Wladimir Putin

Wladimir Putin kann gegen Europa «keinen Krieg gewinnen»

Ein echter Angriff sei unwahrscheinlich, sagen Experten. Doch Drohnen nütze Wladimir Putin innenpolitisch und schwäche Europas Unterstützung für die Ukraine.

Putin
Wladimir Putin inszeniert sich gerne als starker Mann – mit Uniform und gepfefferten Drohungen. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Vor ihrem Gespräch liess Wladimir Purin die US-Gesandten Witkoff und Kushner lange warten.
  • Experten sind sich uneins, ob es sich tatsächlich um eine Machtdemonstration handelt.
  • Klar ist hingegen: Putins Kriegsdrohung gegen Europa sollte man nicht allzu ernst nehmen.

Als Steve Witkoff und Jared Kushner am Dienstag in Moskau landen, ist für die Amerikaner vor allem eines angesagt: Warten.

Denn Wladimir Putin, der andere Protagonist der angesetzten Ukraine-Gespräche, ist zu diesem Zeitpunkt anderweitig beschäftigt und spricht auf einem Bankenforum.

Die Zeit vertreiben sich die US-Gesandten bei einem Nebelspaziergang mit Kirill Dmitrijew.

Putins Sondergesandter führt sie über den festlich geschmückten Roten Platz. Erst um 19.47 Uhr öffnet sich die Tür zum Kreml.

Die Gespräche dauern mehr als fünf Stunden. Putins aussenpolitischer Berater Jurij Uschakow erklärt danach, es gebe «noch keine Kompromisslösung». Einige US-Vorschläge seien akzeptabel, andere nicht.

Bereitet dir die russische Drohkulisse Sorgen?

Und Dmitrijew sagt auf eine Journalistenfrage: «Auf jeden Fall sind wir nicht weiter vom Frieden entfernt als davor.» Weniger diplomatisch ausgedrückt: Das Treffen war für die Katz.

Witkoff fährt anschliessend in die US-Botschaft, um Präsident Donald Trump zu informieren. Der US-Präsident muss seine Hoffnung auf eine rasche Einigung abermals begraben.

Wladimir Putin tritt in Militäruniform auf – und droht

Neben dem mageren Ergebnis fällt auch Putins aggressives Gebaren vor dem eigentlichen Treffen auf. Er schiebt Europa öffentlich die Schuld für das Stocken der Friedensbemühungen zu.

Die Europäer seien «Kriegstreiber», wettert der russische Präsident. Russland wolle allein mit den USA verhandeln.

Wladimir Putin
Wladimir Putin stellt eine Drohkulisse auf, um seine Forderungen durchzusetzen. - keystone

Zugleich droht er, Russland sei jederzeit bereit, gegen Europa zu kämpfen, falls dieses einen Krieg beginne.

Am Vorabend des Treffens lässt der Kreml zudem ein Video verbreiten, das Putin in Militäruniform mit hochrangigen Generälen zeigt. Sie berichten von Erfolgen an der Front. Putin erklärt, der militärische Druck sei erhöht worden.

Experte: Putin «ist berüchtigt für sein arrogantes Verhalten»

Für viele Beobachter fügt sich auch das demonstrative Wartenlassen der US-Emissäre in dieses Bild ein: Russland zeigt Stärke, bestimmt den Takt – und signalisiert, wie wenig Eile es mit Zugeständnissen hat.

Diese Lesart teilt auch der St. Galler Osteuropa-Historiker Ulrich Schmid.

«Wladimir Putin ist berüchtigt für sein arrogantes Verhalten gegenüber Kreml-Besuchern. Solche Wartezeiten dienen dazu, den Gesprächspartnern ein Autoritätsgefälle zu signalisieren», sagt er.

Ulrich Schmid Uni Stgallen
Ulrich Schmid ist Professor für Osteuropastudien an der Universität St. Gallen. - keystone

Dazu passe auch der Auftritt in Uniform. «Damit signalisiert er, dass Russland angeblich von einer Position der militärischen Stärke aus verhandelt», erklärt Schmid.

Zugleich verweist er auf gezielte Verzerrungen: In den letzten Wochen habe Russland immer wieder unzutreffende Berichte von der Front verbreitet. Dadurch solle die Lage der Ukrainer schlechter dargestellt werden, als sie tatsächlich ist.

