Verurteilung von Ärztin Hänel wegen Abtreibungswerbung aufgehoben

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Deutschland,

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat die Verurteilung der Ärztin Kristina Hänel wegen illegaler Werbung für Abtreibungen aufgehoben.

Ärztin Kristina Hänel
Ärztin Kristina Hänel - dpa/dpa/picture-alliance/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Landgericht Giessen muss neu verhandeln - Hänel will vor das Verfassungsgericht.

Zu ihren Gunsten sei der im März geänderte Strafrechtsparagraf 219a anzuwenden, entschied das OLG am Mittwoch. Hänel sieht in der Entscheidung allerdings keinen Erfolg. Sie müsse jetzt eine «Ehrenrunde» vor dem Landgericht Giessen drehen, bevor die Frage vor dem Bundesverfassungsgericht geklärt werden könne, sagte sie dem Hessischen Rundfunk.

Hänel war zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil sie auf ihrer Homepage über Möglichkeiten des Schwangerschaftsabbruchs informierte. Das OLG verwies den Fall zur erneuten Verhandlung zurück an das Landgericht Giessen.

Der Fall der Ärztin hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Sie wurde verurteilt, weil die Information über Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland weitgehend verboten ist. Durch den im März in Kraft getretenen Paragrafen 219a sollte aber Klarheit darüber geschaffen werden, wann Ärzte, Krankenhäuser und andere Einrichtungen straflos über Schwangerschaftsabbrüche informieren können.

Diese Gesetzesänderung muss nach Ansicht des OLG auch im Fall von Hänel berücksichtigt werden. Es lasse sich nicht ausschliessen, dass die von ihr veröffentlichten Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bei Anwendung des neuen Rechts straflos wären. Deshalb müsse darüber vor dem Landgericht Giessen nochmals verhandelt werden.

Hänel sagte im Hessischen Rundfunk: «Das OLG Frankfurt hat sich um die Entscheidung gedrückt.» Die Frage laute, ob auch nach dem neuen Paragraf 219a ihre Informationen weiter strafbar seien. Die Antwort sei eigentlich ganz klar, die Informationen seien weiter strafbar. Dies habe auch jüngst ein Urteil des Berliner Amtsgerichts gegen zwei Ärztinnen gezeigt.

Hänel sagte, deshalb könne das Landgericht Giessen gar nicht anders entscheiden, sondern habe nur die eine Chance, den Fall dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. «Ich will ja zum Bundesverfassungsgericht, damit das endlich mal geklärt wird», betonte sie.

Die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag, Elisabeth Winkelmeier Becker, erklärte, die Neuregelung des Paragrafen 219a vom März sei nach wie vor tragfähig: «Es ist gut, dass die Neuregelung für alle Seiten rechtssicher abgrenzt, was geht und was nicht geht und notwendige Informationen gewährleistet.»

Die Grünen sehen in der Urteilsaufhebung keinen Grund zur Freude. Klar sei nur, dass der Fall neu geprüft werden müsse. Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik, und Katja Keul, Sprecherin für Rechtspolitik, erklärten, die Reform des Paragrafen 219a habe nicht zu mehr Informations- oder Rechtssicherheit geführt. «Ärztinnen und Ärzte werden weiterhin kriminalisiert, wenn sie sachlich auf ihrer Homepage über Schwangerschaftsabbrüche informieren.» Deshalb müsse der Paragraf gestrichen werden.

Auch der stellvertretende FDP-Fraktionschef Stephan Thomae forderte «dringend», den Paragrafen ganz abzuschaffen. «Es ist absurd, dass sachliche Informationen von Ärzten strafbares Unrecht darstellen, dieselben Informationen von Beratungsstellen hingegen staatlicher Auftrag sind.»

Der Forderung nach einer Abschaffung des Strafrechtsparagrafen schloss sich auch der Sozialverband Arbeiterwohlfahrt (AWO) an. Das Urteil des OLG zeige, dass es eine unklare Rechtslage gebe. Nur die Streichung des Paragrafen werde zu einer Verbesserung der Situation führen.

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