In vier deutschen Städten gibt es bislang Diesel-Fahrverbote. Doch halten sich die betroffenen Autofahrer daran? Und wie häufig wird die Einhaltung des Verbots kontrolliert?
Schilder weisen in der Heinrichstrasse in Darmstadt auf das Diesel-Fahrverbot hin. Foto: Guido Schiek/dpa
Schilder weisen in der Heinrichstrasse in Darmstadt auf das Diesel-Fahrverbot hin. Foto: Guido Schiek/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Bei Kontrollen der Dieselfahrverbote in vier deutschen Städten sind bislang mehr als 16.000 Verstösse festgestellt worden.
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Die meisten Autofahrer wurden in Darmstadt ertappt, dort waren es gut 13.000, gefolgt von Stuttgart mit knapp 3000, wie Anfragen der Deutschen Presse-Agentur bei den zuständigen Behörden ergaben. Stuttgart ist die einzige Stadt in Deutschland, in der für ältere Diesel ein Fahrverbot im gesamten Stadtgebiet gilt. In Darmstadt, Hamburg und Berlin ist die Durchfahrt einzelner Strassen nicht gestattet.

Die Summe der verhängten Bussgelder beläuft sich inklusive Gebühren auf etwa 1,6 Millionen Euro, wobei noch nicht feststeht, wie viele der Bussgeldbescheide am Ende rechtskräftig sein werden. Ziel der Fahrverbote ist es, die Stickoxid-Belastung zu verringern. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) setzt sich mit Klagen vor Gerichten dafür ein, dass die Kommunen mehr für eine bessere Luftqualität tun.

In Stuttgart ist die Luftbelastung mit Stickstoffdioxid (NO2) im vergangenen Jahr deutlich gesunken, überschreitet allerdings immer noch den Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. In Darmstadt ergab eine vorläufige Auswertung, dass an einer von zwei Messstellen, die an einer der beiden mit Fahrverbot belegten Hauptstrassen steht, der Jahresmittelwert von 50 auf 38 Mikrogramm gesunken ist.

Am bundesweit für seine schlechte Luft bekannten Neckartor in Stuttgart ging die NO2-Belastung nach vorläufigen Daten 2019 um 25 Prozent auf 53 Mikrogramm zurück. Neben den Fahrverboten gab es dort aber auch noch eine ganze Reihe anderer Massnahmen, um die Luft sauberer zu bekommen: Es wurden Filtersäulen aufgestellt, die Strasse bekam einen speziellen Belag, zudem wurde eine Busspur eingerichtet. Seit Jahresbeginn dürfen am Neckartor wie auf drei weiteren Hauptein- und -ausfallstrecken auch keine Euro-5-Diesel mehr fahren. In der Bussgeldstatistik sind diese Verbote noch nicht erfasst. Höher lag der NO2-Wert in der Pragstrasse, dort waren es 58 Mikrogramm.

Dieselfahrer in Stuttgart und Darmstadt müssen in der Regel nur damit rechnen, erwischt zu werden, wenn sie andere Verkehrsregeln missachtet haben. Denn dann wird dort zusätzlich überprüft, ob das jeweilige Auto überhaupt auf dieser Strasse fahren durfte. Dass in der kleinsten der vier Städte die meisten Verfehlungen aufgedeckt wurden, könnte an der grossen Zahl von Pendlern auf den betroffenen Strassen liegen.

In Darmstadt wurden seit Bestehen des Fahrverbotes für alte Diesel und Benziner Anfang Juni 2019 bis zum 15. Dezember 13 137 Verstösse von Auto- und Lastwagenfahrern gegen die Regelung gezählt. Das Fahrverbot gilt auf zwei Hauptverkehrsadern für Dieselfahrzeuge bis Euronorm 5 und für Benziner bis Euronorm 2. In beiden Zonen gilt zudem Tempo 30 als Limit.

Die Kontrolle des Fahrverbots findet nach Angaben der Stadt fast ausschliesslich über die aufgestellten Blitzer oder Rotlichtsünder statt. Werde ein Verstoss festgestellt, gebe es gleichzeitig eine Kontrolle der Schadstoffklasse.

Das Stuttgarter Ordnungsamt registrierte im vergangenen Jahr 2943 Verstösse gegen das Fahrverbot für ältere Diesel-Fahrzeuge. Davon seien etwa 2860 Bescheide inzwischen auch rechtskräftig, teilte die Stadt mit. Die Zahlen beziehen sich auf den Zeitraum von April bis Ende Dezember 2019.

Zum 1. April war das Verbot für Diesel der Abgasnorm Euro 4 und schlechter auch für Einheimische in Kraft getreten. Bis dahin galt es nur für auswärtige Fahrzeuge.

Spezielle Diesel-Kontrollen gibt es in Stuttgart nicht. Wird aber jemand zum Beispiel geblitzt oder beim Falschparken erwischt, wird zusätzlich überprüft, ob ein Verstoss gegen das Fahrverbot vorliegt. Die Polizei verfährt ähnlich.

Bei insgesamt rund 450 000 vom Stuttgarter Ordnungsamt geprüften Fällen im genannten Zeitraum fielen gut 6700 Fahrzeuge auf, die nicht in die Umweltzone hätten fahren dürfen. Bei mehr als der Hälfte konnten in der folgenden Anhörung aber eine Ausnahmegenehmigung oder sonstige triftige Gründe nachgewiesen werden.

Für den Verkehrsexperten der FDP-Bundestagsfraktion, Oliver Luksic, zeigen die Zahlen, «dass Fahrverbote ein Irrweg sind. Ein enormer Wertverlust bei Diesel-Pkw sowie unverhältnismässiger Zeit- und Kostenaufwand stehen circa 15 000 erfassten Verstössen bundesweit gegenüber», kritisierte er. «Dieser bürokratische Auswuchs ist nicht zu rechtfertigen.» Statt Stichproben-Kontrollen wie in Stuttgart seien «endlich bundesweit einheitliche Messvorschriften» nötig.

In Stuttgart kostet ein Verstoss 80 Euro plus Gebühren, insgesamt 108,50 Euro. Dasselbe Bussgeld wird in Darmstadt fällig. In Berlin beträgt das Verwarn- oder Bussgeld 20 Euro für Pkw, 25 Euro für Busse und 75 Euro für Lkw. In Hamburg sind 25 Euro für Pkw und 75 Euro für Lkw zu zahlen.

In Hamburg gilt das Durchfahrverbot für ältere Dieselfahrzeuge auf zwei Hamburger Strassenabschnitten. Vom 1. August bis zum 31. Dezember 2018 wurden 151 Verstösse festgestellt und Bussgelder in Höhe von 3140 Euro eingenommen, wie die Innenbehörde mitteilte. Im Gesamtjahr 2019 habe die Polizei 246 Verstösse ermittelt und Bussgelder in Höhe von knapp 7300 Euro eingenommen.

In Berlin gelten Dieselfahrverbote auf mehreren Strassen in den Bezirken Mitte und Neukölln seit Ende November. Seitdem hat die Polizei bis zum 20. Januar 51 Verstösse festgestellt und geahndet. Die Verbote in der Bundeshauptstadt betreffen ältere Diesel-Autos und -Lastwagen bis einschliesslich Abgasnorm Euro 5. Die fraglichen Strassenabschnitte umfassen insgesamt 2,9 Kilometer und damit nur einen kleinen Teil des 5450 Kilometer langen Netzes.

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