Das Monster von Loch Ness ist weltweit bekannt – seine Existenz ist jedoch nicht bewiesen. Dutzende Freiwillige machen sich dieses Wochenende auf die Suche.
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Eine Nessie-Skulptur beim Loch Ness Centre in Drumnadrochit. - Silvia Kusidlo/dpa

Nessie ist ein Plesiosaurier. Da ist sich der siebenjährige Rowan, der in Schottland mit seinen Eltern urlaubt, ganz sicher. Die Dino-These ist natürlich bei Kindern beliebt, nach allem Ermessen aber lebt kein Urtier auf dem Grund des Loch Ness. Also ist Nessie nur eine Fantasie?

Nein, sagen viele Menschen, die sich ausführlich mit dem See in den schottischen Highlands beschäftigt haben. «Es ist etwas Fischähnliches, vielleicht eine Amphibie», sagt Roland Watson, der über den Mythos bloggt, am Samstag der Deutschen Presse-Agentur.

Grösste Suche seit Jahrzehnten

Wie viele Enthusiasten ist Watson am Wochenende zum Loch Ness gekommen, um 90 Jahre nach der ersten prominenten Nessie-Sichtung Augenzeuge der wohl grössten Suche seit Jahrzehnten zu werden. Seit 1972 sei der wasserreichste schottische See – 36 Kilometer lang und bis zu 2,7 Kilometer breit – nicht mehr so systematisch unter die Lupe genommen worden, betont Projektleiter Alan McKenna.

An 17 Beobachtungsposten entlang der Ufer sind Dutzende Freiwillige im Einsatz, die trotz heftigen Regens den See stundenlang mit den Augen nach überraschenden Spuren oder merkwürdigen Wellenbewegungen absuchen. Über Webkameras blicken zudem Hunderte aus der Ferne aufs Wasser.

Moderne Technik nimmt Töne auf

McKenna hofft aber vor allem auf moderne Technik. Unterwegs auf dem See lässt er ein äusserst sensibles Hydrophon ins Wasser, eine Art Aufnahmegerät, das alle Töne aus dem bis zu 230 Meter tiefen See aufschnappt. Das vom Regen aufgepeitschte Wasser und andere Boote verderben aber die Qualität. Später sollten noch Drohnen mit Wärmebildkameras aufsteigen.

«Das Monster zu finden, wäre nett», sagte McKenna. «Aber es geht darum, den See zu verstehen.» So plant seine Freiwilligengruppe Loch Ness Exploration den Aufbau einer Audiothek, in der alle Töne und Geräusche aus dem See aufgezeichnet sind. Wer nach Nessie sucht, braucht Ausdauer – Laut McKenna wird das Jahre dauern.

Ist die Suche nur eine PR-Aktion?

Das Örtchen an der Westseite des Sees ist das Zentrum des Nessie-Tourismus. Hier berichtete 1933 die Hotelmanagerin Aldie Mackay, sie habe eine «walähnliche Kreatur» gesehen – ein Bericht der Lokalzeitung «Inverness Courier» löste den Hype aus. Längst ist Nessie wohl die prominenteste Tourismusbotschafterin von Schottland.

In Mackays Hotel befindet sich heute das Loch Ness Centre, das erst jüngst nach millionenschwerer Renovierung mit einer grossen Ausstellung über Nessie wiedereröffnete – und nun die Suche gemeinsam mit der Loch Ness Exploration mitfinanziert.

Also ist die Suche eine PR-Aktion? Das wies McKenna zurück. Klar, der Rummel für sein Projekt schade nicht, aber ihm gehe es vor allem um die Wissenschaft. «Es geht nicht darum, Nessies Existenz zu beweisen», vielmehr gebe es im See noch so viel, das man nicht kenne und verstehe.

1149 registrierte Sichtungen

Tatsächlich gibt es seit Jahrzehnten immer wieder mysteriöse Sichtungen, erst im Juni publizierte die Zeitung «Daily Telegraph» das Foto eines französischen Touristen. Es zeigt bei wolkenlosem Himmel einen grossen dunklen Schatten im See, der sich minutenlang knapp unter der Oberfläche bewegt habe, bevor er plötzlich verschwunden sei.

Das «Offizielle Register der Loch-Ness-Monster-Sichtungen» zählt 1149 Berichte – vom Mönch Columban im Jahr 565 nach Christus bis heute.

Blogger Watson machte erst vor drei Jahren eine unerklärliche Beobachtung, wie er erzählte. Er habe einen lauten Platsch gehört, und als er sich umdrehte, sei eine grosse Wasserfontäne auf den See gestürzt. Die Quelle habe er nicht mehr sehen können. Aber es sei kaum möglich, dass lediglich ein grosser Fisch eine solche Reaktion ausgelöst habe.

Nessie könnte nur ein grosser Lachs sein

Andere Vermutungen reichen von Schweinswalen oder Delfinen – sehr unwahrscheinlich, weil der Zufluss zu seicht ist – über Robben (werden immer mal wieder gesehen), Otter («wenn sie hintereinander schwimmen, bilden sie viele kleine Buckel», sagt Watson) bis zu grossen Welsen oder Lachsen.

Am Samstagmittag werden McKenna und seine Begleiter nicht fündig, der kleine Rowan ist ein bisschen enttäuscht. Kapitän Ali Matheson schiebt die Pleite auf den Regen. «Es ist, als ob Loch Ness eine Barriere aufgebaut hätte und sagen würde: »Nein, ihr werdet es nicht finden«.»

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