Der letzte Vermisste wurde nach dem Brücke-Drama in Genua (IT) geborgen. Der Autobahnbetreiber sagt der Stadt eine halbe Milliarde Unterstützung zu.
Atlantia
Die Autostrade per l'Italia mit Hauptsitz in Rom ist eine Tochterfirma der Atlantia. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Genueser konnten die vermutlich letzte Leiche aus den Trümmern der Brücke bergen.
  • Das Brückenbau-Unternehmen sicherte über eine halbe Milliarde Franken Unterstützung zu.

Premierminister Giuseppe Conte hatte am Freitag einen Prozess eingeleitet, um der der privaten Betreibergesellschaft Autostrade per l'Italia ihre Lizenz zu entziehen. Das Unternehmen bestreitet Nachlässigkeit. «Wir denken nicht, dass die Voraussetzungen vorliegen, Verantwortung für ein Ereignis zu übernehmen, dessen Ursache zunächst noch ermittelt werden muss», sagte Hauptgeschäftsführer Giovanni Castellucci auf einer Pressekonferenz heute Samstag. Dennoch sicherte das Unternehmen Geld für den Wiederaufbau der Autobahnbrücke sowie für Hilfszahlungen an die Stadt Genua zu.

«Ab Montag steht eine halbe Milliarde Euro bereit». Das Geld an die Stadt soll als Unterstützung für die Angehörigen der Opfer sowie für die Menschen, die durch das Unglück obdachlos wurden, dienen. Rund 600 Menschen mussten nach dem Einsturz der Brücke ihre Häuser und Wohnungen verlassen. Die Gebäude, die teils unterhalb der Brücke stehen, müssen nach Behördenangaben abgerissen werden.

Castellucci entschuldigte sich zugleich, nicht genügend Mitgefühl für die Opfer gezeigt zu haben. Er versprach den Opferfamilien und den Menschen zu helfen, die infolge des Unglücks ihre Häuser verlassen mussten. Seine Gesellschaft könne eine neue Brücke in acht Monaten bauen, sobald die nötigen Genehmigungen vorlägen, sagte Castellucci weiter.

Bagger entfernen Trümmer der teilweise eingestürzten Morandi Autobahnbrücke, um die letzten Vermissten zu finden in Genua (IT).
Bagger entfernen Trümmer der teilweise eingestürzten Morandi Autobahnbrücke, um die letzten Vermissten zu finden in Genua (IT). - dpa

Letzter Vermisster geborgen

Die Rettungskräfte in Genua haben die Leiche des letzten Vermissten geborgen. Feuerwehrleute zogen den Arbeiter aus den Trümmern der eingestürzten Morandi-Brücke, erklärte ein Feuerwehrsprecher heute Samstag. Damit steigt die Zahl der Todesopfer nach dem Unglück am Dienstag auf 42. Noch sind aber nicht alle Leichen offiziell identifiziert.

Erst am Samstagmorgen hatte Ansa von dem Fund dreier weiterer Leichen berichtet. Dabei handle es sich um ein 9-jähriges Mädchen und seine Eltern. Die drei seien am Dienstag mit dem Auto auf der Morandi-Brücke unterwegs gewesen, als die Strasse unter ihnen nachgab.

Polcevera-Viadukt

Während eines Unwetters war ein etwa 180 Meter langer Abschnitt des wichtigen Polcevera-Viadukts in der norditalienischen Hafenstadt in die Tiefe gestürzt und hatte zahlreiche Fahrzeuge mitgerissen. Experten vermuten, dass der Einsturz durch den Riss eines Tragseils verursacht worden sein könnte.

Feuerwehrleute entfernen Trümmer der teilweise eingestürzten Morandi-Autobahnbrücke.
Feuerwehrleute entfernen Trümmer der teilweise eingestürzten Morandi-Autobahnbrücke. - dpa

Die Behörden hatten am Donnerstag zunächst gemeldet, dass noch 10 bis 20 Menschen vermisst würden. Am Freitag fiel die Zahl auf fünf, nachdem sich weitere Vermisste bei der Not-Hotline oder bei Verwandten gemeldet hatten. Auch ein vermisster deutscher Tourist meldete sich nach italienischen Medienberichten, um zu sagen, dass es ihm gut gehe.

18.08 ist nationaler Trauertag

Der Samstag wurde zum nationalen Trauertag erklärt. Am späten Vormittag fand eine Trauerfeier für die Todesopfer statt. «Auf Genua schaut derzeit die ganze Welt, in einer grossen Umarmung aus Emotionen, Zuneigung und Erwartung», sagt Erzbischof Angelo Bagnasco. Die Feuerwehrleute wurden bei ihrer Ankunft bei der Feier mit Applaus begrüsst. Zuvor hatte Präsident Sergio Mattarella den Unglücksort in Genua besucht, um den Rettern zu danken.

Angehörige versammeln sich zu einer Trauerfeier für die Opfer der Brückenkatastrophe in Genua. Der Samstag wurde zum nationalen Trauertag in Italien erklärt und beinhaltet ein Staatsbegräbnis auf dem Messegelände der Industriehafenstadt für die Opfer, die bei dem Einsturz der Morandi-Autobahnbrücke ums Leben kamen.
Angehörige versammeln sich zu einer Trauerfeier für die Opfer der Brückenkatastrophe in Genua. Der Samstag wurde zum nationalen Trauertag in Italien erklärt und beinhaltet ein Staatsbegräbnis auf dem Messegelände der Industriehafenstadt für die Opfer, die bei dem Einsturz der Morandi-Autobahnbrücke ums Leben kamen. - dpa

Bei der Zeremonie gab es lediglich 18 Särge: Einige Angehörige von Opfern nahmen aus Protest gegen die Regierung nicht an der Veranstaltung teil, wie Medien berichteten. Andere hielten Trauerfeiern in ihren eigenen Gemeinden ab, wie etwa im piemontischen Alessandria oder im süditalienischen Torre del Greco.

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