Überlebende von Kindertransporten erhalten Entschädigung
Jüdische Minderjährige wurden im Zweiten Weltkrieg von ihren Familien entrissen, um vor der NS sicher zu sein. Nach 80 Jahren erhalten sie eine Entschädigung.

Das Wichtigste in Kürze
- Im Zweiten Weltkrieg wurden rund 10'000 jüdische Kinder ins sichere Ausland gebracht.
- Viele von ihnen sahen ihre Familie nie wieder. Sie werden heute Montag entschädigt.
80 Jahre nach den ersten Kindertransporten jüdischer Minderjähriger ins sichere Ausland erhalten die Überlebenden eine einmalige symbolische Entschädigung von 2500 Euro (2800 Franken). Darauf einigten sich das deutsche Finanzministerium und die Jewish Claims Conference (JCC), wie beide Seiten heute Montag mitteilten.
Damit solle das «besondere Schicksal dieser Kinder gewürdigt werden», die noch in Friedenszeiten ihre Familien verlassen mussten – «in vielen Fällen, ohne sie jemals wiederzusehen», erklärte das Finanzministerium.
Mit den Transporten wurden rund 10'000 jüdische Kinder nach der Reichspogromnacht am 9. November 1938 aus Deutschland und von Deutschland annektierten oder besetzten Gebieten in sichere Staaten gebracht. In den meisten Fällen war das Grossbritannien.
Kein Wiedersehen
Die Jewish Claims Conference hob die oft tragischen Umstände hervor, häufig habe es «herzzerreissende Szenen auf Bahnsteigen» gegeben, wo die Kinder oft aus den Armen ihrer Eltern gerissen wurden und diese in fast allen Fällen nie wieder gesehen hätten.
Mit der symbolischen Entschädigung erhielten die Überlebenden «jetzt ein kleines Mass an Gerechtigkeit», erklärte Stuart Eizenstat, Verhandlungsführer der JCC. Greg Schneider von der JCC ergänzte, damit sei eine «schmerzliche Lücke» in den Entschädigungsregelungen geschlossen worden. Die Verteilung der Mittel nimmt die JCC vor. Der Kindertransportfonds wird nach Angaben der JCC am 1. Januar starten.
Das Finanzministerium betonte, Deutschland stehe «auch weiterhin zu seiner historischen Verantwortung für die durch das NS-Unrechtsregime verfolgten Menschen». Jährlich werden demnach weiterhin Zahlungen von insgesamt über einer Milliarde Euro (1,1 Milliarden Franken) an die Überlebenden geleistet. Bis Ende 2017 wurden Entschädigungen für nationalsozialistisches Unrecht in Höhe von über 75 Milliarden Euro (85 Milliarden Franken) gezahlt.