Der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar H. Wieler, warnt bei einer unzureichenden Impfquote vor einer fünften Welle im Winter.
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Lothar H. Wieler, Präsident des Robert-Koch-Institut während der Pressekonferenz zur aktuellen Corona-Lage. Foto: Michael Kappeler/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der RKI-Präsident Lothar H. Wieler warnt vor einer fünften Welle.
  • Grund dafür seien zu wenige Impfungen und die ungenügende Verringerung der Kontakte.
  • Wenn die Zahlen nicht sinken, müssen weitere Massnahmen ergriffen werden.

Nach der zweiten Corona-Welle im vergangenen Herbst und Winter folgte recht kurz darauf eine dritte im Frühjahr. Auch nach Nummer vier muss nicht Schluss sein, warnt der Chef des Robert Koch-Instituts. Bei unzureichender Impfquote könnte die wellenartige Corona-Ausbreitung laut dem Präsidenten des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar H. Wieler, nach der vierten Welle weitergehen.

«Wenn das Verringern der Kontakte und das Impfen nicht intensiv gelingt, werden wir auch noch eine fünfte Welle bekommen.» Dies sagte Wieler der Deutschen Presse-Agentur.

Coronavirus
Ein Mensch wird gegen das Coronavirus geimpft. Laut RKI-Chef Lothar H. Wieler könnte Deutschland bei zu wenig Impfungen eine weitere Welle erwarten. (Archivbild) - dpa

Es sei bitter, dass sich bisher nicht mehr Menschen für diesen eigentlich leichten Schritt entschieden hätten. «Der weitere Verlauf des Winters hängt stark davon ab, was jetzt geschieht», sagte Lothar H. Wieler.

Es gelte, an zwei Stellschrauben zu drehen, machte der Mikrobiologe und Tiermediziner deutlich. «Es muss jetzt rasch dafür gesorgt werden, dass flächendeckend in Deutschland die Kontakte der Menschen eingeschränkt werden.» Er betont schon seit Tagen, dass grosse Feiern, Grossveranstaltungen und grosse Menschenansammlungen in Innenräumen vermieden werden sollten. «Die Auswirkungen davon würde man nach zwei Wochen an den Infektionszahlen sehen.»

Lothar H. Wieler: «Fulminanter Verlauf» bei Fallzahlen

Lothar H. Wieler sprach sich für vorbeugendes Handeln aus, auch in vergleichsweise bisher nicht ganz so stark betroffenen Bundesländern: «In den Bundesländern, in denen die Zahlen jetzt noch niedrig sind, könnten Kontaktbeschränkungen die Zahlen auch niedrig halten. Dort, wo die Zahlen hoch sind, ist es eigentlich sehr spät, wenn nicht zu spät», sagte er. Den «fulminanten Verlauf» zu brechen, sei bei niedrigen Zahlen einfacher.

Coronavirus
Impfstoff gegen das Coronavirus. (Symbolbild) - Keystone

«Das Zweite, was wir jetzt machen müssen, ist: die Impfaktivitäten massiv steigern», sagte Lothar H. Wieler. Dies wirke sich jedoch nicht so schnell auf die Fallzahlen aus wie das Verringern von Kontakten: «Die Auswirkungen davon würde man in drei bis fünf Wochen sehen, das Impfen wirkt mittelfristig.» Auch die Ständige Impfkommission (Stiko) hatte deutlich gemacht, dass für Effekte auf die Ausbreitungsdynamik hohe Booster-Impfquoten erreicht sein müssten.

Impfung sei die Lösung

«Der Impfstoff ist der Weg aus der Pandemie», sagte Wieler. «Aber es ist deshalb nicht so, dass andere Massnahmen völlig vernachlässigt werden können.» Das sei nicht einfach zu kommunizieren. Die Impfung vermittle einen sehr, sehr hohen Schutz.

«Was von manchen Menschen nicht so ganz verstanden wird, ist, dass es keinen hundertprozentigen Schutz gibt. Ausserdem ist der Schutz vor einer Infektion nicht so hoch wie der vor einer schweren Erkrankung», so Lothar H. Wieler.

Harte Gegenmassnahmen in Sachsen und Bayern

Besonders harte kurzfristige Gegenmassnahmen hatten die stark betroffenen Bundesländer Sachsen und Bayern am Freitag angekündigt. In Sachsen sollen von Montag an für drei Wochen weite Teile des öffentlichen Lebens eingeschränkt werden. Geschlossen werden Kultur- und Freizeiteinrichtungen, Bars, Clubs und Diskotheken. Weihnachtsmärkte und touristischen Übernachtungen sind nicht mehr erlaubt, und Restaurants bekommen begrenzte Öffnungszeiten.

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Bayern und Sachsen haben ihre Corona-Massnahmen wieder verschärft. - AFP/Archiv

In Bayern sollen ab Mittwoch für Ungeimpfte strikte Kontaktbeschränkungen gelten. Clubs, Diskotheken und Bars müssen für die nächsten drei Wochen schliessen, Weihnachtsmärkte soll es nicht geben. Bei Kultur- und Sportveranstaltungen wird die Zuschauerzahl deutlich begrenzt. In extremen Hotspots werden zudem weite Teile des öffentlichen Lebens heruntergefahren.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach rechnet mit ähnlichen Schritten auch in anderen Bundesländern. «Wir sind in eine schwierige Lage gekommen. In Bundesländern oder gewissen Teilen von Bundesländern wird es hohe Fallzahlen und Hospitalisierungen geben. Dann müssen wir dort lokal Dinge schliessen», sagte er am Samstag im Deutschlandfunk.

Die Impfquoten müssen noch steigen

Dem Portal «t-online» sagte er: «Ich hoffe wirklich, dass wir ähnlich drastische Massnahmen wie in Österreich noch verhindern können. Aber das heisst eben auch: Wir müssen jetzt wirklich richtig Ernst machen. Anders wird es uns nicht gelingen.»

Ganz Österreich geht ab Montag in einen erneuten Lockdown, der für Geimpfte und Genesene spätestens am 13. Dezember enden soll. Als erstes Land in der EU will Österreich obendrein eine Corona-Impfpflicht ab Februar 2022 einführen. «Wir wollen keine fünfte Welle, wir wollen keine sechste und siebte Welle», hatte Kanzler Alexander Schallenberg erklärt.

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Proben des Coronavirus werden im Labor untersucht. - Marijan Murat/dpa

Das RKI strebt seit Berechnungen vom Sommer hohe Impfziele an: mindestens 85 Prozent der 12- bis 59-Jährigen und 90 Prozent der Senioren ab 60 Jahren sollten demnach vollständig geimpft sein.

Auch der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens hält eine fünfte Welle für möglich. «Es ist damit zu rechnen, dass es auch im Winter 2022 eine fünfte Welle geben wird.» Dies sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Samstag). «Wie stark diese ausfällt, hängt massgeblich davon ab, wie viele Menschen sich impfen und boostern lassen.»

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