Deutschland möchte sich nach neuen Berichten zu den brutalen Unterdrückungen der Muslimen der Uiguren in China weiter distanzieren.
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Zahlreiche chinesische Soldaten patrouillieren durch eine uigurische Nachbarschaft. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Nach Xinjiang-Berichten will sich Deutschland weiter von China distanzieren.
  • Die Regierung sehe «sehr relevante Probleme» bei dem Handelspartner.

Nach neuen Berichten über die brutale Unterdrückung der muslimischen Minderheit der Uiguren in China betont die deutsche Regierung: Deutschland wird stärker auf Distanz zu dem kommunistischen Land gehen. Die Volksrepublik sei zwar ein grosser Handelspartner, es gebe aber «sehr relevante Probleme». Auch bei der Einhaltung von Menschenrechten, erklärte Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck.

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Robert Habeck, Wirtschaftsminister und Mitglied des Bündnis 90/Die Grünen. - dpa

«Das wurde jahrelang ausgeblendet. Diese Regierung hat den Umgang mit den China-Fragen aber verändert», betonte der Grünen-Politiker. 16 Jahre lang hatte die Union aus CDU und CSU mit wechselnden Regierungspartnern die deutsche China-Politik geprägt. Nach dem Sieg bei der Parlamentswahl 2021 regiert seit Dezember nun die SPD zusammen mit den Grünen und der FDP.

Hintergrund sind Medienberichte, die unter Berufung auf ein Datenleck das Ausmass der Verfolgung und Masseninternierung von Uiguren veranschaulichen. In der Provinz Xinjiang sind nach Angaben von Menschenrechtlern Hunderttausende in Umerziehungslager gesteckt worden. Zum künftigen deutsch-chinesischen Verhältnis sagte Habeck: «Wir diversifizieren uns stärker und verringern unsere Abhängigkeiten auch von China. Die Wahrung der Menschenrechte hat ein höheres Gewicht.»

So werden deutsche Unternehmen für Investitionen in China mit Blick auf Umwelt-, Sozial und Menschenrechtsaspekte genau untersucht. Dies, um Menschenrechtsverletzungen und Zwangsarbeit auch in der Lieferkette auszuschliessen. Auch werde genau geschaut, ob es eine Betroffenheit der Region Xinjiang gibt.

Änderungen sind notwendig

«Anträge, die den Anforderungen nicht Rechnung tragen, werden entsprechend abgelehnt.» Der Minister fügte an: «Wir prüfen zudem chinesische Übernahmeofferten in Deutschland sehr genau und mit dem nötigen kritischen Blick.»

Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg (Grüne), sagte zur deutschen China-Politik, ein Weiter-so dürfe es nicht geben. Sie forderte die UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet auf, ihren Bericht über Menschenrechtsverletzungen in der chinesischen Provinz Xinjiang schnell zu veröffentlichen. Die aktuelle Reise Bachelets nach China sei richtig.

Michelle Bachelet
UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet. - keystone

«Sie muss aber den Beginn einer Aufklärung der Vorwürfe markieren. Gerade weil wir davon ausgehen müssen, dass Bachelet nicht ungehinderten Zugang bekommen wird.» Über die «Xinjiang Police Files» berichtete ein Medienverbund. Chinas Führung wies die Berichte als «verleumderisch» zurück.

Muslimische Minderheit unterdrückt

Chinas Führung wirft Uiguren in der Region Separatismus, Extremismus und Terrorismus vor. Während sich die muslimische Minderheit politisch, religiös und kulturell unterdrückt fühlt. Nach ihrer Machtübernahme 1949 hatten die Kommunisten das ehemalige Ostturkestan der Volksrepublik einverleibt.

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping wandte sich in einem Videogespräch mit Bachelet bei deren China-Besuch gegen eine «Politisierung». «Länder brauchen keine gängelnden Lektoren», sagte er. Unterschiedliche Wege einzelner Länder müssten respektiert werden. «Menschenrechte haben einen historischen, spezifischen und praktischen Kontext.»

Der höchste Vertreter der uigurischen Exilorganisation «Weltkongress der Uiguren» kritisierte die deutsche Regierung für ihren Umgang mit China. «Ich finde, dass die Bundesregierung längst nicht genug tut. Menschenrechtsverletzungen gibt es vielerorts, hier aber geht es um Genozid», sagte Dolkun Isa dem «Spiegel».

Die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Margrethe Vestager, rügte im «Handelsblatt»: Ein grosser Teil der europäischen Industrie basiere auf «sehr billiger Energie aus Russland. Ebenso auf sehr billiger Arbeitskraft aus China und auf hochsubventionierten Halbleitern aus Taiwan». Europa sei nicht naiv gewesen bei diesen Risiken, sondern gierig.

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