Der ungarische Wirtschaftswissenschaftler Janos Kornai ist im Alter von 93 Jahren in Budapest gestorben. Dies berichtete die ungarische Nachrichtenagentur MTI am späten Montagabend unter Berufung auf Angehörige.
harvard
Die Harvard Universität in den USA. - GETTY IMAGES NORTH AMERICA/AFP/Archiv
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Kornai war unter anderen emeritierter Professor der US-Universität Harvard und der Budapester Corvinus-Universität.

Er war einer der bedeutendsten Theoretiker - und Kritiker - der Mangelwirtschaft im Kommunismus sowie ein scharfsinniger Analytiker der wirtschafts- und sozialpolitischen Entwicklungen in den post-kommunistischen Transformationsgesellschaften.

In seinen Studien wandte Kornai immer wieder mathematische Methoden für die Modellierung des Wirtschaftsgeschehens an. Eine zentrale Rolle in seinen Überlegungen spielte die Gleichgewichtstheorie. Diese untersucht gesamtwirtschaftliche Gleichgewichtszustände, die demnach für das Funktionieren von Volkswirtschaften massgebend sind.

Als Kritiker der Planwirtschaft stiess er in seiner bis 1989 kommunistischen Heimat Ungarn dogmatische Kommunisten vor den Kopf, während seine Analysen jene Reformkommunisten inspirierten, die den realen Sozialismus von einer Plan- in eine Marktwirtschaft überführen wollten.

Der von ihm geprägte Begriff der «weichen Budgetbeschränkung» - wenn etwa Staatskonzerne oder staatlich unterstützte Unternehmen bei ihren Ausgaben keine rationalen Kriterien anwenden oder anwenden müssen - erwies sich auch für die Beschreibung der Wirtschaftspolitik in westlichen Demokratien als fruchtbar.

Auf Deutsch erschienen von Kornai unter anderen «Anti-Äquilibrium. Über die Theorie der Wirtschaftssysteme und die damit verbundenen Forschungsaufgaben» (1975) und - gemeinsam mit Ralf Dahrendorf - «Die Zukunft des Wohlfahrtsstats» (1996). Sein Hauptwerk mit dem ungarischen Titel «A hiany» (Der Mangel) erschien unter dem Titel «Economics of Shortage» (1980) in zwei Bänden auf Englisch.

Kornai war in den letzten Jahren mehrfach als Anwärter für den Wirtschaftsnobelpreis genannt worden.

Ad
Ad