In Armenien protestierten Tausende gegen das Abkommen mit Russland und Aserbaidschan zur Beendigung des Krieges in Berg-Karabach.
Eriwan
Tausende Menschen haben erneut die Strassen von Eriwan überschwemmt und protestieren gegen das Abkommen zur Einstellung der Kämpfe welches fast 2.000 russischen Friedenstruppen und territoriale Zugeständnisse fordert. Foto: Dmitri Lovetsky/AP/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Im Kriegsgebiet Berg-Karabach sind die Kämpfe beendet worden.
  • 2000 russische Friedenssoldaten sollen nun im Gebiet für Ruhe sorgen.
  • In Armenien protestierten Tausende gegen das Abkommen mit Russland und Aserbaidschan.

Mitten in der Nacht verkündet Kremlchef Wladimir Putin eine Sensation für das Kriegsgebiet Berg-Karabach. Friedenssoldaten sollen dort für Ruhe sorgen. Aber das Abkommen über ein Ende der Kämpfe löst in Armenien und Aserbaidschan unterschiedliche Reaktionen aus. Tausende Menschen haben in Armenien gegen das Abkommen mit Russland und Aserbaidschan zur Beendigung des Krieges im Konfliktgebiet Berg-Karabach protestiert.

Kritik an Paschinjan

Armeniens Regierungschef Nikol Paschinjan hatte mit den Präsidenten Russlands und Aserbaidschans, Wladimir Putin und Ilham Aliyev, ein Abkommen über das Ende der Kampfhandlungen unterschrieben – und damit Proteste in seinem Land ausgelöst. Die Polizei ging mit Gewalt gegen Demonstranten vor.

«Heute beginnt die Bewegung zum Schutz der Heimat. Wir gehen bis zum Schluss», sagte der Oppositionspolitiker Artur Wanezjan. Auf dem Platz der Freiheit versammelten sich bis zu 10'000 Menschen.

Es gab Dutzende Festnahmen – auch weil Kundgebungen wegen des geltenden Kriegsrechts und wegen der Coronavirus-Pandemie nicht erlaubt sind. Unter den Festgenommenen waren auch mehrere Parlamentsabgeordnete.

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Ein Soldat aus Armenien zielt in Richtung der aserbaidschanischen Stellungen. (Archivbild) - dpa

Paschinjan verteidigte die Unterzeichnung des Abkommens. Auf diese Weise seien viele Menschenleben gerettet worden, sagte er. Das in der Nacht zum Dienstag ausgehandelte Karabach-Abkommen sieht die Rückgabe grösserer Gebiete, die bisher unter Armeniens Kontrolle standen, an Aserbaidschan vor. Darunter sind auch wichtige Verbindungen zwischen Armenien und der Hauptstadt Stepanakert in Berg-Karabach.

Einsatz von 2000 russischen Friedenssoldaten

Kern der Vereinbarung ist, dass knapp 2000 russische Friedenssoldaten die Waffenruhe überwachen sollen. Hunderte Kräfte bezogen bereits in Berg-Karabach mit schwerer Militärtechnik Stellung, wie das Verteidigungsministerium in Moskau mitteilte. Die Verlegung der Truppen dauere an, hiess es.

Die Friedenstruppen aus Russland sollen nun zunächst fünf Jahre bleiben. Vorgesehen ist laut Abkommen die Option einer Verlängerung um weitere fünf Jahre.

In einem historischen Schritt zur Lösung des blutigen Konflikts um die Südkaukasusregion Berg-Karabach haben Aserbaidschan und Armenien dem Einsatz russischer Friedenssoldaten zugestimmt. Als sei alles von langer Hand vorbereitet gewesen, landeten die ersten der insgesamt rund 2000 Soldaten bereits am Dienstag in der Region, in der Russland nun seinen Einfluss massiv ausbaut.

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Wladimir Putin und Ilham Aliyev bei einem Treffen in Sotschi. (Archivbild) - Keystone

Zuvor hatte Kremlchef Wladimir Putin mitten in der Nacht die Einigung mit Aserbaidschan und Armenien über ein sofortiges Ende der Kampfhandlungen verkündet. Im Kriegsgebiet blieb es erstmals ruhig. Stationiert werden die russischen Einheiten in der Hauptstadt Stepanakert in Berg-Karabach. Die armenischen Truppen, das sieht die Vereinbarung vor, müssen sich aus dem Konfliktgebiet zurückziehen.

Aserbaidschans Präsident triumphiert

Während Armenien nach jahrzehntelangem Kampf um die Region nun fürchtet, über Berg-Karabach die Kontrolle zu verlieren, triumphierte in Aserbaidschan Präsident Ilham Aliyev.

Die heisse Phase der Kämpfe sei vorbei, nun gehe es an die politischen Verhandlungen für eine Lösung des Konflikts, sagte Aliyev in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku. Und er ging davon aus, dass sich sein Lebensziel – die Wiedereingliederung des Anfang der 1990er Jahre verlorenen Gebiets in Aserbaidschan – nun erfüllt. Er sprach von einem «grossen Sieg».

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Ilham Aliyev, Präsident von Aserbaidschan, steht in Baku vor einer Projektion der Nationalflagge. (Archivbild) Foto: Vugar Amrullaev/Azerbaijan's Presidential Press Office/dpa - dpa-infocom GmbH

«Das ist ein Sieg der Völker beider Länder», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow zu dem Abkommen. Russlands Soldaten seien der Garant dafür, dass das Blutvergiessen ende. Die Kräfte würden auch den Austausch von Gefangenen und Toten sicherstellen.

Mit Blick auf die massiven Proteste in Armenien gegen das Abkommen sagte Peskow, er hoffe, dass die Menschen dort die Vorteile eines Kriegsendes verstünden. Das Dokument garantiere den Geflüchteten auch eine sichere Rückkehr in ihre Wohnorte.

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