Zum Jahresausklang herrschte in der Ukraine erneut Luftalarm – neben Böllern und verbotenen Feuerwerkskörpern waren vielerorts auch die Explosionen vom Einsatz der Flugabwehr zu hören. Der Überblick.
Rettungskräfte sind nach einem russischen Raketenangriff auf das Zentrum von Charkiw im Einsatz.
Rettungskräfte sind nach einem russischen Raketenangriff auf das Zentrum von Charkiw im Einsatz. - Uncredited/ukrin/dpa

In der Silvesternacht hat Russland die Ukraine erneut mit Luftangriffen überzogen. Im gesamten Land wurde am Sonntagabend Luftalarm ausgelöst, nachdem die Aufklärung den Start mehrerer Kampfflugzeuge und von Dutzenden Kampfdrohnen in Russland gemeldet hatte. Über der Hauptstadt Kiew und auch über Cherson im Süden sowie Charkiw im Osten waren Explosionen zu hören – überwiegend vom Einsatz der Flugabwehr. Allerdings sorgten auch Explosionen von Silvesterraketen und Böllern für Unruhe – diese sind eigentlich zu Kriegszeiten in der Ukraine verboten.

Selenskyj: Besseres Morgen kommt nicht von selbst

In seiner Silvesteransprache forderte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seine Landsleute auf, das neue Jahr nach eigenen Vorstellungen zu gestalten und dabei die Zukunft ihrer Heimat nicht aus den Augen zu verlieren. «Wir Ukrainer wissen besser als jeder andere, dass ein besseres Morgen nicht von selbst kommt, denn wir verteidigen jedes unserer Morgen mit unseren eigenen Händen», sagte er am Sonntagabend in seiner Videoansprache auf Telegram, bei der auch seine Frau Olena an seiner Seite auftrat. «Deshalb wird unser neues Jahr genau so werden, wie wir es wollen und wie wir es gestalten werden.»

«Die Ukraine lebt, die Ukraine ist lebendig, die Ukraine kämpft und kämpft», sagte Selenskyj in einer später verbreiteten Ansprache. Dass die Ukraine existiere, sei kein Neujahrswunder. «Es ist kein Märchen, keine Magie, sondern der Verdienst eines jeden von Ihnen.» Zugleich dankte er den Soldaten für ihren Einsatz: «Ihr haltet das Böse zurück, das noch grösser geworden ist.»

Die Ukraine werde die russischen Angriffen überstehen. «Und egal wie viele Raketen der Feind abfeuert, egal wie viele Beschüsse und Angriffe – abscheulich, rücksichtslos, massiv – in dem Versuch, uns, die Ukrainer, zu brechen, uns einzuschüchtern, die Ukraine niederzuschlagen, uns in den Untergrund zu treiben, wir werden uns trotzdem erheben», sagte Selenskyj. «Denn derjenige, der die Hölle in unser Land bringt, wird sie eines Tages von seinem eigenen Fenster aus sehen.»

Putins Glückwünsche an Kommandeure in der Ukraine

Der russische Präsident Wladimir Putin wünschte seinen Kommandeuren an den diversen Fronten der Ukraine alles Gute zum neuen Jahr. «Der Präsident hat am Vorabend des neuen Jahres den Kommandeuren der Heeresgruppen gratuliert», wurde Kremlsprecher Dmitri Peskow von der Staatsagentur Tass zitiert. Zuvor hatte Putin in seiner Neujahrsansprache die Durchhaltefähigkeit und Einheit der Russen in schwieriger Lage beschworen. «Wir haben mehr als einmal gezeigt, dass wir die schwierigsten Aufgaben lösen können und niemals zurückstecken, denn es gibt keine Kraft, die uns entzweien könnte», sagte der Kremlchef. Die Ukraine erwähnte er in seiner Rede mit keinem Wort.

Kiews Luftwaffenchef feiert Abwehrerfolge

Kurz vor dem Einflug neuer russischer Raketen und Drohnen lobte der ukrainische Luftwaffenchef Mykola Oleschtschuk in einer Bilanz für 2023 die Abschusszahlen der Flugabwehr seines Landes. Insgesamt seien 85 Prozent der Kampfdrohnen und Marschflugkörper, die das russische Militär gegen Ziele in der Ukraine eingesetzt habe, abgeschossen worden. Auch die Abwehr ballistischer Raketen sei effektiver geworden, dank der zu Jahresbeginn 2023 gelieferten Patriot-Systeme. Die Angaben liessen sich nicht unabhängig überprüfen.

«Mit zunehmender Kampferfahrung und dem Erhalt zusätzlicher Waffen von Partnern wurde die Luftverteidigung jeden Tag stärker», schrieb Oleschtschuk am Sonntagabend auf Telegram. «Wir warten auf weitere Systeme, die in der Lage sein werden, ballistische Raketen abzufangen.»

Der Oberkommandeur der ukrainischen Streitkräfte, Waleryj Saluschnyj, erwartet ein schwieriges Jahr. «Das Jahr 2024 wird nicht einfach sein», sagte er in seiner auf Telegram verbreiteten Neujahrsbotschaft. «Der Kampf für die Freiheit und die Zukunft unserer Kinder geht weiter. Ich glaube, dass wir alle Prüfungen mit Würde bestehen und unserem Sieg Schritt für Schritt näher kommen werden.»

Der Generalstab der Ukraine berichtete unterdessen von einer «weiteren schwierigen Lage» an den Frontabschnitten. Grössere Kampfhandlungen wurden in dem täglichen Frontbericht am Sonntagabend jedoch nicht notiert. Dagegen meldeten die russischen Besatzer einen «massierten Angriff» auf das Zentrum von Donezk im Donbass. Beim Beschuss in der Silvesternacht seien mindestens vier Menschen getötet worden, 13 weitere seien verletzt worden, schrieb der Besatzungschef der Region, Denis Puschilin, am Montag auf Telegram.

Was am Montag wichtig wird

Die ukrainischen Militärs rechnen auch am Neujahrstag mit neuen russischen Angriffen vor allem im Osten des Landes.

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