Industrie kritisiert Trump-Zoll-Deal scharf: «Fatales Zeichen»
Die USA und die EU haben sich im Zollstreit geeinigt. Während die Politik den Deal lobt, ist man in der Wirtschaft kritisch – auch in der Schweiz.

Das Wichtigste in Kürze
- Am Sonntag gelang der EU in Schottland ein Zoll-Deal mit den USA.
- Die Wirtschaft reagiert aber kritisch auf das Zoll-Abkommen.
- In der Politik wird die Einigung im Zoll-Streit als positiv wahrgenommen.
Der laut Donald Trump «grösste aller Deals» im Zollstreit mit der EU hat in Deutschland zunächst nur verhaltene Begeisterung ausgelöst.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) begrüsste zwar die Einigung, mit der es gelungen sei, «einen Handelskonflikt abzuwenden». Die deutsche Industrie reagierte aber deutlich zurückhaltender.
«Das Übereinkommen ist ein unzureichender Kompromiss. Und sendet ein fatales Signal an die eng verflochtene Wirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks.» Das teilte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) in Berlin mit. Die EU nehme schmerzhafte Zölle in Kauf.
Abwendung einer Eskalation ist «das einzig Positive»
Trump und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einigten sich auf einen Basiszollsatz in Höhe von 15 Prozent.
Das gilt laut von der Leyen auch für die Autos, Halbleiter und Pharmaprodukte. Die Einigung schaffe zudem einen Rahmen für die zukünftige Senkung der Zölle auf weitere Produkte.
«Das einzig Positive an dieser Einigung ist, dass eine weitere Eskalationsspirale zunächst abgewendet werden konnte», hiess es vom BDI.
Entscheidend sei jetzt, dass das Übereinkommen verbindlich werde. Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks bräuchten Planungssicherheit für Lieferketten und Investitionen.
Economiesuisse: «Abkommen der Schadensbegrenzung»
Der Schweizer Wirtschafts-Dachverband Economiesuisse bewertet die Einigung zwischen der EU und den USA bei der Zollpolitik als ein «Abkommen der Schadensbegrenzung». Es sei sicherlich nicht gut, aber wesentlich besser als das, was gedroht hätte ohne ein Abkommen.
Die EU als wichtigste Handelspartnerin der Schweizer Wirtschaft habe jetzt zumindest eine gewisse Rechtssicherheit. Das sagte Jan Atteslander von Economiesuisse am Montag zu Radio SRF.
Grundsätzlich sei das eine gute Nachricht für die Schweiz. 15 Prozent seien aber ein sehr hoher Zoll, der die Dynamik des Handels hemme.
Die Schweiz und ihre Unternehmen seien durch diesen Bremseffekt indirekt auch betroffen, da sie Teil der Wertschöpfungskette seien. «Wenn jetzt 15 Prozent draufgeschlagen werden, dann bremst das natürlich die amerikanische Nachfrage», so Atteslander.
Vizekanzler Klingbeil: «Zölle schaden der Wirtschaft»
Trump hatte die Einigung als «riesigen Deal mit vielen Ländern» bezeichnet. Der US-Präsident will mit den Zolleinnahmen unter anderem sein teures Wahlversprechen grosser Steuersenkungen zumindest teilweise gegenfinanzieren.
Der deutsche Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) sagte, dass eine Verhandlungslösung erreicht worden sei, sei «erstmal gut».
Das Verhandlungsergebnis und die Auswirkungen auf Wirtschaft und Arbeitsplätze in Deutschland würden nun in der Bundesregierung ausgewertet, sagte der Vizekanzler. Es sei wichtig, dass Europa seine Interessen verteidigt habe.
Klingbeil betonte aber auch: «Grundsätzlich bleibt meine Überzeugung: Zölle schaden der Wirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks.»
Und betonte weiter, dass man «niedrige Zölle und offene Märkte» brauche. «Wir setzen weiter auf gute Handelsbeziehungen. Dafür werden wir neben den USA auch neue weltweite Partnerschaften aufbauen.»
Von der Leyen: Einigung mit Trump ist bestmöglicher Deal
Trump hatte den weltweiten Zollkonflikt mit seinen Extrazöllen begonnen, die von Land zu Land variieren.
Die Abgaben, die Importeure zahlen müssen, sind trotz abgeschlossener Deals höher als noch vor Beginn der zweiten Trump-Amtszeit. Auf die Einfuhr von Autos beispielsweise kamen Zusatzzölle in Höhe von 25 Prozent auf insgesamt 27,5 Prozent hinzu.
Die jetzt vereinbarte Reduzierung auf 15 Prozent ist laut von der Leyen der bestmögliche Deal. «Wir sollten nicht vergessen, wo wir herkommen», sagte sie. 15 Prozent seien nicht zu unterschätzen, aber auch das Beste, was möglich gewesen sei.
Zoll-Verhandlungen gehen weiter
US-Präsident Donald Trump hat für den 1. August für Importe aus zahlreichen Ländern höhere Zölle angekündigt.
Dies, falls es bis dahin keine Einigung mit deren Regierungen geben sollte.
Die Schweiz ihrerseits wartet weiterhin auf eine Einigung mit den USA. Wann diese bekannt gegeben wird und wie diese aussehen wird, ist weiter unklar.