200 Millionen Rubel gab Russland für einen Propaganda-Film aus. Doch die Kinos bleiben leer. Die Leute wollen nicht an den Ukraine-Krieg erinnert werden.
Ukraine Krieg
Das russische Interesse am Propaganda-Film hält sich in Grenzen. - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Russlands Propaganda-Film über den Ukraine-Krieg floppt, die Kinos bleiben leer.
  • Ein Experte sieht dies darin begründet, dass die Leute abgelenkt werden wollen.
  • Ein anderer sieht den Künstler-Exodus als Grund.

Die Ukraine «denazifizieren» und das Land vom «Kiewer Regime, das Menschen misshandelt und ermordet», befreien: Mit diesen Worten begründete Kremlchef Wladimir Putin den Ukraine-Krieg, den er konsequent «militärische Spezialoperation» nennt. Dass die Gründe erfunden sind, die Ukraine nicht von Neonazis regiert wird, ist bekannt. Ein Propaganda-Film soll nun aber Russen vom Gegenteil überzeugen.

Der zweistündige Spielfilm «Der Zeuge» handelt vom fiktiven belgischen Violinisten Daniel Cohen. Er befindet sich in Kiew, als der Ukraine-Krieg beginnt und erlebt «unmenschliche Verbrechen und blutige Provokationen durch ukrainische Nationalisten». So wird der Film angepriesen. Dass es sich bei den Ukrainern um Nazis handelt, wird deutlich unterstrichen: Ein Kommandant läuft mit «Mein Kampf» unter dem Arm durchs Bild, Soldaten schwören Hitler die Treue.

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«Der Zeuge» heisst der Propaganda-Film Russlands über den Ukraine-Krieg. - keystone

Circa 200 Millionen Rubel (rund 1,8 Millionen Franken) steckte der Kreml in den Film, wie der «Guardian» berichtet. Doch in den ersten zwei Wochen floppte er komplett: Bloss 14 Millionen Rubel (rund 130'000 Franken) spülte der Film in die Kassen, die Kinos blieben grösstenteils leer.

Er habe sich gefragt, ob die Vorführung bereits vorbei sei, erzählt Alexei. Denn als er den Moskauer Kinosaal betrat, seien bloss drei der über 100 Sitze besetzt gewesen. Weitere Zuschauer berichten Ähnliches aus Kinos in anderen Landesteilen.

Experte: Russen wollen nicht auch noch Geld für Propaganda ausgeben

Der Propaganda-Film zum Ukraine-Krieg war nicht Alexeis erste Wahl. Doch weil er alle anderen Filme bereits gesehen hatte, entschied er sich, ihm eine Chance zu geben.

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Russlands Kulturministerin Olga Ljubimowa unterhält sich mit Wladimir Putin über den Propaganda-Film. - keystone

Ivan Philippow, der bei der Firma eines ukrainischen Filmproduzenten arbeitet, erstaunt das schlechte Abschneiden nicht: «Russen werden überall– auf der Strasse, im TV, in den Schulen – mit Propaganda zwangsgefüttert», sagt er gegenüber dem «Guardian». «Deshalb wollen sie nicht auch noch ihr eigenes Geld ausgeben, um mehr des Selben zu sehen.»

Die meisten Russen wollten einen Film schauen, um für einen Moment zu vergessen, was wirklich vorgehe, so Philippow. «Das Letzte, was sie wollen, ist, an den Krieg erinnert zu werden.»

Seine Aussage wird von einer Umfrage eines unabhängigen russischen Umfrageinstituts unterstützt: 40 Prozent der Russen sagten, sie folgten den Ereignissen in der Ukraine nicht aktiv.

Viele Künstler verliessen Russland wegen des Ukraine-Kriegs

Eine andere Erklärung für das Floppen hat der russische Filmkritiker Michail Kosyrew: Es fehle dem Kreml an talentierten Leuten. Denn nach dem Beginn des Ukraine-Krieges seien viele Filmemacher, Drehbuchautoren und Sänger aus dem Land geflohen.

«Das Niveau und die Professionalität der Künstler, die geblieben sind und für den Staat arbeiten wollen, ist tief», so Kosyrew. Zudem spürten die Zuschauer, wenn ein Film im Auftrag des Staates gedreht worden sei. «Es ist einfach nicht authentisch.»

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