Frankreich sucht nach Regierungssturz neuen Premier

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Frankreich,

Mega-Knall in Frankreich! Die Minderheitsregierung von François Bayrou ist gescheitert. Nun muss Staatschef Emmanuel Macron einen neuen Premierminister suchen.

Francois Bayrou Emmanuel Macron
In Frankreich ist die Minderheitsregierung von François Bayrou (links) gestürzt. Das ist nicht nur für den Premier eine herbe Ohrfeige, sondern auch für Staatschef Emmanuel Macron. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • In Frankreich ist die Minderheitsregierung von Premier François Bayrou gestürzt.
  • Für Staatschef Macron gilt es jetzt, einen neuen Premierminister zu finden.
  • Einen Favoriten gibt es nicht – Medien nannten aber Verteidigungsminister Lecornu.

Nach dem Sturz der Regierung sucht Frankreich einen neuen Premierminister. Präsident Emmanuel Macron will heute den gescheiterten Premier François Bayrou empfangen, um den Rücktritt von dessen Minderheitsregierung anzunehmen, wie es aus dem Élysée-Palast hiess. Schon in den nächsten Tagen wolle der Staatschef dann einen Nachfolger bestimmen. Weil die politische Krise auch Macron selbst unter Druck setzt und das Land vor einer Streik- und Protestwelle steht, will der Staatschef bei der Entscheidung wohl auf Tempo setzen.

Bayrou hatte am Montag in der Nationalversammlung im Streit über seinen Sparhaushalt die Vertrauensfrage gestellt. Er versuchte, die Abstimmung mit einem Bekenntnis zum Sparen in dem hoch verschuldeten Land zu verbinden. Die versammelte Opposition aber brachte den Zentrumspolitiker nach rund neun Monaten im Amt zu Fall. Selbst aus den Reihen der konservativen Républicains, stimmten einzelne Abgeordnete gegen den Premier.

Wird die Regierungskrise auch Macron den Kopf kosten?

Für Staatschef Macron gilt es jetzt, einen neuen Premierminister zu finden, der das politisch gespaltene Land führen kann. Die Ausgangslage ist jedoch vertrackt. In der Nationalversammlung stehen sich Macrons Liberale, das linke Lager und die Rechtsnationalen um Marine le Pen als drei grosse Blöcke gegenüber. Keiner von ihnen verfügt über eine eigene Mehrheit. Das Regieren in lagerübergreifenden Koalitionen ist Frankreich nicht gewohnt.

Gibt es jetzt einen Regierungschef aus dem Lager der Sozialisten?

Einen Favoriten für das Amt des Regierungschefs gab es zunächst nicht. Medien nannten als Kandidaten den Macron nahestehenden Verteidigungsminister Sébastien Lecornu. Dieser wurde schon nach dem Sturz der Vorgängerregierung als Favorit gehandelt.. Auch die Namen von Justizminister Gérald Darmanin, Arbeits- und Gesundheitsministerin Catherine Vautrin oder von Finanz- und Wirtschaftsminister Éric Lombard fielen.

Für möglich gehalten wird aber auch, dass Macron dieses Mal einen Politiker wählt, der entweder aus dem Lager der Sozialisten kommt oder zumindest von ihnen akzeptiert wird. Denn mit der Unterstützung der Sozialisten könnte Macrons Lager einer Mehrheit im Unterhaus deutlich näher kommen.

Sébastien Lecornu
Sébastien Lecornu, Verteidigungsminister von Frankreich, wird von den Medien als mögliche Nachfolge für Premier François Bayrou gehandelt. - Keystone

So wäre es zumindest möglich, den Haushalt und weitere Gesetzesvorhaben voranzubringen. Zumindest, solange der Spagat gelingt, sowohl mit den linken Sozialisten als auch den konservativen Républicains gemeinsame Sache zu machen. Jetzt sei Die Linke an der Reihe zu regieren, hiess es nach der Abstimmung aus dem Lager.

Macron drückt aufs Tempo

Dass Macron selbst schon kurz nach der verlorenen Vertrauensfrage ankündigen liess, rasch einen neuen Regierungschef zu ernennen, soll wohl den Druck auf ihn mindern. Denn im Zuge des letztlich erfolglosen Pokers von Bayrou war auch der Staatschef in die Schusslinie geraten – inklusive Forderungen, ihn abzusetzen. Diese wurden nach dem Votum insbesondere vonseiten der Linkspartei La France Insoumise wieder laut.

Ausserdem stellte der Präsident mit der Ankündigung klar: Statt einer Parlamentsneuwahl wie sie etwa Le Pens Rechtsnationale fordern, will er es mit einem neuen Regierungschef probieren.

Als Staatschef ernennt Macron die Premiers. Dass mit Bayou nun bereits der zweite Premier innerhalb eines Jahres seinen Posten räumen muss, ist für ihn eine saftige Ohrfeige, hatte er sich auf der Suche nach einer stabilen Regierung doch intensiv in die Sondierungen eingebracht.

100'000 bei Protesten gegen die Regierung erwartet

Auch von der Strasse droht erheblicher Druck. Bereits kurz nach Bayrous Vorstellung seines Sparhaushalts verbreitete sich in Frankreich ein Aufruf, an diesem Mittwoch das ganze Land zu blockieren. Obwohl weiterhin unklar ist, wer hinter dem Aufruf «Bloquons tout» (Blockieren wir alles) steckt, sind die Sicherheitskräfte in Alarmbereitschaft.

Es wird mit bis zu 100'000 Protestierenden und spektakulären Blockade- und Sabotageaktionen gerechnet. Der französische Innenminister Bruno Retailleau sprach am Montagabend im Interview mit dem Sender France 2 von 80'000 Polizeikräften, die mobilisiert würden.

Call for rally against the French government after the no confidence vote
epaselect epa12362938 Police officers block a group of people carrying a banner reading 'Macron, you're next' during a spontaneous rally following the rejection of the vote of confidence requested for Prime Minister François Bayou, in Montreuil, Paris, France, 08 September 2025. French Prime Minister Francois Bayrou has lost the vote of confidence after he activated Article 49.1 of the Constitution. EPA/TERESA SUAREZ - keystone

Für den 18. September haben dann die Gewerkschaften zu landesweiten Streiks und Kundgebungen gegen den Sparkurs der Regierung aufgerufen. Inzwischen nehmen diese Proteste das Ausmass eines Generalstreiks an. Spätestens zu diesem Datum dürfte Macron wieder einen neuen Premier und eine neue Regierungsmannschaft am Start haben wollen, um nicht selbst in den Hauptfokus der Proteste zu rücken.

Frankreich muss sparen!

Die Zeit drängt auch aus wirtschaftlicher Sicht. Das hoch verschuldete Land muss dringend einen Sparkurs einschlagen und seine Finanzen konsolidieren. Mit einem Haushaltsdefizit von zuletzt 5,8 Prozent ist das Land ausserdem weit vom europäischen Grenzwert von 3 Prozent entfernt.

Die EU hat einen kritischen Blick darauf, ob Paris mit dem Sparen nun Ernst macht. Sollte die Hängepartie zu lange anhalten, droht zudem, das Vertrauen an den Märkten zu sinken, was die französischen Finanzen noch stärker belasten würde.

Kommentare

ChanLee

france ganzer laden ersetzen macron schon zu lange auf stuhl, und EU soll endlich UA vergessen nicht ihr problem , sollen selber schauen

User #8755 (nicht angemeldet)

Alle Parteien verfolgen die grün Agenda. Selbst die SVP, wenn auch nur teilweise.

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