Alzheimer: Warum Frauen doppelt so oft erkranken
Zwei Drittel aller Alzheimer-Patienten sind weiblich. Forscher finden gleich mehrere biologische Faktoren als Ursache für das höhere Risiko.

Frauen erkranken deutlich häufiger an Alzheimer als Männer, berichten Forscher vom Universitätsklinikum des Saarlandes. In Deutschland sind etwa 800'000 der insgesamt 1,2 Millionen Betroffenen weiblich, meldet «healthcare-in-europe.com».
Die höhere Lebenserwartung allein erklärt dieses Ungleichgewicht nicht. Auch bei gleichaltrigen Frauen und Männern zeigt sich die Demenz bei Frauen oft weiter fortgeschritten.
Durchblutung als kritischer Faktor bei Alzheimer
Durchblutungsstörungen treten bei 80 Prozent der Alzheimer-Erkrankten auf, schreibt das «Frauengesundheitsportal». Der Abbau von Perizyten, die den Blutfluss regulieren, führt zu Sauerstoffmangel im Gehirn.
Die steuernden Gene liegen auf den Geschlechtschromosomen und werden geschlechtsspezifisch reguliert. Nach der Menopause verdoppelt sich bei Frauen die Häufigkeit von Herzerkrankungen und Schlaganfällen nahezu.
Der vaskuläre Aspekt sei entscheidend für das Verständnis der geschlechtsspezifischen Unterschiede, betonen Forscher, so das «Frauengesundheitsportal».
Nervenschutz bei Frauen schwächer
Oligodendrozyten schützen Nervenzellen und ermöglichen schnellen Informationsaustausch im Gehirn. Bei Alzheimer-erkrankten Frauen werden diese Zellen offenbar weniger stark aktiviert als bei Männern, schreibt «aponet.de».
Die Schutzschicht bleibt dadurch weniger gut erhalten. Gene in den Fortpflanzungsorganen steuern vermutlich diese geschlechtsspezifischen Prozesse.
X-Chromosom beeinflusst Immunsystem
Mikrogliazellen sind die Immunabwehr des Gehirns und bauen schädliche Proteinablagerungen ab. Im Krankheitsverlauf erschöpfen sich diese Zellen und verursachen chronische Entzündungen, meldet die «Pharmazeutische Zeitung».
Viele Gene für Immunreaktionen liegen auf dem X-Chromosom, erklärt Yang Liu. Frauen besitzen zwei X-Chromosomen, Männer nur eines plus ein Y-Chromosom mit wenigen Genen.
Hormonhaushalt spielt zentrale Rolle
Der sinkende Östrogenspiegel in den Wechseljahren erhöht das Alzheimer-Risiko zusätzlich. Das Hormon Estradiol beeinflusst die Regulierung des wichtigsten genetischen Risikofaktors ApoE4, schreibt die «Alzheimer Forschung Initiative».
Frauen mit einer reproduktiven Phase von nur 21 bis 34 Jahren hatten ein deutlich höheres Demenzrisiko. Dies ergab eine Studie der US-Krankenversicherung Kaiser Permanente.

Gesundheitsstörungen wie Depressionen oder Adipositas wirken sich zudem bei Frauen stärker auf den kognitiven Abbau aus. Das haben Neurowissenschaftler in zahlreichen Studien belegt, berichtet «riffreporter.de».
Gendermedizin wird wichtiger
Obwohl Frauen und Männer heute gleichberechtigt in klinischen Studien vertreten sind, werden geschlechtsspezifische Auswertungen oft vernachlässigt.
Dabei werden zumeist Männer als medizinischer Massstab gesetzt. Geschlechtsspezifische Unterschiede müssten bei der Behandlung stärker berücksichtigt werden, fordern Experten.
Nur so kann die medizinische Forschung für Männer und Frauen gleichermassen vorangetrieben werden.








