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«Qualvoller Tod» im Lkw: Lange Haft für Schleuser

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Grossbritannien,

Es sind tiefe Einblicke in ein skrupelloses Geschäft. In einem Lastwagen in England werden 39 Migranten aus Vietnam tot entdeckt. Tausende Euro hatten sie Schleusern gezahlt, in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Der Richter fällt ein hartes Strafmass.

Daniel Stoten, Kriminalhauptkommissar, vor dem Staatsgerichtshof «Old Bailey» in London. Foto: Aaron Chown/PA Wire/dpa
Daniel Stoten, Kriminalhauptkommissar, vor dem Staatsgerichtshof «Old Bailey» in London. Foto: Aaron Chown/PA Wire/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Es müssen unerträgliche Zustände gewesen in dem Lastwagen, in den 39 Migranten aus Vietnam gepfercht waren.

Bis zu 40 Grad hätten in dem versiegelten Container geherrscht, sagte Richter Nigel Sweeney.

Die Insassen hatten keine Überlebenschance. Als nach Stunden die Türen geöffnet wurden, waren sie bereits tot: 31 Männer und 8 Frauen, darunter auch Teenager. Alle Opfer stammten aus Vietnam.

Am Freitag verurteilte der Richter Sweeney vier Mitglieder einer Schleuserbande zu langen Haftstrafen: Die beiden Anführer müssen für 27 beziehungsweise 20 Jahre ins Gefängnis, der Fahrer des Lastwagens für 13 Jahre und vier Monate und ein viertes Mitglied für 18 Jahre.

«Ich habe keine Zweifel daran (...), dass es sich um eine raffinierte, langjährige und profitable Verschwörung handelte, um hauptsächlich vietnamesische Migranten über den Kanal zu schmuggeln», sagte der Richter. Die Vietnamesen seien einen qualvollen Tod gestorben. Zugleich betonte Sweeney: «Die Bereitschaft der Opfer, illegal ins Land einzureisen, ist keine Entschuldigung für das, was ihnen widerfahren ist.»

Die Toten waren am 23. Oktober 2019 im Südosten Englands in einem Lkw entdeckt worden. Die Schlepper hatten von ihnen viel Geld verlangt. Zunächst 10.000, später 13.000 Pfund (fast 15.000 Euro) kassierten sie pro Person. Es war nicht der erste Trip zwischen dem europäischen Festland und Grossbritannien, den die Bande organisierte.

Der Ablauf war minutiös geplant. Die Migranten sammelten sich im nordfranzösischen Bierne, schliesslich wurden sie im belgischen Hafen Zeebrugge eingeschifft. Um 15.36 Uhr am 22. Oktober verliess der versiegelte Container an Bord der «MV Clementine» das Festland. Bereits da muss die Lage für die Vietnamesen kaum auszuhalten gewesen sein. Lag die Temperatur eingangs noch bei 21,5 Grad Celsius, stieg sie unaufhörlich weiter, wie Experten in einer Simulation herausfanden haben.

«Es gab verzweifelte Versuche, die Aussenwelt telefonisch zu kontaktieren und das Dach des Containers zu durchbrechen», sagte Richter Sweeney. Auf Audio- und Videodateien, die vor Gericht vorgespielt wurden, ist der Todeskampf der Opfer zu erleben. «Es tut mir leid, ich muss Euch verlassen», sagte ein Mann, wie britische Medien berichteten. Ein anderer verabschiedete sich per Sprachnachricht von seiner Familie: «Habt ein schönes Leben.»

Der Fall erinnert an die Tragödie von 2015, als in Österreich nahe der Grenze zu Ungarn ein Kühllaster mit den Leichen von 71 erstickten Menschen, unter ihnen vier Kinder, entdeckt wurde.

Alle Opfer wollten mehr Geld verdienen als in der Heimat, hoffen auf gutes Geld in Grossbritannien, als Maurer, Kellner oder im Nagelstudio. Einige hatten ihr Glück zuvor in Deutschland versucht - aber sie fanden keine Arbeit und zogen weiter. Für die Reise in den Westen nahmen ihre Familien hohe Schulden auf. Nun haben viele Familien ihren Haupternährer verloren und bleiben dennoch auf den Schulden sitzen. Deshalb wurde der Prozess auch in Vietnam genau verfolgt.

Richter Sweeney machte mit seinem Urteil auch deutlich, dass er den Fall für schwerwiegend hält. Er verfügte, dass die Schleuserbande mindestens zwei Drittel ihrer Strafe in Haft verbüssen muss, bevor sie auf Bewährung entlassen werden kann. Normalerweise muss mindestens die Hälfte der Zeit abgesessen werden.

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