Ein psychisch labiler Mann tötete seine Mutter und seine Schwester. Der IS beansprucht die Tat für sich. Daran hegen die Behörden Zweifel.
Zwei französische Polizisten sind maskiert und beobachten am Strassenrand das Geschehen.
Zwei französische Polizisten sind maskiert und beobachten am Strassenrand das Geschehen. - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Mann tötete in Frankreich seine nächsten Verwandten.
  • Heftigen Wirbel gibt es darum, ob der IS darin involviert ist.

Nach der tödlichen Messerattacke eines Mannes gegen zwei Angehörige in Frankreich hat die Polizei den Täter erschossen. Der Angreifer tötete am Donnerstag im Umland von Paris seine Mutter und seine Schwester und verletzte einen weiteren Menschen schwer. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte die Bluttat in Trappes für sich. Innenminister Gérard Collomb äusserte jedoch Zweifel an einer Verbindung des Angreifers zu einer Terrororganisation und berichtete von schweren psychischen Problemen des Täters.

Auch die Ermittler stuften die Attacke zunächst nicht als Terrorfall ein. Der für Terrorismus zuständige Pariser Staatsanwalt François Molins informierte sich zwar vor Ort über die Ermittlungen, zog den Fall aber nicht an sich. Die 32'000-Einwohner-Stadt Trappes liegt westlich der französischen Hauptstadt, nicht weit von Versailles.

Wahrscheinlich Familienmotiv

Laut übereinstimmenden französischen Medienberichten gehen die Ermittler dem Verdacht nach, dass ein Familienstreit das Motiv gewesen sein könnte. Collomb sagte vor Journalisten, nach Untersuchung seiner Wohnung und seines Telefons werde man mehr wissen über den möglichen Konflikt in der Familie.

Der Minister berichtete, dass der Täter den Behörden wegen Verteidigung von Terrorismus bekannt war. Sein Profil sei aber eher das eines Gestörten mit psychiatrischer Vorgeschichte als das von jemandem, der den Anweisungen einer Terrororganisation folgt, teilte er später auf Twitter mit.

Die Polizei war wegen eines Streits auf der Strasse zum Tatort gerufen worden und fand dort zwei am Boden liegende Opfer. Der Täter befand sich zu diesem Zeitpunkt im Haus seiner Mutter, wo er sie getötet habe, sagte Collomb. Er sei mit dem Messer wieder herausgekommen und trotz Warnungen der Beamten nicht stehengeblieben – daraufhin habe die Polizei geschossen. Das schwer verletzte dritte Opfer gehörte nicht zur Familie des Täters.

Zweifel an IS-Verbindung

Der IS verkündete über sein Sprachrohr Amak im Internet, ein IS-Kämpfer habe die Tat begangen. Die Echtheit der Nachricht konnte zunächst nicht unabhängig bestätigt werden. Es wäre nicht das erste Mal, dass der IS eine Gewalttat für sich beansprucht, bei denen Ermittler keine Verbindung zu der Terrororganisation sehen. So war es etwa bei einer Messerattacke in Hamburg im Oktober 2016 und beim Attentat von Las Vegas, wo ein Mann im Oktober 2017 auf Gäste eines Festivals geschossen hatte. Am Vorabend des Messerangriffs von Trappes hatte der IS angeblich die erste Audiobotschaft seines Anführers Abu Bakr al-Bagdadi nach fast einem Jahr veröffentlicht.

Der Sender BFMTV berichtete ohne klare Quellenangabe, der Täter von Trappes habe beim Eingreifen der Polizei «Gott ist gross» auf Arabisch gerufen. Auch der Sender Franceinfo sprach von entsprechenden Zeugenaussagen. Eine offizielle Bestätigung gab es für diese Angaben zunächst nicht.

Frankreich war in den vergangenen Jahren mehrfach Ziel von islamistischen Terroranschlägen. Im Mai hatte ein Angreifer im Zentrum von Paris Passanten mit einem Messer angegriffen - er tötete einen Menschen und verletzte vier weitere, bevor die Polizei ihn erschoss. Anti-Terror-Experten übernahmen die Ermittlungen, der IS hatte auch diese Attacke für sich reklamiert.

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