«Russland will Problem Ukraine möglichst bald ‹beseitigen›»

Anders fällt die Interpretation des Freiburger Politologen und Osteuropa-Kenner Nicolas Hayoz aus.

Seiner Einschätzung nach ist das Wartenlassen für einmal nicht als Machtdemonstration oder typische Unhöflichkeit Putins zu werten.

Nicolas Hayoz
Nicolas Hayoz ist emeritierter Professor für Politikwissenschaft an der Universität Fribourg und Experte für den Krieg in der Ukraine. - Universität Fribourg

Vielmehr habe bei dem Treffen mit Witkoff und Kushner die wirtschaftliche Umrahmung im Vordergrund gestanden.

Die Amerikaner sollten Zeit erhalten, sich mit Dmitrijew «über Kooperation im wirtschaftlichen Bereich» auszutauschen, erklärt Hayoz.

Experte: Putin nimmt nur die Amerikaner ernst

Die Sightseeing-Tour bot dafür den passenden Rahmen: Moskau als Bühne des Normalbetriebs, der Krieg wie ausgeblendet.

Die Absicht dahinter sei klar: Russland wolle möglichst rasch zum «business as usual» mit den Amerikanern zurückkehren. Mit grossen Projekten und grossen Deals.

donald trump
US-Präsident Donald Trump. Wladimir Putin will nur mit ihm verhandeln, die Europäer nimmt er laut einem Experten nicht ernst. - keystone

Die Ukraine sei dabei eher ein Störfaktor. «Man schaut auf die russisch-amerikanischen Kooperationsperspektiven und möchte das Problem Ukraine möglichst bald ‹beseitigen›», sagt Hayoz.

Für den Experten steht fest: Die Amerikaner sind die einzigen, die Wladimir Putin ernst nehmen: «Er weiss, wie Trump tickt und wie er ihn umgarnen muss. Er weiss, dass er dem an Profiten und Deals interessierten Trump etwas bieten muss, das in diese Richtung geht.»

«Putin hat nicht die Ressourcen, einen europäischen NATO-Staat anzugreifen»

In einem Punkt sind sich beide Experten einig: Putins Kriegsdrohungen gegen Europa sind vor allem Rhetorik und strategisches Druckmittel – und keine realistische Angriffsvorbereitung.

Hayoz ordnet die Drohungen eindeutig als Teil einer propagandistischen Doppelstrategie ein. Nach innen solle der Eindruck entstehen, Wladimir Putin wolle eigentlich Frieden, werde aber von Europa daran gehindert. Nach aussen gehe es um gezielte Verunsicherung.

Hayoz stellt unmissverständlich klar: «Gegen Europa kann Putin keinen Krieg führen, geschweige denn einen solchen gewinnen.»

Russland
Wenn Europa selbst aufrüstet, statt die Ukraine zu unterstützen, hilft das Putin im Ukraine-Krieg. Abgebildet: Russische Soldaten im ukrainischen Donetsk. - keystone

Längst real sei stattdessen ein hybrider Krieg: mit Cyberangriffen, Desinformation und politischer Einflussnahme. Die Drohkulisse diene primär dazu, Europa zu spalten und als «Kriegstreiber» zu brandmarken.

Auch Schmid hält einen direkten militärischen Angriff auf NATO-Staaten für ausgeschlossen. «Mittelfristig hat Putin gar nicht die Ressourcen, einen europäischen NATO-Staat anzugreifen.»

Gibt es in der Ukraine bald Frieden?

Doch er sieht einen klar berechneten kurzfristigen Nutzen der Eskalationsrhetorik: Die Drohungen sollen innenpolitische Debatten in Europa verschieben.

Denn Wladimir Putin mobilisiere gezielt jene Kräfte, die mehr Geld für Aufrüstung fordern statt für die Unterstützung der Ukraine. «Das verschafft ihm einen Vorteil auf dem Schlachtfeld.»

Kommentare

User #4140 (nicht angemeldet)

Wann werdet ihr nüchters fürs Betrachten? Europa liefert Waffen & Cä$h an die Ukraine. Europa ist längst Teil des Krieges.

User #4109 (nicht angemeldet)

Nicht die russische, die westliche Drohkulisse welche den statusquo um jeden Preis erhalten möchte, bereitet mir sorgen. Vom heutigen geopolitischen System profitiert die Welt maximal, während die Länder der Erde geplündert werden.

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