Der diesjährige Friedenspreis des deutschen Buchhandels ging an Serhij Zhadan. Der Schriftsteller aus der Ukraine sieht sich selbst nicht als Autor.
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Der vorjährige Friedenspreisträger Serhij Zhadan nach seiner Rede bei der Preisverleihung in der Frankfurter Paulskirche. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Serhij Zhadan erhält für «Himmel über Charkiw» den Friedenspreis des deutschen Buchhandels
  • Das Buch des Ukrainers setzt sich aus zahlreichen Social Media-Posts zusammen.
  • Der Friedenspreisträger sieht sich selbst nicht als Autor.

Das Buch von Serhij Zhadan «Himmel über Charkiw» ist eine Zusammenfassung aus vielen seiner Social Media-Posts. «Ich sehe mich nicht als einen klassischen Autor. Ich habe anfangs überhaupt nicht daran gedacht, dass aus diesen Facebook-Einträgen ein Buch werden könnte.»

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Ein Luftschutzbunker, in dem ukrainische Soldaten lebten, mit Bildern von getöteten Asow-Soldaten und dem Schild «Helden sterben nicht». - Keystone

Dies sagte der ukrainische Schriftsteller bei einer Podiumsdiskussion, an der auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth und «Welt»-Redakteur Deniz Yücel teilnahmen. Er sei aufrichtig beim Schreiben gewesen und wollte den Krieg nicht als literarisches Material benutzen.

Friedenspreis für Zhadan

Viele Posts seien unter den schlimmsten Bedingungen entstanden – weit weg von dem, was man unter einer schriftstellerischen Arbeit verstehe. «Einige Einträge habe ich unterwegs geschrieben, einige direkt neben ukrainischen Soldaten im Einsatz. Viele sind auch in Luftschutzbunkern entstanden», sagte der auch als Musiker tätige Ukrainer.

Ebenso habe er Schriftstücke verfasst, nach dem er durch russische Luftangriffe getötete Menschen auf den Strassen sah. Für ihn sei immer «eine sozial aktive Literatur» interessant gewesen. Diese sei für ihn nicht im Sinne von Propaganda, sondern im Sinne einer menschlichen Haltung gedacht, sagte Zhadan.

«Krieg gegen die Kultur»

Klare Worte fand Claudia Roth: «Es ist nicht nur ein brutaler Angriffs- und Propagandakrieg, es ist auch ein Krieg gegen die Kultur.» Sie erinnerte an mehr als 500 bereits zerstörte Theater, Kirchen, Büchereien und andere Kultureinrichtungen in der Ukraine.

Nie sei ihr das deutlicher geworden als bei einem Treffen mit der Leiterin der Bibliothek in Odessa. Diese sorgte sich um den Bestand ihrer fünf Millionen Bücher und habe gesagt: «Wenn diese Bücher verbrennen, verbrennt unser Gedächtnis.» Es sei wichtig, die Kultur-Infrastruktur zu bewahren und zu schützen.

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Serhij Zhadan beugt seinen Oberkörper nach vorne nach seiner Rede in der Frankfurter Paulskirche. - Keystone

Zhadan nimmt am Sonntag zum Abschluss der Buchmesse den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2022 entgegen. Die Auszeichnung ist mit 25'000 Euro dotiert. Zhadan wurde 1974 in Starobilsk im nun russisch besetzen Gebiet Luhansk geboren. Er lebt weiterhin im umkämpften Charkiw, wo er mit Freunden humanitäre Hilfe leistet.

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