Spätestens wenn der Gewinn fast egal ist, hat man ein Suchtproblem. Experten aus den Finanzen geben Tipps, wie man es in den Griff bekommen kann.
Finanzen
Spielsucht: Eine Herausforderung für die Finanzen, vor allem aber für die Betroffenen und ihre Angehörigen. - Markus Scholz/dpa-tmn

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Glücksspielsucht entsteht oft aufgrund negativer Gefühle, Stress oder Ärger.
  • Betroffene rutschen nicht nur in finanzielle Nöte, sondern haben oft auch Depressionen.
  • Bei einem Entzug können spezielle Kliniken oder Angehörige sehr unterstützend sein.
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Spielsucht ist eine ernstzunehmende Erkrankung, die sehr viele Menschen betrifft und gefährdet. Vor allem ist sie eine Herausforderung für Betroffene, aber auch das Umfeld. Was es dazu zu wissen gibt:

Finanzen: Was sind die Ursachen für eine Glücksspielsucht?

«Die Gründe für die Entwicklung einer Glücksspielsucht sind häufig vielfältig. Grundsätzlich verbinden die meisten Menschen mit dem Spielen Spass, Spannung und Unterhaltung.» Das erklärt eine Sprecherin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Lockt ein Gewinn von Finanzen, sind Glücksspiele für manche besonders reizvoll.

Und weiter: «Die Spiele selbst sind zum Teil auch sehr attraktiv gestaltet mit Licht- und Klangeffekten. Diese können bei manchen Menschen einen regelrechten Kick auslösen.» Nutzen Menschen das Spielen, um persönliche Belastungen, Gefühle, Stress und Ärger zu verdrängen, bestehe ein Suchtrisiko.

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Stress schadet nicht nur unserer mentalen, sondern auch körperlichen Gesundheit. - Depositphotos

Dabei gibt es Abstufungen je nach Art des Spiels: «Das hat mit verschiedenen Spielmerkmalen zu tun, zum Beispiel der Ereignisfrequenz», sagt Prof. Nina Romanczuk-Seiferth, Expertin für Verhaltenssüchte und Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der MSB Medical School Berlin.

Ihr zufolge bergen besonders Spielautomaten, Sportwetten, Poker, aber auch etwa Roulette im Casino ein hohes Suchtpotenzial. Im Gegenzug sei Lotto ein Glücksspiel, bei dem man relativ wenig anfällig für die Entwicklung einer Abhängigkeit sei.

Finanzen: Wie kann man erkennen, ob jemand süchtig nach Glücksspiel ist?

Zum Beispiel am Kontrollverlust und an steigenden Einsätzen: Die Erkrankung äussert sich durch sogenanntes Gedankenkreisen, heisst es von der BZgA: Betroffene denken dauernd ans Spielen, berufliche und soziale Verpflichtungen werden nachrangig, Beziehungen leiden.

Ein Schlüsselmerkmal für Glücksspielsucht ist der Verlust der Kontrolle über das Spielen, das Ausmass und die Dauer der Spielaktivitäten. Typisch ist auch das Spielen mit immer höheren Einsätzen, oft über das verfügbare Budget hinaus. Hier besteht auch grosse Überschuldungsgefahr.

Auch das Spiel als Coping-Strategie kann ein Indiz sein: Das bedeutet, dass sich der Reiz des Spiels von dem Gewinn von Finanzen hin zur Erwartung des potenziellen Gewinns verlagert. Das spielt eine wichtige Rolle im motivationalen System des Gehirns.

Glücksspiel
Glücksspiele helfen, die persönliche Gefühlswelt zu regulieren. Dafür leiden jedoch die eigenen Finanzen. - Depositphotos

«Am Anfang kann das sein, dass ich erst mal nur dem Reiz erliege, Geld zu gewinnen. Und dass ich dann aber später spiele, um Stress abzubauen oder mit negativen Gefühlen umzugehen.» Hilft das Daddeln dabei selbst ohne den Gewinn, wird's kritisch.

Ein weiteres Warnsignal ist das sogenannte «Loss Chasing»: «Wenn jemand das Weiterspielen damit begründet, die Verluste vom Vortag ausgleichen zu wollen, ist das sehr typisch für eine problematische Entwicklung.»

Und dann ist da noch der defensive Umgang mit dem Problem: Betroffene tendieren dazu, «herunterzuspielen, wie gross das Ausmass ist, wenn er oder sie darauf angesprochen wird», sagt Nina Romanczuk-Seiferth.

Betroffen oder nicht? Auf der Webseite der Landeskoordinierungsstellen Glücksspielsucht man einen Selbsttest machen: https://www.bundesweit-gegen-gluecksspielsucht.de/

Finanzen: Wie kann man die Spielsucht behandeln?

Viele Betroffene finden zunächst über allgemeine Beratungsstellen Zugang zu spezifischer Hilfe, so Romanczuk-Seiferth. Etwa weil es wegen der Spielsucht Probleme in der Familie oder bei der Arbeit gibt.

«Die Therapie einer Glücksspielsucht kann ambulant oder stationär erfolgen. Das hängt von den Lebensumständen der Betroffenen ab und der Schwere der Erkrankung», so die BZgA-Sprecherin.

Spielen Sie Glücksspiele?

«Eine besondere Herausforderung ist häufig, dass Betroffene meist auch unter weiteren psychischen Begleiterkrankungen wie zum Beispiel Depressionen leiden. Auch das Risiko eines Suizids ist bei Spielsüchtigen erhöht.»

Evidenzbasierte, verhaltenstherapeutische Angebote sind laut der Verhaltenssucht-Expertin besonders wirksam. Sie helfen, Auslösesituationen zu erkennen und ohne Glücksspiel zu bewältigen. Hier sind Einzel- und Gruppentherapieangebote verfügbar.

Letztere bieten den Vorteil, Erfahrungen mit anderen Betroffenen zu teilen, eine Einzelberatung oder -therapie kann dagegen individueller ansetzen.

Depressive Frau im Bett
Spielsüchtige sind anfälliger für Depressionen. - Depositphotos

Auch in der Spielsuchthilfe kann eine stationäre Entwöhnung in Klinik oder Reha mit spezifischen Angeboten für Glücksspielsucht-Betroffene erfolgen. Der Nachteil: Es gibt relativ lange Wartezeiten. Bei ambulanten Reha-Angeboten seien die Plätze ebenfalls begrenzt, sagt Romanczuk-Seiferth.

Wie bei anderen Abhängigkeitserkrankungen können Rückfälle zur Behandlung gehören, erklärt die Psychologin. «Grundsätzlich hängt so die Prognose natürlich auch von individuellen Faktoren ab, etwa wie lange jemand schon spielt.»

Sie empfiehlt, «Menschen im Umfeld einzubeziehen, und diese Sozialpartner auch mal mit in Beratung oder Therapie zu nehmen.» Daneben ist es wichtig, auch die Schuldenproblematik in den Blick zu nehmen, so die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

«Grundsätzlich gilt: Je längerfristig ich eine Behandlung, die gut auf mich zugeschnitten ist, aufsuchen kann, desto besser die Prognose», so Romanczuk-Seiferth.

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