Das Ballett von Kopenhagen distanziert sich von John Neumeiers «Othello»-Darstellung. Die Zusammenarbeit wird pausiert.
John Neumeier ist ein Botschafter des Tanzes. Foto: Georg Wendt
John Neumeier ist ein Botschafter des Tanzes. Foto: Georg Wendt - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Das Kopenhagener Ballett unterbricht seine Zusammenarbeit mit John Neumeier.
  • Dies aufgrund rassistischen Stereotypen in seinem Stück «Othello».

Das Königliche Ballett in Kopenhagen hat die Zusammenarbeit mit dem Choreografen John Neumeier auf unbestimmte Zeit pausiert. Hintergrund ist ein Streit über Neumeiers «Othello»-Fassung.

Deren angekündigte Aufführung hatte das Ballett nach Kritik von Tänzerinnen und Tänzern an rassistischen Stereotypen aus dem Programm genommen. Stattdessen zeigt das Haus seit Anfang November Neumeiers «Sommernachtstraum».

Nach Angaben von Ballettchef Nikolaj Hübbe ging es vor allem um die Darstellung Othellos in einer Szene. Darin stellt sich Desdemona im Traum vor und Othello führt einen afrikanischen Jagdtanz auf.

Neumeier verteidigt sein Konzept

Neumeier habe vor der Probe am Premierentag des «Sommernachtstraums» versucht, «meine Meinung zu der Entscheidung der Kompanie zu erklären». Dabei habe er sein Konzept verteidigt. Neumeier ist seit 1973 Ballettdirektor und Chefchoreograf des Hamburg Ballett. Er erklärte dies in einer Mail an die Deutsche Presse-Agentur am Mittwochabend.

«Ich habe gesagt, dass ich, obwohl ich Einwände dagegen verstehen kann, den Körper eines Tänzers anzumalen, um in eine Rolle zu schlüpfen, nicht daran glaube, Choreografien wegen der negativen Fehlinterpretation eines Einzelnen zu zensieren», schrieb Neumeier.

Ballett Basel Missbrauch
Die Baseler Ballett-Vereine müssen einen Verhaltenskodex vorlegen, der die Tänzerinnen und Tänzer vor Missbrauch schützt. (Symbolbild) - AFP/Archiv

«Ich habe mein Konzept und den dramaturgischen Zweck des »Wilden Kriegers« im Kontext des Balletts erläutert und meine Recherchen zu den afrikanischen Jagdtänzen, die ich für die Gestaltung dieser Rolle verwendet habe, beschrieben und physisch demonstriert.»

«Beziehung zum Ballett scheint für den Moment beendet zu sein»

Das habe anscheinend zu dem Bruch geführt, obwohl die Probe seiner Einschätzung nach anschliessend harmonisch verlaufen sei. Am vergangenen Mittwoch habe ihn das Ballett in einer Mail informiert, dass das Königliche Ballett nicht zur Feier seines 50-jährigen Jubiläums beim Hamburger Ballett komme, und dass sein Ballett zu Mahlers 3. Symphonie im kommenden Herbst nicht in Kopenhagen wiederaufgeführt werde. «Leider scheint meine lange, harmonische und freundschaftliche Beziehung zum Ballett für den Moment beendet zu sein», hiess es.

Ein Sprecher des Kopenhagener Balletts begründete die Pause mit «einem unterschiedlichen Blick darauf, wie die Zusammenarbeit aussehen soll». Mediendarstellungen, dass die Zusammenarbeit ganz beendet sein soll, widersprach er.

Ballettchef Nikolaj Hübbe halte Neumeiers «Othello» nicht für rassistisch. Dies sagte er in der Dokumentation «Der Tanz mit Rassismus» im dänischen Fernsehen.

«Aber ich kann gut verstehen, dass die Generation (der Tänzerinnen und Tänzer) das findet.» Das müsse er respektieren. «Mir gefällt es nicht, junge Tänzer auf die Bühne zu schicken, die sich in einer Rolle unwohl fühlen.»

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