Litauens Regierung will Entschädigungszahlungen an Juden leisten, die vor oder im Zweiten Weltkrieg in dem baltischen EU-Land lebten und von totalitären Regimen enteignet wurden. Das Kabinett in Vilnius gab am Mittwoch grünes Licht für einen von Regierungschefin Ingrida Simonyte vorlegten Gesetzentwurf, der eine «symbolische Entschädigung» vorsieht. Dafür sind insgesamt 37 Millionen Euro vorgesehen. Das Vorhaben muss noch vom Parlament gebilligt werden.
Ingrida Simonyte
Ingrida Simonyte, Ministerpräsidentin von Litauen - sda - Keystone/AP/Mindaugas Kulbis

Litauen wurde im Zweiten Weltkrieg abwechselnd von der Sowjetunion und Nazi-Deutschland besetzt. Während der deutschen Besatzung zwischen 1941 und 1944 ermordeten die Nationalsozialisten und einheimische Helfer mehr als 90 Prozent aller damals rund 200 000 in Litauen lebenden Juden.

Beantragt werden können soll die Entschädigung von Juden, deren Privateigentum beschlagnahmt wurde, und deren Nachfahren. «Ich glaube, dass dies eine Angelegenheit ist, die Litauen lösen muss», sagte Simonyte nach Angaben der Agentur BNS in der Vorwoche bei der Vorstellung ihres Vorschlags. «Das ist auch eine gewisse moralische Schuld, die anerkannt werden sollte.»

Die Jüdische Gemeinde Litauen begrüsste das Vorhaben. Ob das Gesetz am Ende aber verabschiedet werde oder nicht, sei «eine Art Test für den Staat», sagte Gemeindevorsitzende Faina Kukliansky. Auch die Botschafter Israels und der USA befürworteten den Gesetzesentwurf.

Die Initiative schliesst sich an ein 2011 in Litauen beschlossenes Entschädigungsgesetz für jüdisches Gemeinschaftseigentum an. Damals wurde dazu ein Fonds gegründet, aus dem noch bis März 2023 unter anderem religiöse, kulturelle und soziale jüdische Projekte unterstützt werden – mit ebenfalls 37 Millionen Euro. Auch die neue Entschädigungszahlungen sollen über den Fonds abgewickelt werden.

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