Nach langem Ringen lässt der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) doch Ermittlungen zu möglichen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Afghanistan zu. Die Staatsanwältin Fatou Bensouda sei befugt, eine Ermittlung zu mutmasslichen Verbrechen in Afghanistan ab Mai 2003 einzuleiten, teilte Richter Piotr Hofmanski am Donnerstag in Den Haag mit.
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US-Soldaten in Afghanistan im Jahr 2018. - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Richter kippt Entscheidung aus erster Instanz.

Er kippte damit eine Entscheidung aus erster Instanz.

Die Richter des in Den Haag ansässigen IStGH hatten vor knapp einem Jahr Ermittlungen zu Afghanistan abgelehnt. Sie begründeten ihre Entscheidung damals damit, dass Ermittlungen «zu diesem Zeitpunkt den Interessen der Justiz nicht dienlich» seien.

Die Chefanklägerin Bensouda hatte 2017 beim IStGH beantragt, Ermittlungen wegen mutmasslicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in Afghanistan einleiten zu können. Konkret ging es um Vorwürfe gegen die radikalislamischen Taliban und afghanische Regierungstruppen ab 2003, aber auch um mögliche Verbrechen ausländischer Militärs, insbesondere von US-Soldaten und Angehörigen des US-Geheimdienstes CIA. Seit 2006 liefen dazu Vorermittlungen.

Die Regierung von US-Präsident Donald Trump lehnt Ermittlungen des IStGH zu Afghanistan ab; die USA gehören dem Gericht ohnehin nicht an. Kurz vor der Entscheidung in erster Instanz verhängte Washington deshalb Visasperren gegen Mitarbeiter des Gerichts. Der Chefanklägerin Bensouda wurde das Visum für die USA entzogen.

Bensouda legte im September Einspruch gegen die Entscheidung in erster Instanz ein. Bei einer Anhörung im Dezember sprachen sich auch Opfervertreter erneut für die Einleitung von Ermittlungen aus.

Die USA und die radikalislamischen Taliban hatten am Wochenende ein Abkommen unterzeichnet, das den Weg für einen dauerhaften Frieden in Afghanistan und für einen Abzug der US-Truppen aus dem Land ebnen soll. Allerdings gab es seither bereits dutzende Taliban-Angriffe. Allein im vergangenen Jahr wurden nach Angaben der Vereinten Nationen in Afghanistan fast 3500 Zivilisten getötet und rund 7000 weitere verletzt.

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