Zuger Frauenhaus schliesst Frauen mit Behinderung aus
Frauen mit Behinderung erleben öfter Gewalt. In Zug fehlt ihnen jedoch ein Zufluchtsort. Die meisten anderen Frauenhäuser sind auch nicht rollstuhlgängig.

Das Wichtigste in Kürze
- Das Zuger Frauenhaus nimmt Frauen mit Pflegebedarf nicht auf.
- Nur 2 von 23 Frauenhäusern in der Schweiz sind rollstuhlgängig.
- Frauen mit Behinderung erleben laut Studien deutlich mehr Gewalt.
In der Schweiz sind Frauen mit einer Behinderung oft Opfer von Gewalt. Im Hilfesystem bleiben sie häufig unsichtbar und erhalten selten die benötigte Unterstützung.
Besonders drastisch ist die Lage im Kanton Zug: Auf der Website des Zuger Frauenhauses steht schwarz auf weiss: Frauen mit Pflegebedarf werden abgewiesen, wenn Krankheit oder Behinderung der Grund sind.

Auch suchtkranke Frauen werden nicht aufgenommen. Das Haus sei zu klein und personell zu schwach, heisst es.
Was in Zug nicht geht, ist in St.Gallen möglich
Während in Zug Frauen mit Behinderung abgewiesen werden, zeigt ein Beispiel aus der Ostschweiz, dass es auch anders geht: Das Frauenhaus in St.Gallen ist barrierefrei.
Frauen mit Pflegebedarf werden dort seit Jahren aufgenommen, möglich ist das dank solider Finanzierung und klarer Struktur.
Leiterin Silvia Vetsch sagt gegenüber «Correctiv Schweiz»: «Es muss für Frauen mit Behinderung klar sein, dass auch sie Schutzanspruch in einem Frauenhaus haben.»

Damit das gelingt, brauche es «mehr Geld, Personal und Schulung. Und vor allem: eine klare gesetzliche Basis.»
Frauenhäuser am Limit
Laut «Correctiv Schweiz» sind nur zwei von 23 Frauenhäusern vollständig rollstuhlgängig, jene in St.Gallen und Graubünden.
Zwei weitere sind teilweise zugänglich. Die restlichen Häuser – also fast 20 – haben entweder bauliche Barrieren oder keine klaren Angaben gemacht.
Auch finanziell kämpfen viele Schutzstätten ums Überleben. In Zug reichen die Beiträge der Sozial- und Opferhilfe nicht, um den Betrieb zu sichern.
Seit 2023 gibt es 30'000 Franken aus dem Lotteriefonds, doch das Haus bleibt auf Spenden angewiesen.
Die Schwächsten bleiben draussen
Besonders fatal: Frauen mit Behinderung sind laut Studien zwei- bis dreimal häufiger von sexualisierter Gewalt betroffen als andere Frauen. Und doch sind sie in den bestehenden Schutzangeboten stark unterrepräsentiert.
Viele wissen nicht, an wen sie sich wenden können. Andere scheitern bereits beim ersten Kontakt – etwa weil Beratungsstellen keine Angebote in einfacher Sprache oder keine Chatfunktion bieten.
Politik reagiert langsam
Im Kanton Zug läuft derzeit eine Polizeigesetzrevision. Sie soll es künftig ermöglichen, Leistungsvereinbarungen mit Frauenhäusern abzuschliessen.
Bisher fehlen solche Grundlagen – konkret heisst das: Schutz gibt es nur, wenn man ihn sich leisten kann.
Silvia Vetsch fordert deshalb nicht nur mehr Geld, sondern auch mehr Sensibilisierung: «Frauen mit Behinderung müssen gezielt angesprochen werden, sie haben Anspruch auf denselben Schutz wie alle anderen auch.»










