In Polen hat der Tod einer schwangeren 33-Jährigen Massenproteste ausgelöst. Der Vorwurf: Ärzte hätten zu grosse Angst vor rechtlichen Folgen einer Abtreibung.
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Menschen in der polnischen Hauptstadt Warschau protestieren gegen das strenge Abtreibungsgesetz. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In Polen sorgte der Tod einer schwangeren 33-Jährigen für Massenproteste.
  • Die Ärzte hätten trotz ihres kritischen Gesundheitszustands eine Abtreibung verweigert.
  • Seit der Verschärfung des Abtreibungsgesetzes 2021 würden sie rechtliche Folgen fürchten.
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«Hört auf, uns zu töten!», steht auf Plakaten von Protestierenden, die am Mittwoch in ganz Polen auf die Strasse gingen. Auslöser dafür war der Tod einer schwangeren 33-Jährigen in einem polnischen Spital.

Dorota Lalik wurde am 21. Mai in ein Spital im südpolnischen Nowy Targ eingeliefert, weil sie das Fruchtwasser verloren hatte. Ihr Gesundheitszustand verschlechterte sich immer weiter – trotzdem blieben die Mediziner untätig.

Der polnische Ombudsmann für Patientenrechte, Bartłomiej Chmielowiec, übt nun scharfe Kritik: Die Ärzte hätten Lalik sagen müssen, dass ihr Leben durch eine Abtreibung gerettet werden kann. Indem diese Informationen zurückgehalten worden seien, hätte die Klinik ihre Rechte verletzt, sagte der Ombudsmann, wie der «Guardian» berichtet.

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Menschen halten in der polnischen Hauptstadt Warschau Schilder mit den Namen der Frauen, die infolge der Verweigerung einer Abtreibung verstorben sind, hoch. - keystone

Lalik verstarb drei Tage nach dem Spitaleintritt an einer Blutvergiftung. «Niemand hat uns gesagt, dass wir praktisch keine Chance auf ein gesundes Baby haben.» So wird ihr Ehemann in polnischen Medien zitiert.

«Die ganze Zeit hat man uns falsche Hoffnungen gemacht, dass alles in Ordnung sein wird. Dass im schlimmsten Fall das Kind eine Frühgeburt sein wird.»

Und weiter: «Niemand hat uns die Wahl oder die Chance gegeben, Dorota zu retten. Denn niemand hat uns gesagt, dass ihr Leben in Gefahr ist.»

Ärzte fürchten rechtliche Folgen

Der Todesfall von Dorota Lalik spiegelt die prekäre Situation für Frauen in Polen wider: Seit dem faktischen Abtreibungsverbot von Ende 2020 sind mindestens drei Polinnen gestorben, weil ihnen nach Komplikationen eine Abtreibung verweigert wurde. Im Jahr 2021 verlor etwa die 30-jährige Izabela unter ähnlichen Umständen wie Dorota ihr Leben.

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Der Fall von Dorota Lalik löste in ganz Polen Massenproteste aus. - keystone

Seit 2021 sind Abtreibungen nur erlaubt, wenn die Schwangerschaft eine Gefahr für die Gesundheit oder das Leben der Frau darstellt. Oder auf ein Verbrechen wie Vergewaltigung oder Inzest zurückzuführen ist. Allerdings würden viele Ärzte den Eingriff verweigern – zu gross sei die Angst vor rechtlichen Konsequenzen.

«Alle schwangeren Frauen sind in Gefahr, sobald sie in ein polnisches Spital eingeliefert werden.» Das sagt Marta Lampert, Gründerin des polnischen Frauenstreiks, dem «Guardian». «Wir haben Angst vor allen Ärzten, denn wir wissen nicht, welche von ihnen den Tod der Patientinnen wirklich verhindern werden.»

Befürworten Sie das Recht auf Abtreibung?

Der Fall von Dorota Lalik sorgte landesweit für Proteste. Auf Bildern ist zu sehen, wie Schilder mit Aufschriften wie «Wir wollen gebären, nicht sterben!» oder «Wir wollen Ärzte, keine Missionare!» in die Luft gestreckt werden.

Die Forderung ist klar: Abtreibungen sollen in Polen nicht mehr unter Strafe stehen.

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