Montgomery: Lockdowns nicht kategorisch ausschliessen
Die Politik verhandelt derzeit darüber, welche Instrumente zur Bekämpfung von Corona im Herbst bereitstehen sollen. Der Vorsitzende des Weltärztebundes hat eine weitreichende Forderung.

Das Wichtigste in Kürze
- Das Infektionsschutzgesetz sollte nach Ansicht des Vorsitzenden des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, wieder weitreichende Massnahmen zum Schutz vor Corona ermöglichen.
«Wer von vornherein Massnahmen wie Kontaktbeschränkungen oder Lockdowns kategorisch ausschliesst, hat weder den Sinn des Gesetzes verstanden noch den Ernst der Lage begriffen», sagte Montgomery den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
«Ein Infektionsschutzgesetz soll Chancen eröffnen und Leben retten.» Deswegen müsse es den «Instrumentenkasten» enthalten, aus dem sich die Politik bedienen könne, wenn die Situation es erfordere. «Ob man die Instrumente später anwendet, hängt von der jeweiligen Lagebeurteilung ab. Dass man sie braucht, sollte aber unstrittig sein.»
Der Epidemiologe Hajo Zeeb vom Leibnitz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: «Nur wenn neue gefährliche Varianten auftreten, müssen wir auch über einen Lockdown sprechen.» Ansonsten seien «solche radikalen Massnahmen» für den Herbst und Winter aber nicht nötig.
Zum Frühjahr wurden vor allem auf Drängen der FDP Corona-Bestimmungen im Infektionsschutzgesetz deutlich zurückgefahren. Sie bilden die Rechtsgrundlage für Massnahmen in den Ländern und definieren mögliche Instrumente, die die Politik in der Pandemie einsetzen kann. Die Ampel-Koalition berät zurzeit über eine Nachfolgeregelung im Infektionsschutzgesetz, weil die derzeit gültigen Bestimmungen am 23. September auslaufen.
Betreiber von Clubs und Diskotheken verfolgten die derzeitige Debatte «mit grösster Sorge», sagte die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), Ingrid Hartges, den Funke-Zeitungen. Sie mahnte, dass Massnahmen wie eine Maskenpflicht oder eine Schnelltestpflicht für Geimpfte und Ungeimpfte (1G) bei Grossveranstaltungen nur eingeführt werden sollten, wenn sie für die Eindämmung der Pandemie notwendig seien. «Entscheidend dafür muss sein, wie gefährlich eine Virusvariante und wie hoch die Hospitalisierungsrate ist», sagte Hartges.