Ein französischer Kardinal hat zugegeben, vor Jahrzehnten eine 14-Jährige sexuell missbraucht zu haben. Nun werden Vorermittlungen aufgenommen.
Jean-Pierre Ricard
Kardinal Jean-Pierre Ricard hat überraschend eingeräumt, ein 14-jähriges Mädchen missbraucht zu haben. - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die französische Justiz ermittelt gegen Kardinal Jean-Pierre Ricard.
  • Der 78-Jährige hat gestanden, in den 80ern eine 14-Jährige sexuell missbraucht zu haben.
  • Der Fall ist nach Zivilrecht möglicherweise verjährt.

Nach dem Missbrauchsgeständnis des französischen Kardinals Jean-Pierre Ricard hat die Staatsanwaltschaft in Marseille Vorermittlungen gegen den Geistlichen eingeleitet. Das teilte die Strafverfolgungsbehörde am Dienstag mit, wie die Zeitung «Le Parisien» berichtete.

Der ehemalige Vorsitzende von Frankreichs katholischer Bischofskonferenz hatte am Vortag zugegeben, in den 1980er Jahren ein 14-jähriges Mädchen missbraucht zu haben. Ein entsprechendes Schreiben hatte die französische Bischofskonferenz am Montag öffentlich gemacht.

Bislang liege keine Strafanzeige vor, sagte die Staatsanwältin Dominique Laurens am Dienstag in Marseille. Ermittelt werden soll nicht nur, ob eine Straftat vorliegt, sondern auch, ob es weitere Opfer gibt.

«Wut und Bestürzung»

Der Fall des 78 Jahre alten Kardinals Jean-Pierre Ricard löste eine neue Schockwelle in der katholischen Kirche in Frankreich aus. «Es herrschen Wut und Bestürzung», hiess es in am Dienstag einem Leitartikel der katholischen Zeitung «La Croix».

Die Diözese von Marseille, in der Ricard zum Tatzeitpunkt tätig war, rief mögliche weitere Opfer oder Zeugen von Missbrauchsfällen auf, sich zu melden. Details zu dem mutmasslichen Missbrauch an der 14-Jährigen wurden zunächst nicht bekannt. Der Fall ist nach Zivilrecht möglicherweise verjährt, die Frist für einen Prozess endet 30 Jahre nach der Volljährigkeit des Opfers.

Kardinal Jean-Pierre Ricard
Kardinal Jean-Pierre Ricard gestand, eine 14-Jährige vor 35 Jahren sexuell missbraucht zu haben. - Keystone

Nach Angaben der französischen Bischofskonferenz sind damit nun insgesamt elf amtierende und ehemalige Bischöfe im Visier der staatlichen oder kirchlichen Justiz. In acht Fällen geht es um Missbrauchsvorwürfe, die übrigen betreffen das Nichtanzeigen mutmasslichen Missbrauchs, wobei einer der Bischöfe bereits verstorben ist.

Berater des Papstes

Ricard ist das vierte Mitglied des für die Papstwahl zuständigen Kardinalskollegiums, dem sexueller Missbrauch von Minderjährigen zur Last gelegt wird. Er war als Bischof von Bordeaux von 2001 bis 2007 zugleich Vorsitzender der französischen Bischofskonferenz. Als Kardinal ist er auch Berater von Papst Franziskus.

Seit 2002 ist er zudem Mitglied der römischen Glaubenskongregation, die unter anderem für den Umgang mit Missbrauchsfällen zuständig ist. 2019 reichte Ricard aus Altersgründen seinen Rücktritt ein und zog sich in ein Pfarrhaus in Südfrankreich zurück.

Der heutige Vorsitzende der Konferenz, Erzbischof Éric de Moulins-Beaufort, bezeichnete das Geständnis des Kardinals am Montag als «Schock».

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