Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat ein entschlosseneres Vorgehen der Justiz gegen antisemitische Beleidigungen gefordert.
Antisemitismus
Der deutsche Antisemitismusbeauftragter Felix Klein. - DPA
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Das Wichtigste in Kürze

  • Vorsitzender der jüdischen Gemeinde in Halle beklagt Antisemitismus in Parteien.

«Es kommt leider noch viel zu oft vor, dass in solchen Fällen die Verfahren einfach eingestellt werden», sagte Klein der «Bild am Sonntag». Derweil beklagte der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Halle, Max Privorozki, alle politischen Parteien in Deutschland seien vom «Antisemitismus-Virus» befallen.

Klein verlangte eine bessere Sensibilisierung der Behörden. «Polizisten, Staatsanwälte und Richter müssen viel besser geschult werden.» Mit grosser Sorge betrachtet er den Antisemitismus in deutschen Fussballstadien. «Im Fussball haben wir ein dramatisches Antisemitismus-Problem», sagte Klein. «In Fan-Kurven werden antisemitische Parolen skandiert, der jüdische Verein Makkabi Berlin ist immer wieder Anfeindungen ausgesetzt.»

Der jüdische Gemeindevorsitzende von Halle warf den deutschen Parteien mangelnde Selbstkritik im Umgang mit Antisemitismus vor. «Es ist ein grosses Problem, dass alle mit dem Finger nur auf andere zeigen, sich selbst dabei aber von jedem Verdacht freisprechen», sagte Privorozki der «Bild am Sonntag».

In Halle hatte am 9. Oktober ein schwer bewaffneter Mann versucht, in die Synagoge einzudringen, in der rund 50 Gläubige den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur begingen. Nach dem Scheitern seines Plans erschoss er eine zufällig vorbeikommende Passantin. Anschliessend drang er in einen Dönerimbiss in der Nähe ein und erschoss dort einen Mann. Der später festgenommene Tatverdächtige räumte antisemitische und rechtsextremistische Motive ein.

Privorozki war während des Anschlags unter den Betenden in der Synagoge. Heute fordert er, die Türen des Gotteshauses weiter zu öffnen. Antisemitismus könne man am besten mit mehr Aufklärung über jüdisches Leben in Deutschland bekämpfen - «am besten über Besuche von Schulklassen in lebendigen jüdischen Einrichtungen, gern auch in unserer Synagoge», sagte Privorozki. «Wenn wir ausschliesslich die Sicherheit erhöhen, führt das am Ende nur dazu, dass wir Juden uns hinter Mauern verstecken.» So wolle er nicht leben.

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