Zum Einstieg ins Superwahljahr 2021 wollen die Christdemokraten endlich ihre Führungsfrage klären. Wegen der Corona-Pandemie sollen die 1001 Delegierten am Computer zu Hause abstimmen. Hauptproblem: Ist das Verfahren rechtssicher?
Der CDU-Chef soll am 16. Januar digital und mit abschliessender Briefwahl gewählt werden. Foto: Arno Burgi/dpa-Zentralbild/dpa/Archiv
Der CDU-Chef soll am 16. Januar digital und mit abschliessender Briefwahl gewählt werden. Foto: Arno Burgi/dpa-Zentralbild/dpa/Archiv - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Nach beinahe einjähriger Hängepartie wegen der Corona-Pandemie will die CDU ihren neuen Vorsitzenden Mitte Januar auf einem fast vollständig digitalen Parteitag wählen.

Der Beschluss fiel nach Angaben von Generalsekretär Paul Ziemiak im CDU-Vorstand am Montag mit grosser Mehrheit in einer Schaltkonferenz. Vorgesehen ist demnach, dass die 1001 Delegierten beim virtuellen Parteitag am 16. Januar zunächst eine «digitale Vorauswahl» treffen, die sie dann durch eine Briefwahl bestätigen. Die Briefwahlzettel, auf denen nur noch der Sieger der digitalen Abstimmung stehen soll, sollen laut Ziemiak am 22. Januar öffentlich ausgezählt und das Ergebnis dann verkündet werden.

Ziemiak nannte den Parteitag eine «grosse Premiere für die deutsche Parteienlandschaft». Keine andere Partei habe bisher einen solchen digitalen Wahlparteitag abgehalten. Die CDU zeige Verantwortung, weil sie in der Corona-Pandemie auf einen Präsenzparteitag verzichte. Und sie stelle ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis. Das Verfahren zur Wahl erfülle die geltende Rechtslage, betonte Ziemiak. Das habe auch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) bestätigt.

Die CDU werde den Delegierten ein grosses Serviceangebot machen und auf Wunsch auch Vor-Ort-Unterstützung leisten, um den Parteitag technisch zuverlässig abhalten zu können. «Im Jahr 2021, glaube ich, ist es durchaus zumutbar, dass Menschen sich digital beteiligen an einem Bundesparteitag», sagte Ziemiak.

Das Online-Treffen soll bereits am Abend des 15. Januar beginnen. Am 16. Januar sollen neben dem Parteichef auch die weiteren Mitglieder der Führungsgremien gewählt werden. Ausser Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz wollen NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und der Aussenpolitiker Norbert Röttgen Parteichef werden.

Die drei Bewerber wollten sich am Montagabend (19.00 Uhr) ebenfalls in einem Online-Format Fragen von CDU-Mitgliedern stellen - ihr erster gemeinsamer Auftritt seit einer Veranstaltung des Unions-Nachwuchses von der Jungen Union (JU) Mitte Oktober.

Merz, Laschet und Röttgen hätten gegenüber Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer versichert, dass sie das Ergebnis einer digitalen Wahl akzeptieren würden, war aus der CDU zu hören. Sie sagten demnach zu, dass sie sich als unterlegene Bewerber bei der abschliessenden Briefwahl nicht auf die Stimmzettel setzen lassen würden. Damit soll eine nachträgliche Veränderung des Online-Wahlergebnisses bei der Briefwahl verhindert werden. Kramp-Karrenbauer rief die CDU zur Geschlossenheit auf. Der Fokus liege weiterhin auf der Bekämpfung der Corona-Pandemie.

Die Lösung der Personalfrage nach der Rückzugsankündigung von Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer im Februar schleppt sich wegen Corona seit dem Frühjahr hin. Ein ursprünglich für Ende April anvisierter Sonderparteitag sowie ein Parteitag waren wegen der Krise im Einvernehmen mit den Nachfolgekandidaten abgesagt worden.

Einen von vielen favorisierten Präsenz-Parteitag in einer Halle und Bewerbungsreden vor grossem Publikum kann es jetzt wegen der Infektionslage wieder nicht geben. Zur Entscheidung standen deswegen eine digitale Variante mit Schlussabstimmung per Briefwahl und ein dezentraler Parteitag an mehreren Standorten mit digitalen Wahlen.

Nach der Entscheidung der CDU-Spitze werden die Vorsitz-Kandidaten sowie das etwa 20-köpfige Präsidium in einer Halle der Messe Berlin zusammenkommen. Die Delegierten schalten sich digital zu. In der CDU wird befürchtet, dass es etwa bei Übertragungsproblemen Klagen gegen das Wahlergebnis geben könnte. Dies soll unbedingt vermieden werden.

Im Präsidium hatte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther am Montag wegen der hohen Infektionszahlen eine neuerliche Verschiebung des Parteitages gefordert. Auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters äusserte nach diesen Informationen Bedenken wegen Corona. Demnach sprachen sich unter anderem die beiden Parteivizes Julia Klöckner und Thomas Strobl dafür aus, den Parteitag wie geplant stattfinden zu lassen. Nach Informationen von mehreren Teilnehmern stimmten nur Günther sowie NRW-Innenminister Herbert Reul gegen die Online-Variante. Grütters und Monica Wüllner aus Baden-Württemberg enthielten sich demnach.

Strobl sagte anschliessend, seine Partei übernehme jetzt eine Vorreiterrolle: «Die CDU macht den ersten echten digitalen Parteitag Deutschlands. Wir nutzen mutig die digitalen Möglichkeiten. Wir sind die grosse Volkspartei, die auch in Pandemiezeiten handlungs- und entscheidungsfähig bleibt.» Mit dem digitalen Parteitag habe man ein «kluges Format» gefunden, worüber er froh sei. Die CDU werde ihrer Verantwortung in dieser schwierigen Corona-Lage gerecht.

JU-Chef Tilman Kuban begrüsste die Entscheidung ebenfalls. «Es ist gut, dass der CDU-Bundesvorstand diesen Beschluss gefasst hat und wir nun endlich Klarheit haben», sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. «Ein physisches Treffen wäre ebenso wie eine weitere Verschiebung nicht vermittelbar gewesen.»

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