoffkreislauf von Ökosystemen eine wichtige Rolle spielen. Denn wenn sich ihre Nachbarn langsam auflösen, können die Killerzellen wichtige Nährstoffe behalten, die sonst in die Umwelt oder an andere Lebewesen im mikrobiellen Nahrungsnetz verloren gingen. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht.