London: Supreme Court urteilt heute zu Parlaments-Zwangspause
Das oberste britische Gericht will heute eine Entscheidung zu der von Premierminister Boris Johnson auferlegten Zwangspause des Parlaments treffen.

Das Wichtigste in Kürze
- Heute soll die Entscheidung des Supreme Courts über die Parlaments-Zwangspause fallen.
- Fällt das Urteil gegen Premier Boris Johnson aus, wäre dies für ihn eine Warnung.
Die elf Richter des obersten britischen Gerichts wollen heute entscheiden, ob und wie sie in den Streit zwischen Regierung und Parlament eingreifen sollen. Fällt das Urteil gegen Premier Boris Johnson aus, wäre dies für ihn eine Warnung.
Die Richter des Supreme Courts müssen entscheiden, ob sie in den Streit zwischen Parlament und Regierung eingreifen. Falls sie diesen Weg wählen, stünde ein Urteil darüber an, ob Johnson gegen das Gesetz verstossen hat, als er bei Königin Elizabeth II. eine fünfwöchige Parlamentspause erwirkte. Eine Niederlage wäre ein schwerer Schlag für Johnson und dürfte Rücktrittsforderungen nach sich ziehen.
Entscheid nach dreitägigen Anhörungen
Bei der dreitägigen Anhörung in der vergangenen Woche hatte Kläger-Anwalt Lord David Pannick gefordert, dass die Abgeordneten «so bald wie möglich» wieder zusammentreten. Regierungsanwalt Lord Richard Keen warnte das Gericht hingegen vor einer solchen Entscheidung. Es handle sich um «verbotenes Terrain» für die Gerichtsbarkeit.
Das oberste schottische Gericht hatte Johnson vorgeworfen, die Königin über seine wahren Absichten für die Parlamentspause getäuscht zu haben: die Abgeordneten kaltzustellen, um seine Pläne für einen möglicherweise ungeregelten Brexit durchziehen zu können.

Der High Court in London hatte dagegen eine Klage gegen die Zwangspause abgelehnt. Demzufolge handelt es sich um eine rein politische Angelegenheit. Beide Urteile sollten nun vom Supreme Court überprüft werden.
Trotz der Zwangspause, die in der Nacht zum 10. September in Kraft trat, konnte Johnson nicht verhindern, dass die Abgeordneten ein Gesetz gegen den No-Deal-Brexit durch das Parlament peitschten.

Es verpflichtet den Premierminister zum Antrag auf eine Brexit-Verschiebung, sollte nicht rechtzeitig vor dem Brexit-Datum am 31. Oktober ein Abkommen mit der EU ratifiziert sein. Dem will sich Johnson jedoch nicht beugen.
Johnson will Backstop streichen
Der Regierungschef droht mit einem ungeregelten EU-Austritt, sollte Brüssel seinen Forderungen nach Änderungen am Brexit-Vertrag nicht nachkommen. Auch dieser Fall könnte vor Gericht landen.
Johnson will vor allem die von der EU geforderte Garantieklausel für eine offene Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland (Backstop) aus dem Austrittsvertrag streichen. Der Backstop sieht vor, dass ganz Grossbritannien nach dem Brexit in einer Zollunion mit der Staatengemeinschaft bleibt, bis eine bessere Lösung gefunden ist. Johnson will das nicht, weil sein Land dann keine eigene Handelspolitik machen könnte.

Zuletzt hatte es zarte Anzeichen für eine Annäherung gegeben. Eine Reihe von Ideenpapieren, die London vergangene Woche auf den Tisch gelegt hatte, reichen der EU aber noch nicht aus. Aus diplomatischen Kreisen in Brüssel hiess es, eine Einigung sei noch «weit entfernt», aber es könnte ein Fenster für einen Deal geöffnet worden sein.