Wie steht die Linke zu Russland? Votum zum Parteitagsfinale

Das Wichtigste in Kürze
- Die Linke will zum Abschluss ihres Bundesparteitags in Erfurt heute ihre Linie zu Russland, zum Ukraine-Krieg und zur Nato abstecken.
Die Abstimmung zum Thema wurde aus Zeitnot auf den letzten Tag des Treffens geschoben, da die Wahl des 26-köpfigen Vorstands länger dauerte als gedacht.
Bereits gewählt ist das neue Spitzenduo: die bisherige Parteichefin Janine Wissler und der Europapolitiker Martin Schirdewan. Die Partei erhofft sich von ihnen einen Neuanfang nach Wahlniederlagen und Streit.
Wagenknechts Position findet keine Mehrheit
«Wir haben verstanden als Linke», sagte Schirdewan am Samstagabend. «Wir sind wieder da.» Stärker als bisher werde sich die Linke um die «Brot-und-Butter-Themen» kümmern, die die Menschen bewegten - etwa explodierende Energie- und Lebensmittelpreise und hohe Mieten. Wissler sagte, sie freue sich auf die Zusammenarbeit mit Schirdewan. «Wir kennen und wir mögen uns. Und wir wissen, wo wir hinwollen.»
Die Beratungen zu den aussenpolitischen Positionen der Linken mit Blick auf Russland und den Ukraine-Krieg waren am Samstag unterbrochen worden. Nur ein Zwischenergebnis gab es: Der Antrag einer Gruppe um die Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht, der die Mitverantwortung der Nato im Vorlauf zum Ukraine-Krieg betonte, fand bei den Delegierten keine Mehrheit. Der Vorstandsantrag kritisiert die Nato ebenfalls, weist die Kriegsschuld aber eindeutig Russland zu. Der russischen Führung wird eine imperialistische Politik vorgeworfen.
Es geht um Grundsätzliches
Für die Linke ist das ein Grundsatzstreit. Vor dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar hatten viele in der Partei Verständnis für russische Interessen geäussert. Das gültige Parteiprogramm verlangt die Auflösung der Nato, die durch ein «kollektives Sicherheitssystem unter Beteiligung Russlands» ersetzt werden solle. Nun heisst es im Antrag der Parteiführung, für den auch Wissler warb: «Wir treten langfristig für eine globale Friedensordnung unter Einschluss aller Akteure ein, auch wenn dies durch den russischen Angriff auf die Ukraine aktuell unmöglich erscheint.»
Über den Antrag, zu dem noch einige Änderungswünsche vorliegen, sollen die rund 570 Delegierten am Sonntag als Ganzes abstimmen. Sie tagen seit Freitag in der thüringischen Landeshauptstadt. Die Partei hatte nicht nur bei der Bundestagswahl, sondern auch bei den jüngsten Landtagswahlen Stimmenverluste eingefahren. Zudem erschütterten interner Streit und Sexismusvorwürfe die Partei.