Auch an diesem Wochenende gehen zehntausende Menschen in Belarus auf die Strassen, um gegen Machthaber Alexander Lukaschenko zu protestieren.
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Auch an diesem Wochenende gingen Tausende in Belarus auf die Strassen. (Archivbild) - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • In Belarus protestieren Tausende gegen Staatschef Alexander Lukaschenko.
  • Die Polizei geht mit Wasserwerfern gegen Demonstrantinnen und Demonstranten vor.
  • Am frühen Nachmittag wurden bereits 20 Festnahmen gezählt.

Trotz eines Grossaufgebots an Sicherheitskräften haben am Sonntag in Belarus Zehntausende Menschen gegen den autoritären Staatschef Alexander Lukaschenko demonstriert. In Videos auf Telegram war zu sehen, wie Menschen in Minsk in grösseren Gruppen in Richtung Zentrum zogen. Sie schwenkten dabei die historische weiss-rot-weisse Landesfahne.

Sicherheitskräfte gingen auch mit Wasserwerfern gegen Demonstranten vor. Einigen von ihnen gelang es, eine Klappe eines der Fahrzeuge zu öffnen. Danach hatte es augenscheinlich mit technischen Problemen zu kämpfen und fuhr davon. Auch in anderen Städten gab es Aktionen.

Die Polizei nahm bereits kurz nach Beginn mehrere Menschen fest. Videos zeigten, wie maskierte Polizisten Menschen abführten und in Kleinbusse steckten. Das Menschenrechtszentrum Wesna zählte am frühen Nachmittag rund 20 Festnahmen. In anderen berichten war von einer weitaus höheren Zahl die Rede.

Ausländischen Journalisten wurden Akkreditierungen entzogen

Der belarussische Journalistenverband berichtete zudem, dass mindestens drei Medienvertreter vorübergehend zur Überprüfung von Dokumenten in Polizeigewahrsam gekommen seien.

Die Opposition hatte zu den neuen Aktionen aufgerufen, bei denen die Freilassung aller politischen Gefangenen gefordert wurde. Die Proteste am Sonntag haben traditionell den grössten Zulauf. Eine unabhängige Berichterstattung darüber war für ausländische Journalisten jedoch nicht möglich: Die Behörden hatten ihnen am Freitag die Akkreditierungen mit sofortiger Wirkung entzogen.

Beobachter berichteten, dass wieder das mobile Internet zeitweise abgeschaltet worden sei. Die Behörden wollten damit verhindern, dass sich die Demonstranten zu Protestrouten verabreden. Zudem waren in Minsk mehrere U-Bahnstationen geschlossen, damit die Menschen nicht mehr ins Zentrum gelangen konnten. Es war das mittlerweile achte Protest-Wochenende in Folge.

Palast weiträumig abgesperrt

Seit der umstrittenen Präsidentenwahl Anfang August gehen die Menschen regelmässig gegen Lukaschenko auf die Strasse. Der 66-Jährige hatte sich mit 80,1 Prozent der Stimmen für eine sechste Amtszeit bestätigen lassen. Die EU erkennt das Wahlergebnis aber nicht an. Die Opposition sieht dagegen Swetlana Tichanowskaja als wahre Siegerin.

Die Sicherheitskräfte hatten vor einer Teilnahme an den Protesten gewarnt. Das unabhängige Nachrichtenportal «tut.by» berichtete von Gefangenentransportern, Wasserwerfern und Militärfahrzeugen. Der Unabhängigkeitspalast sei weiträumig abgesperrt worden.

Weiteres «Opfer des Regimes» Lukaschenko

Im Gefängnis starb, wie die Behörden bestätigten, ein 41-jähriger Mann. Nach offiziellen Angaben war er aus einem Doppelstockbett gefallen und hatte sich dabei tödliche Verletzungen zugezogen. Dagegen warf Tichanowskaja den Behörden «Lügen» vor.

Ärzte hätten eine eingeschlagene Schädeldecke mit offenem Schädelbruch festgestellt. Ebenso gebrochene Rippen und Blutergüsse sowie andere Verletzungen am Körper des Mannes, sagte sie.

Josep Borell
Josep Borrell ist seit Dezember EU-Aussenbeautragter - AFP

Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell kritisierte das Vorgehen der Regierung scharf. «Die EU unterstützt weiter das demokratische Recht des belarussischen Volkes. Dies, um seinen Präsidenten durch neue freie und faire Wahlen zu bestimmen», erklärte er am Sonntag in Brüssel.

Polen und Litauen ziehen Diplomaten von Minsk ab

Bei ihrem Sondergipfel in der letzten Woche hatten die Staats- und Regierungschefs die Gewalt verurteilt. Ebenso wurden Sanktionen gegen Personen aus dem Umfeld Lukaschenkos beschlossen. Daraufhin kündigten die Behörden in Belarus an, ihrerseits EU-Diplomaten und Journalisten auszuweisen.

Dass Polen und Litauen nun ihre Botschafter aus Minsk abziehen sollten, nannte Borrell «unbegründet und bedauerlich»: «Es ist gegen die Logik des Dialogs und wird die Isolation der Machthaber in Minsk nur noch verstärken.»

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