Schüler klettern in Ofen von KZ und fotografieren sich

Etienne Sticher
Etienne Sticher

Deutschland,

In Gedenkstätten von Konzentrationslagern kommt es zu immer mehr Vorfällen. In Buchenwald legten sich gar zwei Schüler in die Krematoriums-Öfen.

buchenwald
In der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Buchenwald kommt es immer wieder zu Vorfällen. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • KZ-Gedenkstätten registrieren immer mehr Vorfälle, häufig von Schülern.
  • Sie singen fremdenfeindliche Lieder und legten sich in Krematoriums-Öfen.
  • Wegen des Einflusses von Social Media werden die Lehrer in die Pflicht genommen.

In den letzten Jahren stieg die Anzahl an rechtsextremen Vorfällen in Konzentrationslager-Gedenkstätten. Wie der «MDR» und die «Süddeutsche» berichten, waren es seit 2023 in der Gedenkstätte Buchenwald 120 Vorfälle. In der Gedenkstätte Sachsenhausen stieg die Anzahl von 14 im Jahr 2022 auf 52 im vergangenen Jahr. Die Vorfälle umfassen Schmierereien, Hitlergrüsse, das offene Zurschaustellen von Nazi-Symbolen oder Sticker von rechtsextremen Gruppierungen und Parteien.

Neu ist auch immer häufiger respektloses Verhalten von Schülergruppen. Jens-Christian Wagner, Leiter der Stiftung Gedenkstätte Buchenwald, sagt, dass immer mehr ihr Desinteresse äusserten oder aktiv nicht zuhörten. Immer mehr Schüler argumentierten auch geschichtsrevisionistisch oder zeigten Sympathien für rechte Ideologien.

Im Frühjahr sang eine Schulklasse in Bergen-Belsen beispielsweise «Deutschland den Deutschen, Ausländer raus». Und im November 2024 legten sich zwei Schüler in die Verbrennungsöfen des ehemaligen Krematoriums in Buchenwald. Sie fotografierten sich dabei und teilten die Bilder in den sozialen Medien.

Vor allem bei Klassen aus dem ländlichen ostdeutschen Raum gebe es Probleme. Holger Obbarius, Leiter der Bildungsabteilung der Gedenkstätte Buchenwald, erzählt, dass die Schüler den Referenten den Rücken zudrehten und nicht zuhörten. Sie würden die Nase rümpfen und unangebrachte Kommentare abgeben, die dann Gelächter auslösten. «Bei Klassen aus dem ländlichen Raum Sachsens, Sachsen-Anhalts und Thüringen ist das beinahe ein tägliches Phänomen.»

Teils liessen Lehrer ihre Klassen auch unbeaufsichtigt das Gedenkstätte-Areal erkunden. Dann komme es immer wieder zu «massivem Missbrauch des Ortes», sagt Stiftungsleiter Wagner.

Gedenkstätte-Leiter will Lehrer in die Pflicht nehmen

Die Gedenkstätte hat deshalb ein Präventionsteam ins Leben gerufen. An der Kleidung könne es erkennen, dass gewisse Jugendliche «zu einer bestimmten Gesinnung» gehörten, erklärt Obbarius. Man spreche diese dann an, sei freundlich und fragend, nicht aber eskalativ oder konfrontativ, betont er.

Hast du schon einmal eine KZ-Gedenkstätte besucht?

Die Schüler, die sich unangemessen verhielten, seien von Influencern beeinflusst, ist sich Obbarius sicher. Diesen Trend könne man nicht mehr stoppen. Man müsse den Jugendlichen einen Reflexionsraum öffnen, damit sie lernten, zu verstehen, welchen Einflüssen sie ausgeliefert seien.

Und er will auch die Lehrer in die Pflicht nehmen. Sie bräuchten eine Schulung im Umgang mit sozialen Medien. Bildungsabteilung-Leiter Obbarius: «Wenn das nicht passiert, habe ich keine Hoffnung, dass wir hier die Kurve kriegen.»

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